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Polen. Die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen.
jahren dieser Geistlichen ist die Entstehung dieser Thorner Kirchenordnung zwischen 1560 und 1570
anzusetzen. (Musaeus ist derselbe, der die von Thorn 1557 der Stadt Danzig vorgeschlagene
Breslauer Ordnung unterschrieben hat, s. unter Danzig.) Sie codificirt die kirchlichen Rechts-
sätze, die bis dahin in Thorn gewohnheitsmässig in Geltung gewesen waren. An der Billigung
durch den Rath ist nicht zu zweifeln; jedenfalls dürften die aufgezeichneten Hauptgesichts-
punkte massgebend geworden bezw. geblieben sein. Wir drucken sie hier erstmalig nach dem
Original ab. (Nr. 46.)
Zwischen den beiden Unterzeichnern der Ordnung, Musaeus und Burchard, entstanden
Zwistigkeiten, über welche eine Beschwerdeschrift des Burchard an den Rath vom 22. November
1570, die im Raths-Archiv zu Thorn X, 3a, erhalten ist, Auskunft giebt. Sie betraf
u. A. die Stellung des Inspectors. Musaeus hatte diese zu einem höheren Amte im Sinne des
katholischen Bischofs ausgestalten, dieselbe auch als auf göttlicher Einsetzung beruhend be-
zeichnen und der weltlichen Obrigkeit jeden kirchlichen Einfluss, insbesondere auch das Recht
bestreiten wollen , in Streitigkeiten zwischen Geistlichen zu entscheiden. Wenigstens nach der
Beschwerde des Burchardus. Im Einzelnen ist hier auf diese unerfreulichen persönlichen
Auseinandersetzungen nicht einzugehen.
Die Nachrichten, welche Praetorius hierüber bringt, stimmen mit dem Vorstehenden in
den Daten nicht ganz überein. Nach Praetorius kam es zwischen Burchard und dem Pfarrer
Morgenstern und dessen Nachfolger Musaeus zu Streitigkeiten, so dass der Rath ihnen am
15. Juni 1569 eine verbesserte Ordnung sub poena remotionis hatte vorlesen lassen. Da dies
nichts half, so wurden Burchard und Musaeus und das ganze Ministerium am 11. April 1570
„gelegt“. Das Datum 11. April 1570 findet sich auch im Extract ex Jacobi Streuwigkii Sen.
Scabini († 1630) Observationibus (Hdschr. Stadtbibliothek Danzig III, A. 37 b, Tom. II, Bl. 221 ff.).
Welches Aufsehen dieser Streit gemacht haben muss, kann man daraus ersehen, dass in diesem
Extract ausser ihm aus dem ganzen 16. Jahrhundert nur noch die erste Abendmahlsfeier in
beiderlei Gestalt, am 25. März 1557 (als erste empfingen dasselbe Gregor Straus und Jacob
Wende, Eltester), der Übertritt des Mönches Martinus an dem schwarzen Kloster und Annahme
desselben als polnischer Priester zu St. Jacob, die Hochzeitsordnung von 1573 und die Synode
vom 21. August 1595 erwähnt werden.
Burchard wurde zwar wieder angenommen, aber da die Streitigkeiten kein Ende
nahmen, 1572 ganz entlassen.
Auffallend ist in der Thorner Predigergeschichte der ausserordentlich häufige Wechsel
der Geistlichen. Allerdings wurde ein Geistlicher bisweilen nur auf kurze Zeit angenommen,
z. B. auf ein Jahr. Vgl. die Bestallungsurkunde für den polnischen Caplan zu St. Marien
1578 (abgedruckt bei Praetorius, S. 160). •
Am 20. Mai 1573 reichten „Joannes Wenzelius, pastor novae urbis, M. Franciscus
Stulerus, Verbi chr. minister, ibidem, M. Martinus Pottin, Boruss. minister ibidem, Abrahamus
Sbasinius Poloniscus, concionator“, in einer von ihnen unterschriebenen Eingabe, die sich im
Original im Raths-Archiv zu Thorn X, 3a, befindet, beim Rathe ein: Articuli de scandalis
publicis reformandis exhibiti a ministris ecclesiae Thorunen. Senatus. Hierin bitten sie um
Erlass einer Zucht- und Polizeiordnung durch den Rath und geben die einzelnen Punkte an:
1. Fehle es an einer gewissen Stunde für die Trauungen am Sonntage. Man komme
oft erst des Abends und feiere dann die ganze Nacht hindurch.
