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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0117
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Kirchenordnung und ceremonien von 1568.

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in ansehung, dass er durch schwachheit des leibs
zur schwachheit des glaubens viel heftiger ge-
reizet und in allerlei anfechtung gezogen wird,
der sterkung des glaubens sehr nottürftig ist,
so soll ein kirchendiener den kranken auf
sein christlich gebürlich beger und bekenntniss
seiner sünd (so er von ihm allein hören soll)
auch glaubens an Jesum Christum mit dem sakra-
ment des nachtmahls versehen , in nachfolgender
form.
Erstlich fordere er das andere volk im sel-
bigen hause in das gemach, darinnen der kranke
lieget, thue eine kurze einfeltige unterricht
von dem trost, so im hochwirdigen sakrament be-
griffen ist, vermane zu herzlicher andacht und
dem gebet. Darauf kniee er bei dem kranken
nieder und bete mit ihm das vaterunser fein laut.
Darnach trete er fur den tisch, der mit auf-
gelegtem reinem tuch zu der communion fein
ehrlich zugericht und da die hostia und der
wein ist und sprech die worte unsers herrn
Christi fein laut, bei einem jeden unterschiedlich:
Unser herr Jesus Christus, in der nacht, da
er verrathen ward, nam er das brod, dankt und
brachs und gabs seinen jüngern und sprach:
Nemet hin und esset, das ist mein leib, der für
euch gegeben wird, das thut zu meinem ge-
dechtniss.
Nach diesen worten gebe er ime das brod
und spreche:
Nimm hin und iss, das ist der leib Jesu
Christi, der für deine sünde gegeben ist, der
sterke dich mit seiner gnad zum ewigen leben.
Amen.
Darnach trete er wieder zu dem tische und
sprech weiter:
Desgleichen nam er auch den kelch nach
dem abendmal, dankt, gab in den und sprach:
Trinket alle daraus, dieser kelch ist das neue
testament in meinem blut, das für euch ver-
gossen wird zur vergebung der sünden. Solches
thut, so oft ihrs trinket, zu meinem gedechtniss.
Nach diesen worten reiche er ihm den kelch
und spreche:
Nimm hin und trink, das ist das blut unsers
herrn Jesu Christi, das fur deine sünde vergossen
ist, das sterke dich mit seiner gnad zum ewigen
leben. Amen.
Wenn nu der kranke mit dem sakrament
versehen ist, vermane er ihn zum gebet und
spreche im also vor:
Lasst uns nu gott danken und sprecht mir
nach:
Ich danke dir, allmechtiger gott, dass du
mich durch diese heilsame gabe des leibs und

bluts deines sohnes Jesu Christi hast erquicket
und bitte dich, du wollest mir solches gedeien
lassen zu starkem glauben gegen dir, dass ich
auf dein barmherzigkeit alles wagen und durch
hülf deines sohnes und des heiligen geistes alles
überwinden und deiner zusage nach ewig leben
möge. Amen.
Im fall aber, dass jemand krankheit halben
des sakraments nicht gemessen oder es nicht be-
halten künnte, da mag man mit dem wort desto
fleissiger anhalten, unterrichten und trösten, bis
der unwill sich gesetzt und der krank es ge-
niessen möge. Desgleichen, wo jemand in der
krankheit seiner vernunft beraubt wird, soll der
kirchendiener, so zu ihm gefordert ist, auch allen
möglichen fleiss bei im mit dem wort furwenden,
sonderlich aber mit dem gebet, das sakrament
aber soll er ihm, weil’s dermassen mit ihm stehet,
nicht geben.
Es begiebt sich bisweilen, dass die leut
schon in die züge haben gegriffen oder nicht
mehr bei vernunft seind, wenn der kirchendiener
zu ihnen gefordert wird, da mag man mit ernst
gott für solche bitten, dass er ihnen ire sünde
vergeben und sie durch Christum selig woll
machen. Das sakrament aber soll man ihn,
weil es dermassen mit ihnen stehet, nicht geben.
Sonderlich wenn es rohe leute gewest, die des
wortes nicht geachtet haben. Doch soll man mit
dem gebet fleissig ihrer noth sich annehmen , ob
man’s erretten und erbitten könnte. Es soll auch
der kirchendiener durch solche erschreckliche
exempel gelegenheit nehmen, die leute zu ermanen,
dass sie in ihrer krankheit mit dem begehren des
sakraments nicht also bis auf die letzte noth ver-
ziehen, sondern sich bei zeit darzu schicken.
Im fall aber, dass der kranke, so noch bei
guter vernunft gewest und das heilige sakra-
ment empfangen het, bald darauf, weil der
kirchendiener noch bei ihm were, in die züge
griffe, da ists nicht mehr von nöten, den leuten,
so zuvor also unterricht, lang und viel in die
ohren zu schreien, wie man doch gemeiniglich
pflegt, sondern er, der kirchendiener, soll nieder-
knieen und andere auch zum gebet vermanen,
erstlich laut ein vaterunser beten und andere ihm
heissen nachbeten und darnach ungefehrlich mit
diesen worten schliessen :
Herr gott, himmlischer vater, du hast uns
durch deinen sohn Christum zugesagt, wo zweine
unter euch eins werden auf erden, warum es ist,
das sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren
von meinem vater im himmel. Auf solche zu-
sagung bitten wir für gegenwertigen N., deinen
diener, denn er ja in dem namen Jesu getauft,
und dich ewigen gott und deinen sohn Jesum
Christum und gott den heiligen geist fur uns
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