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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0241
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Elbing.

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dem Reichstage zu Thorn der Stadt die freie Religionsübuug für alle Kirchen in und ausser-
halb der Stadt.
Eine eigene Kirchenordnung ist für Elbing im 16. Jahrhundert nicht nachzuweisen.
Doch befindet sich in einem Quartbande des dortigen Stadt-Archivs in Abschrift aus dem 17. Jahr-
hundert ein umfangreiches Schriftstück: „S. H. Bürger-Meister Michael Helwing’s Bedenken
de bene constituenda republ. Elb[ingensi]“, worin der Verfasser, erster Bürgermeister zu Elbing
von 1570 bis zu seinem Tode 1572, in einer Reihe von Paragraphen Vorschläge macht über die
Verwaltung der Schule (d. h. des Gymnasiums), der Kirche, der Hospitäler, des Rathhauses,
des Marktes und der Bürgerschaft.
Der zweite Abschnitt, über die Kirche, enthält zwölf Paragraphen. Ob diese Vorschläge
praktisch durchgeführt worden sind, ist nicht zu ermitteln. Da sie aber doch ein Bild der
kirchlichen Zustände geben und auch wohl beobachtet sein können, so werden sie abgedruckt. (Nr. 45.)
Die älteste gedruckte Kirchenordnung stammt aus dem 17. Jahrhundert: Kirchen-
ordnung: Wie es mit den gemeinen Gebeten, Handlung des Hochwürdigen Sacrament und
Trauung der Eheleute zu Elbing ... in der Stadt und auf dem Lande . . . gehalten wirdt.
1. Cor. 14. Lasset alles Ehrlich und ordentlich zugehen. Elbing 1612.
Der in dem Bedenken erwähnte Sebastianus ist Sebastian Neogeorgius, geboren 1530 zu
Schweidnitz, 1556 in Elbing Hilfsprediger, seit 1558 Prediger an der Marienkirche, der Haupt-
kirche der Stadt, einem ehemaligen Dominikanerkloster — man spricht auch heute noch von
dem Klosterhof daselbst —, gestorben am 16. März 1572. Von ihm besitzen wir: Über die
Epistel S. Pauli an die Römer. Vier und siebentzig Predigten. Gedruckt zu Elbingen durch
Wolffgang Dietmar 1562 fol.
Der in § 7 des Bedenkens genannte Johann ist Johann Bochmann, geboren 1540 in
Jena, 1561 Rector des Gymnasiums zu Elbing, dann Diaconus in Königsberg und Danzig, 1571
Prediger an der Marienkirche zu Elbing, gestorben 1605. Man sagte ihm nach, dass er zum
Crypto-Calvinismus hinneige. Von ihm ist auf der Stadtbibliothek vorhanden: Klag-Predigt
auf den Tod des Rathsherrn Johann Boettiger in Elbing. Danzig 1595.
Das erwähnte „Hospital“ ist die Kirche des H. Geist-Hospitals, die auch heute noch
von der Marienkirche aus pastorirt wird. [Vorstehendes nach gütiger Mittheilung des Herrn
Prof. Dr. L. Neubaur in Elbing.]
Über Lehrstreitigkeiten in Elbing s. Preuss. Lieferungen 1, S. 613 ff.
ln der Altpreuss. Monatsschr. 6, S. 727, druckt Re lisch eine Schulordnung ab, welche
der Ludimagister Nicolaus Wimannus für Elbing in lateinischer Sprache verfasst und welche
auf seine Bitten Falconius in deutsche Reime übersetzt hatte. Die Umdichtung wurde dem
Rathe am 18. Juni 1548 überreicht. Wimann (Wimmann, Winmann) war 1548 Rector. Vgl.
Neubaur, in Elbinger Realgymnasial-Programmen. 1897. 1899.

45. Bedenken des Bürgermeisters Michael Helwing, de bene constituenda republica Elbingensi. 1570.
[Aus Jacob Wunderlich, Secretarius († 1691): Elbingensia. Tomus I. MS. des Stadt-Archivs Elbing. H. 16,
Fol. 719 und Fol. 723—725.J

Abschnitt 2.
Kirche.
I.
Gleich als der obrigkeit gebühret, die schul-
recht zu bestellen, also erfordert auch ihr höchstes
ambt, gottes ehre und wahre christliche religion

zu pflanzen und schützen, rotten und secten nicht
zulassen, so um diese stadt sich erregen, und
sollen gottesfürchtige gelehrte prädicanten ge-
halten werden, welche gottes wort im rechten
verstande zur bussen, besserung, erhaltung guter
disciplin lehren, nicht zu frechem, rohem, leicht-
fertigem leben ursachen, wie alhier vor augen,
da die, so dieser stadt bürgern zur erbarkeit
 
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