Die Hochzeiten sollten nicht mehr am Sabbath oder Sonntage, sondern am Montage oder
einem andern Tage stattfinden. Denn Sonntagheiligung sei ein Werk der ersten Tafel und
dürfe durch ein Werk der zweiten Tafel nicht beeinträchtigt werden. Auch Luther habe die
Sonntagshochzeiten abgeschafft. Viele Fürsten und Städte, Mecklenburg, die Universität
Rostock und die Stadt Danzki ständen in gleichem christlichen Fürnemen, die Hochzeiten am
Polen. Die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen.
jahren dieser Geistlichen ist die Entstehung dieser Thorner Kirchenordnung zwischen 1560 und 1570
anzusetzen. (Musaeus ist derselbe, der die von Thorn 1557 der Stadt Danzig vorgeschlagene
Breslauer Ordnung unterschrieben hat, s. unter Danzig.) Sie codificirt die kirchlichen Rechts-
sätze, die bis dahin in Thorn gewohnheitsmässig in Geltung gewesen waren. An der Billigung
durch den Rath ist nicht zu zweifeln; jedenfalls dürften die aufgezeichneten Hauptgesichts-
punkte massgebend geworden bezw. geblieben sein. Wir drucken sie hier erstmalig nach dem
Original ab. (Nr. 46.)
Zwischen den beiden Unterzeichnern der Ordnung, Musaeus und Burchard, entstanden
Zwistigkeiten, über welche eine Beschwerdeschrift des Burchard an den Rath vom 22. November
1570, die im Raths-Archiv zu Thorn X, 3a, erhalten ist, Auskunft giebt. Sie betraf
u. A. die Stellung des Inspectors. Musaeus hatte diese zu einem höheren Amte im Sinne des
katholischen Bischofs ausgestalten, dieselbe auch als auf göttlicher Einsetzung beruhend be-
zeichnen und der weltlichen Obrigkeit jeden kirchlichen Einfluss, insbesondere auch das Recht
bestreiten wollen , in Streitigkeiten zwischen Geistlichen zu entscheiden. Wenigstens nach der
Beschwerde des Burchardus. Im Einzelnen ist hier auf diese unerfreulichen persönlichen
Auseinandersetzungen nicht einzugehen.
Die Nachrichten, welche Praetorius hierüber bringt, stimmen mit dem Vorstehenden in
den Daten nicht ganz überein. Nach Praetorius kam es zwischen Burchard und dem Pfarrer
Morgenstern und dessen Nachfolger Musaeus zu Streitigkeiten, so dass der Rath ihnen am
15. Juni 1569 eine verbesserte Ordnung sub poena remotionis hatte vorlesen lassen. Da dies
nichts half, so wurden Burchard und Musaeus und das ganze Ministerium am 11. April 1570
„gelegt“. Das Datum 11. April 1570 findet sich auch im Extract ex Jacobi Streuwigkii Sen.
Scabini († 1630) Observationibus (Hdschr. Stadtbibliothek Danzig III, A. 37 b, Tom. II, Bl. 221 ff.).
Welches Aufsehen dieser Streit gemacht haben muss, kann man daraus ersehen, dass in diesem
Extract ausser ihm aus dem ganzen 16. Jahrhundert nur noch die erste Abendmahlsfeier in
beiderlei Gestalt, am 25. März 1557 (als erste empfingen dasselbe Gregor Straus und Jacob
Wende, Eltester), der Übertritt des Mönches Martinus an dem schwarzen Kloster und Annahme
desselben als polnischer Priester zu St. Jacob, die Hochzeitsordnung von 1573 und die Synode
vom 21. August 1595 erwähnt werden.
Burchard wurde zwar wieder angenommen, aber da die Streitigkeiten kein Ende
nahmen, 1572 ganz entlassen.
Auffallend ist in der Thorner Predigergeschichte der ausserordentlich häufige Wechsel
der Geistlichen. Allerdings wurde ein Geistlicher bisweilen nur auf kurze Zeit angenommen,
z. B. auf ein Jahr. Vgl. die Bestallungsurkunde für den polnischen Caplan zu St. Marien
1578 (abgedruckt bei Praetorius, S. 160). •
Am 20. Mai 1573 reichten „Joannes Wenzelius, pastor novae urbis, M. Franciscus
Stulerus, Verbi chr. minister, ibidem, M. Martinus Pottin, Boruss. minister ibidem, Abrahamus
Sbasinius Poloniscus, concionator“, in einer von ihnen unterschriebenen Eingabe, die sich im
Original im Raths-Archiv zu Thorn X, 3a, befindet, beim Rathe ein: Articuli de scandalis
publicis reformandis exhibiti a ministris ecclesiae Thorunen. Senatus. Hierin bitten sie um
Erlass einer Zucht- und Polizeiordnung durch den Rath und geben die einzelnen Punkte an:
1. Fehle es an einer gewissen Stunde für die Trauungen am Sonntage. Man komme
oft erst des Abends und feiere dann die ganze Nacht hindurch.
Die Hochzeiten sollten nicht mehr am Sabbath oder Sonntage, sondern am Montage oder
einem andern Tage stattfinden. Denn Sonntagheiligung sei ein Werk der ersten Tafel und
dürfe durch ein Werk der zweiten Tafel nicht beeinträchtigt werden. Auch Luther habe die
Sonntagshochzeiten abgeschafft. Viele Fürsten und Städte, Mecklenburg, die Universität
Rostock und die Stadt Danzki ständen in gleichem christlichen Fürnemen, die Hochzeiten am