Erzstift Bremen
sonen zu bestellen, als verordnen wir hiermit, das zu
diesem unserm consistorio zu consistorialräten nicht
allein geistliche personen, sondern auch von unsern
politischen raten, unser tumbdechant, landtrost und
kanzeler bestellet und befehliget und denenselben auß
unsern kirchendienern alle drey unsere pastoren alhier
zu Vorde und zu Orle 5, soferne dieselben idesmal eins
gotsfurchtigen, ohnberugtigten wandels, durch gege-
bene handtreu ahn eins rechten geschworenen aids
stadt bies uff andere unsere versehung zugeordnet wer-
den sollen. Damit durch solche zusamenordnung geist-
lich- und weltlicher personen die christliche disciplin
iusto moderamine et cognitione sufficiente praevia und
nicht nach eins iden homorn und menschlichen affecten
foviret und gehandhabet, dieses unser consistorium
auch desto mehr respectiret und gleichwohl der unzei-
tige päbstliche dominat 6 in der kirchen und christ-
licher gemein, als daruff von etlichen kirchendienern
auß begirde und zu zeiten aus ergeiz mit fleiß gezielet
und getrachtet wirt, verhüttet bleibe, und damit unter
berurten unsern consistorialräten eine sondere einig-
keit und desto beßer richtigkeit erhalten werde, umb
soviel do weiniger auch solches collegium unserer
kanzeley und derselben ordnung 7 in viel oder weinigem
contrariirn, so wollen wir das directorium hierein fur
dies mal und zum anfang unserm kanzeler hirmit an-
befohlen haben.
Wass fur sachen an das consistorium gehörigk.
Obwohl alle und ide sachen insgemein, unserer geist-
lichen jurisdiction anhengigk, in einer summa ahn die-
ses unser consistorium gehören, so wollen wir doch den
mehren teil derselben zu beßerer unserer consistorialn
nachrichtung hiermit kurzlich erzehlen und specificiren.
5 = Örel.
6 Hierzu vgl. A. Werminghoff, Verfassungsgeschichte
der deutschen Kirche im Mittelalter 2. 1913, 198f.;
H.E.Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte I 2. 1954,
297ff.; E. v. Lehe, Die kirchlichen Verhältnisse,
168ff. (betr. die päpstliche oberstrichterliche Ge-
walt).
7 Zur Kanzleiordnung vgl. Einleitung, oben S. 14. Die
Geschäfte der Kanzlei werden in der Kanzleiordnung
folgendermaßen umrissen: Als sollen unsere kanzler
und räte hinfüro demselben gebührlichen wandel
schaffen und sowoll fürnemblich uff unsere und un-
sers erzstiftes regalia, oberherrl. und andere gerech-
tigkeiten, derselben beleidigung, intrag und schmä-
lerung in allen und jeden unsers erzstifts pertinen-
tien, aembten und gebieten, alß fürters uff der par-
teyn privatirrungen und geschäften achtung geben...
(F. A. v. Ende und A. L. Jacobi, aaO. 48).
8 Vgl. Einleitung, oben S. 6; zu Vörde oben S. 25,
Anm. 1; zu Twielenfleth Einleitung, oben S. 15; zu
Kuhstedt W. v. Hodenberg, Geschichtsquellen I,
74. 79; J. H. Pratje, Herzogthümer Bremen und
Erstlich: Nachdem wir vermügk des itzigen unsers
erzstifts zustand nur etliche weinigk pastoraten oder
kirchendienste immediate zu bestellen haben, als nemb-
lich, soviel uns noch zur zeit bewust, idoch ohnver-
greiflich unsers erzbischoflichen rechten, zu Vorde, Cu-
stede, Twilenfleth, Gravendick, Otterstede, Rhade 8,
als soll unsern consistorialn, uff alle und ide furfallende
vacantien nach gotsehligen, gelarten, sanftmütigen,
frietfertigen und demütigen personen zu trachten, ob-
liegen, damit die ehre Gottes und der bau der christ-
lichen kirchen befurdert und dem uberichten volklein
in lehren und gutem wandel gebührlich und unverweiß-
lich vorgestanden und gedienet werde.
