Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0116
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
98

Das Herzogthum Preussen.

anderen geschaffen enthalte und, bis sie sich
bessern, meiden thue; denn dieweil sie den bund
und gezeugniss der vergebung der sünden verachten
und also des herrn Christi bundzeichen und
siegel verschmehen, ists auch billig, dass man
ein solch person, sie sei mann, frau oder jung-
frau, vermeide.
Der fünfte fall: Von den offentlichen gotteslesterern, ehe-
brechern und andern dergleichen ergerlichen leuten.
Item, es sollen die pfarrherren, wie im vor-
hergehenden artikel von der beicht vermeldet, je
mit treuem hohem fleiss in der beicht, oder
durch andere gelegenheit ingeheim, und wo keine
besserung folget, auch ingemein offentlich in der
kirchen von den schendlichen, groben, offentlichen
lastern als gotteslesterung, ehebruch, unzucht,
huren, wucher, saufen und dergleichen, diejenigen,
so damit befleckt, abzustehen erinnern, dann wo
nicht besserung geschehen, würde man hierinnen
den bann auch zu gebrauchen verursacht werden;
sollen derhalben die pfarrherren, wo in solchem
falle ein bann fürfallen und von nöten sein
wollte, dasselbig an das konsistorium zu Königs-
berg gleicher gestalt, wie vom vorhergehenden
fall vermeldet, gelangen lassen, damit alsdenn mit
gutem reifen rath darvon gehandelt und gerath-
schlagt und niemand mit gefehrde übereilet, noch
der strafwirdigen verschonet werde.
Jedoch lassen wir in diesen fellen allen, zu-
mal der weltlichen obrigkeit, ihre straf, wünschen
von herzen, dass sie mit mehrem ernst dieselbigen
exequirete, wie ihr gott befohlen hat, und sie
darfur wird müssen an jenem tag gar schwere
rechenschaft geben, aber dieweil man lass und
faul, so nemen die laster überhand, grosse laster
bringen grosse strafe, also gehen land und leute
zu trümmern, um der obrigkeit nachlessigkeit
willen, wie David sagt Psalm 82.
Wie man die kranken leute be-
richten und trösten soll.
So ein kirchendiener zu einem kranken ge-
rufen wird, soll er anfenglich warnehmen, wie
es mit dem kranken der beschwerd und kümmer-
niss halben eine gestalt habe, nemlich ob der
im allein den leiblichen schmerzen lass anliegen,
oder ob er auch der sünden und des verderbnuss
beschwerd trage; wie es nu der kirchendiener
befindet, also soll er auch seine unterweisung und
tröstung mit erklerung göttlichen zorns und gnaden
aus gottes wort darnach richten. Wo nu bis- |
weilen rohe, gottlose leute fürfallen, die eine lange j
zeit sich vom sakrament enthalten und auch in
keine predig gekommen sein, vielleicht auch
weder das vaterunser, glauben noch zehen gebot

können, soll der priester solche leut, so in der
krankheit des sakramentes begern, ihres rohen,
gottlosen lebens halben nicht ungestraft lassen,
sondern ernstlich durch gottes wort ermanen, dass
sie reu und leid darob haben, und ferner inen
von christlicher lere, sonderlich dem rechten ge-
brauch des abendmahls Christi mit höchstem
fleiss unterricht thun. Item, wo leute in öffent-
lichen lastern, als gotteslesterung, ehebruch,
hurerei, langwierigem zorn, hass, neid etc. gelegen
sind, sollen sie aufs höchste ermanet werden,
dass, weil sie gott mit krankheit züchtiget, sie
billig auch buss thun, nemlich solche ihre be-
gangene sünde mit offentlicher reu und leid be-
kennen und abstellen sollen, damit sie nicht in
grössern und ewigen zorn gottes einfallen.
Welche nu dergleichen christliche straf
und unterricht nicht annemen, sondern uber die-
selben noch verstockt und halsstarrig bleiben, bei
denselben, obwol ein christlicher kirchendiener
nicht alsbald ablassen, sondern allerlei freundliche
und auch ernstliche mittel gebrauchen soll, damit
er sie wiederum auf den rechten weg bringe,
jedoch wo er es alles versucht und nichts aus-
gericht, soll er sie liegen lassen, denn unser
herr Christus verbeut es hart, dass man die
perlen nicht für die seu soll werfen, sondern die,
so christlich unterricht und vermanung nicht
wollen annemen, als heiden gehen und fahren
lassen.
Die sich aber weisen lassen, bessern wollen,
und nachdem sie ihren glauben auch bekannt, die
heilig absolution darauf begeren, soll der kirchen-
diener on allen verzug ihrem begern voll-
ziehung thun; denn zu welcher stunde sich der
sünder erkennt und gnad begert, so will ihn
Christus an- und aufnehmen. Solchs soll ein
kirchendiener auch thun, so er anders seinem
amt will gnug thun; jedoch soll er im in gegen-
wertigkeit zweier frommer menner den kranken
das lassen zusagen, wo im gott von solcher krank-
heit hilft, dass er fortan sein leben bessern und
wolle frömmer werden.
Die andern aber, so in ihrem gewissen selbst
und zuvor betrübt und erschlagen sind und der-
halben keines solchen ernst bedürfen, soll der
kirchendiener alsbald mit dem evangelium trösten
und zur geduld und gehorsam vermanen.
Ferner mit der privatabsolution sich halten
gegen den kranken, wie es mit den gesunden ge-
halten und oben in dem titel von der beicht und
absolution beschrieben wird.
Und dieweil das sakrament des abendmals
von unserm herrn Christo dahin vermeint und ge-
ordnet ist, dass durch desselben niessung das
blöd, zaghafte gewissen im rechten glauben ge-
tröst und gesterket werde, und aber der krank
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften