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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0172
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vernehmen mit dem Domkapitel noch ein volles Jahr die Einkünfte der Pfarre und, solange sie im
Witwenstand verharrten, Abgabenfreiheit 53. Der Erlaß ist fast wörtlich in die KO von 1606 übernommen.

Mehrfach wurde auf den Landtagen darüber verhandelt, wieviel an Geld und Naturalien von den
Gemeindegliedern an Pastor und Küster zu entrichten sei (bei Kasualien, von der Mast usw.). Auch
dabei setzte sich der Bischof für eine ausreichende Versorgung der Kirchendiener ein 54. Außerdem er-
richtete er für die Zeit seiner Administration eine jährliche Roggenspende aus den bischöflichen Tafel-
gütern zum Unterhalt der Pastoren, Küster, Pfarrwitwen und Armen 55.

Auf Schwierigkeiten von seiten des Domkapitels stieß Eberhard bei der Durchführung seines Planes
mit dem Nonnenkloster Mariengarten in Verden. Die Verhandlungen zogen sich durch etliche Jahre seiner
Regierungszeit. Er versuchte, im Kloster ein Armenhaus einzurichten, gleichzeitig aber die dort noch
vorhandenen Nonnen zu unterhalten. Da etliche Klostergüter veräußert worden waren, fehlten dazu aber
die nötigen Mittel; das Klostergebäude verfiel. Eberhard versuchte, anscheinend vergeblich, für die Be-
schaffung des Fehlenden die Unterstützung des Domkapitels zu gewinnen 56.

Erfolgreich war der Bischof in seinem Streben nach Verbesserung des Schulwesens. 1578 gründete
er im Einvernehmen mit dem Domkapitel und dem Rat zu Verden beim Dom, mit dem auch schon früher
eine Schule verbunden war 57, eine humanistische Schule, die mit einem Rektor, einem Konrektor, einem
Kantor und einem Infimus besetzt und der Aufsicht von Visitatoren aus den Räten des Bischofs, dem
Domkapitel, dem Rat zu Verden, den Predigern usw. unterstellt wurde. Die Fundationsurkunde vom
29. März 1578 58 enthält eine ausführliche Schulordnung, freilich keinen Lehrplan. Sie ist im wesent-
lichen in die KO von 1606 eingegangen und wurde noch 1651 befolgt 59.

In Sorge um die Einheitlichkeit der Lehre, unterschrieb Bischof Eberhard mit den Pastoren seines
Stiftes Verden 1579 die Konkordienformel 60. Im Juni 1581 61 stimmten Landstände und Domkapitel
dem von ihm vorgeschlagenen Verbot der calvinistischen Lehre und der Sekten zu. Um auch den Rück-
fall in katholischen Aberglauben zu verhindern, erreichte Eberhard auf dem Generalkapitel im Juni
1585 62 die Zustimmung zur Entfernung und Verschließung der Marienbilder im Dom und in der Klus 63.

53 Originalurkunde des Erlasses im Staats-A. Hann.: Urk. Domstift Verden Nr. 374; eine Abschrift im Stadt-A.Ver-
den: A XX 8, 2 (diese beruht jedoch auf der Wiedergabe in der KO von 1606); die Verhandlungen über den Erlaß
auf dem Generalkapitel vom 20. Juni 1582, Protokoll im Staats-A. Hann. aaO.

54 Vgl. das Landtagsprotokoll vom 21. Juni 1581 unter den Protokollen der Generalkapitel im Staats-A. Hann. aaO.;
das Landtagsprotokoll vom 5. Juli 1582 ebd.; den Landtagsabschied vom 24. Januar 1583 im Staats-A. Hann.:
Stade Br. Arch. Des. 8 a Fach 19 Nr. 1, Stück 13.

55 Originalurkunde, Datum Lüneburg, 28. Juli 1574, im Staats-A. Hann.: Urk. Domstift Verden Nr. 354.

56 Vgl. die Protokolle der Generalkapitel vom 16. Juni 1574 und vom Mai 1581, des Landtags vom 21. Juni 1581,
des Generalkapitels vom 5. Juni 1583 und des Generalkapitels vom 24. Juni 1584, aaO.

57 Die Domschule wird z. B. 1144 erwähnt; vgl. Kunstdenkmäler der Provinz Hannover V, 1, 43.Vgl. auch P. Menge,
5. Im Protokoll des Generalkapitels vom 4. Juni 1567, aaO., heißt es: „Eß soll auch der scholaster schuldich sein,
eine geschickte personen zu einem schulmeister zu unterhalten.“

58 Originalurkunde in doppelter Ausfertigung im Staats-A. Hann.: Urk. Domstift Verden Nr. 363 und Nr. 364. Ab-
druck der Urkunde bei J. H. Pratje, Verdensche Schulgeschichte, 50ff.; bei J.Vogt I, 348ff.; D. Sonne, Ge-
schichte der Domschule II, 31ff.; im Auszug bei C.Meyer, Stadtgeschichte, 57ff.; vgl. dazu Ch.G. Pfann-
kuche, Die neuere Geschichte, 79f.; G. H. Klippel, 19f.; D. Sonne, Geschichte der Domschule, 1ff.; Die bei-
den ersten Jahrhunderte der Dom-Schule, 4ff.; J.M. Reu 1,3, 1, 2, 814*; ferner H. Nack, Stadt Verden, 49ff.;
P.Menge, 5f.; J. Mathiesen, 41.

59 Vgl. die Urkunde der Königin Christina von Schweden vom 15. Oktober 1651 zur Bestätigung der Stadtprivilegien
im Stadt-A.Verden: A XII 1; abgedruckt bei J. H. Pratje, Altes und Neues VI, dort bes. 153.

60 Vgl. J. H. Pratje, Altes und Neues V, 87f. mit Aufzählung der Namen der Geistlichen, auch Religions-Geschichte
III, 1, 11; J. M. Reu I,3, 1, 2, 813*; Bek. Schr., 762 mit Anm. 8.

61 Vgl. das Protokoll des vereinigten Landtags und Generalkapitels unter den Protokollen der Generalkapitel im Staats-

A. Hann. aaO. 62 Protokoll im Staats-A. Hann. aaO.

63 Klus=Kapelle „Unser Lieben Frauen Klus“, gelegen „trans pontem“, wahrscheinlich im 30jährigen Krieg zer-
stört; vgl. H. Nack, Stadt Verden, 41; Kunstdenkmäler der Provinz Hannover V, 1, 107f.; E. Keyser, 363,

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