Und nachdem in diesem unserm erzstift bei dem ge-
meinen landvolke eine sondere ruchloßigkeit leider mit
sehr ergerlichem unstand und außschlagk vieles mut-
willenß, ermordens und tottschlagens, zaubereien oder
je vieles gespüreten aberglaubens 9 sich augenscheinlich
und durch tachliche erfahrung zue unserm nicht ge-
ringen mißgefallen, auch vieler gutherziger Christen
ergernuß und betrübnuß ereuget 10, alß sollen unsere
consistorialn mit allem fleiß dahin trachten und so fur-
derlich muglich bedacht sein, wie mit unserm vorwißen
sowohl bey unsern pastoraten und derselben angehö-
rigen communen fur unß als auch bey denen unserer
archidiaconen, klöster oder anderer stiftsglieder gewehr-
lich habenden kirchenbestellungen und derselbigen ein-
gepfarreten dorfschaften 11, von denselbigen durch mit-
tel der custorien oder sonsten in andere wege durch
hilf der kirchengefelle oder ingefarreten handbietung
paedagogien und schulen angeordnet werden, damit die
arme, unverstendige, zarte jugent sowohl in schreiben
und lesen als sonderlich und bevorab in den funf haubt-
stucken unserer christlichen religion 12 verstentlich und
Verden II, 173 (Visitationsprotokoll von 1581).
Gravendich = Grünendeich.
9 1603 erließ Erzbischof Johann Friedrich ein Edikt
betr. Zauberei- und Hexenprozesse, mit dem er den
Hexenwahn und die abergläubischen Methoden bei
den Prozessen einzudämmen suchte. Künftig sollten
die Prozesse entsprechend der Peinlichen Halsge-
richtsordnung Karls V. von 1532 (Carolina; Ausgabe
J. Kohler - W. Scheel. 1900; vgl. bes. Art. 44,
aaO. 30f.; Art. 52, aaO. 34; Art. 109, aaO. 59) ge-
staltet werden. Die sog. Wasserprobe wurde verbo-
ten usw. Das Edikt ist veröffentlicht durch E. Weise
in: Stader Jb 1950, 51-64; vgl. dazu ebd. 35ff. -
Im übrigen vgl. über Volksbräuche und Aberglauben
im Erzstift Bremen E. G. Wolters, Kirchliche und
sittliche Zustände, in: ZnKG 21 (1916), 125-152.
10 eräugen = sichtbar, offenbar werden; vgl. Grimm,
Deutsches Wörterbuch III (1862), 698f.
11 Hierzu vgl. W. v. Hodenberg, Geschichtsquellen
I, 21ff. (Stader Copiar); auch ders., Diöcese Bremen
I, 193 ff. 12 Vgl. oben S. 26, Anm. 7.
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sonen zu bestellen, als verordnen wir hiermit, das zu
diesem unserm consistorio zu consistorialräten nicht
allein geistliche personen, sondern auch von unsern
politischen raten, unser tumbdechant, landtrost und
kanzeler bestellet und befehliget und denenselben auß
unsern kirchendienern alle drey unsere pastoren alhier
zu Vorde und zu Orle 5, soferne dieselben idesmal eins
gotsfurchtigen, ohnberugtigten wandels, durch gege-
bene handtreu ahn eins rechten geschworenen aids
stadt bies uff andere unsere versehung zugeordnet wer-
den sollen. Damit durch solche zusamenordnung geist-
lich- und weltlicher personen die christliche disciplin
iusto moderamine et cognitione sufficiente praevia und
nicht nach eins iden homorn und menschlichen affecten
foviret und gehandhabet, dieses unser consistorium
auch desto mehr respectiret und gleichwohl der unzei-
tige päbstliche dominat 6 in der kirchen und christ-
licher gemein, als daruff von etlichen kirchendienern
auß begirde und zu zeiten aus ergeiz mit fleiß gezielet
und getrachtet wirt, verhüttet bleibe, und damit unter
berurten unsern consistorialräten eine sondere einig-
keit und desto beßer richtigkeit erhalten werde, umb
soviel do weiniger auch solches collegium unserer
kanzeley und derselben ordnung 7 in viel oder weinigem
contrariirn, so wollen wir das directorium hierein fur
dies mal und zum anfang unserm kanzeler hirmit an-
befohlen haben.
Wass fur sachen an das consistorium gehörigk.
Obwohl alle und ide sachen insgemein, unserer geist-
lichen jurisdiction anhengigk, in einer summa ahn die-
ses unser consistorium gehören, so wollen wir doch den
mehren teil derselben zu beßerer unserer consistorialn
nachrichtung hiermit kurzlich erzehlen und specificiren.
5 = Örel.
6 Hierzu vgl. A. Werminghoff, Verfassungsgeschichte
der deutschen Kirche im Mittelalter 2. 1913, 198f.;
H.E.Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte I 2. 1954,
297ff.; E. v. Lehe, Die kirchlichen Verhältnisse,
168ff. (betr. die päpstliche oberstrichterliche Ge-
walt).
7 Zur Kanzleiordnung vgl. Einleitung, oben S. 14. Die
Geschäfte der Kanzlei werden in der Kanzleiordnung
folgendermaßen umrissen: Als sollen unsere kanzler
und räte hinfüro demselben gebührlichen wandel
schaffen und sowoll fürnemblich uff unsere und un-
sers erzstiftes regalia, oberherrl. und andere gerech-
tigkeiten, derselben beleidigung, intrag und schmä-
lerung in allen und jeden unsers erzstifts pertinen-
tien, aembten und gebieten, alß fürters uff der par-
teyn privatirrungen und geschäften achtung geben...
(F. A. v. Ende und A. L. Jacobi, aaO. 48).
8 Vgl. Einleitung, oben S. 6; zu Vörde oben S. 25,
Anm. 1; zu Twielenfleth Einleitung, oben S. 15; zu
Kuhstedt W. v. Hodenberg, Geschichtsquellen I,
74. 79; J. H. Pratje, Herzogthümer Bremen und
Erstlich: Nachdem wir vermügk des itzigen unsers
erzstifts zustand nur etliche weinigk pastoraten oder
kirchendienste immediate zu bestellen haben, als nemb-
lich, soviel uns noch zur zeit bewust, idoch ohnver-
greiflich unsers erzbischoflichen rechten, zu Vorde, Cu-
stede, Twilenfleth, Gravendick, Otterstede, Rhade 8,
als soll unsern consistorialn, uff alle und ide furfallende
vacantien nach gotsehligen, gelarten, sanftmütigen,
frietfertigen und demütigen personen zu trachten, ob-
liegen, damit die ehre Gottes und der bau der christ-
lichen kirchen befurdert und dem uberichten volklein
in lehren und gutem wandel gebührlich und unverweiß-
lich vorgestanden und gedienet werde.
Und nachdem in diesem unserm erzstift bei dem ge-
meinen landvolke eine sondere ruchloßigkeit leider mit
sehr ergerlichem unstand und außschlagk vieles mut-
willenß, ermordens und tottschlagens, zaubereien oder
je vieles gespüreten aberglaubens 9 sich augenscheinlich
und durch tachliche erfahrung zue unserm nicht ge-
ringen mißgefallen, auch vieler gutherziger Christen
ergernuß und betrübnuß ereuget 10, alß sollen unsere
consistorialn mit allem fleiß dahin trachten und so fur-
derlich muglich bedacht sein, wie mit unserm vorwißen
sowohl bey unsern pastoraten und derselben angehö-
rigen communen fur unß als auch bey denen unserer
archidiaconen, klöster oder anderer stiftsglieder gewehr-
lich habenden kirchenbestellungen und derselbigen ein-
gepfarreten dorfschaften 11, von denselbigen durch mit-
tel der custorien oder sonsten in andere wege durch
hilf der kirchengefelle oder ingefarreten handbietung
paedagogien und schulen angeordnet werden, damit die
arme, unverstendige, zarte jugent sowohl in schreiben
und lesen als sonderlich und bevorab in den funf haubt-
stucken unserer christlichen religion 12 verstentlich und
Verden II, 173 (Visitationsprotokoll von 1581).
Gravendich = Grünendeich.
9 1603 erließ Erzbischof Johann Friedrich ein Edikt
betr. Zauberei- und Hexenprozesse, mit dem er den
Hexenwahn und die abergläubischen Methoden bei
den Prozessen einzudämmen suchte. Künftig sollten
die Prozesse entsprechend der Peinlichen Halsge-
richtsordnung Karls V. von 1532 (Carolina; Ausgabe
J. Kohler - W. Scheel. 1900; vgl. bes. Art. 44,
aaO. 30f.; Art. 52, aaO. 34; Art. 109, aaO. 59) ge-
staltet werden. Die sog. Wasserprobe wurde verbo-
ten usw. Das Edikt ist veröffentlicht durch E. Weise
in: Stader Jb 1950, 51-64; vgl. dazu ebd. 35ff. -
Im übrigen vgl. über Volksbräuche und Aberglauben
im Erzstift Bremen E. G. Wolters, Kirchliche und
sittliche Zustände, in: ZnKG 21 (1916), 125-152.
10 eräugen = sichtbar, offenbar werden; vgl. Grimm,
Deutsches Wörterbuch III (1862), 698f.
11 Hierzu vgl. W. v. Hodenberg, Geschichtsquellen
I, 21ff. (Stader Copiar); auch ders., Diöcese Bremen
I, 193 ff. 12 Vgl. oben S. 26, Anm. 7.
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