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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0202
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Stift Verden

leben und sterben, das wir von Adam her allesampt
in sünden empfangen und geboren werden, dar-
innen wir denn unter Gottes zorn in ewigkeit ver-
dammet und verloren sein müsten, wo uns nicht
durch den eingebornen Gottesson, unsern lieben
Herrn Jhesum Christum, daraus geholfen were.

Weiln dann dieses gegenwertige kindlein in sei-
ner natur mit gleichen sünden, inmassen wie wir
auch, vergiftet und verunreiniget ist, derowegen es
auch des ewigen todes und verdamniß sein und
bleyben müste, und aber Gott, der Vater aller gnad
und barmherzigkeit, seinen Sohn Christum der gan-
zen welt und also demnach auch dem kindlein
nichts wenigers als den alten verheissen und zu-
gesagt hat, welcher auch der ganzen welt sünde ge-
tragen und die armen kindlein nichts wenigers, son-
dern ebensow ol als die alten von sünden, todt und
verdamnis erlöset und selig gemacht hat und be-
fohlen [Mk 10, 14], man solte sie zu ihm bringen,
das sie gesegnet werden, die er aufs allergnediglichst
annimpt und ihnen das himmelreich verheisset,
derhalben wöllet aus christlicher liebe dieses gegen-
wertigen armen kindleins gegen Gott dem Herrn
euch mit ernst auch annemen, dasselbige dem Herrn
Christo fürtragen, umb vergebung der sünden und
das es in das reich der gnaden und seligkeit auch
aufgenommen werden möge, verbitten helfen, un-
gezweyfelter zuversicht, unser lieber Herr Jhesus
Christus werde solches euer werk der liebe, gegen
dem armen kindlein erzeiget, in allen gnaden von
euch annemen und euer gebet auch gewißlich er-
hören, sintemal er, die kindlein zu ihm zu bringen,
selbs befohlen und, sie in sein reich aufzunemen,
verheissen hat.

Andechtigen 42, lieben Christen, es haben die
eltern dieses kindes dasselbige hieher gesandt, dar-
umb das sie Christen sind und von Christo einen
bevelch haben, das man sich teufen lassen soll im
namen des Vaters, des Sohns und des heiligen Gei-

für Lippe, Spiegelberg und Pyrmont, Bl. Z I; in der
Grubenhagener KO von 1581, Sehling VI, 2, 1066;
in der Hoyaschen KO, Sehling VI, 2, 1156f.; in der
Lauenburger KO, Bl. 166 (einige stärkere Varianten).
Weiteres vgl. bei Höfling, Taufe II, 64ff. Taufver-
mahnungen gab es bereits in vorreformatorischen
Ordnungen; vgl. Begleitwort zur Ordnung der Taufe.

stes [Mt 28, 19], und das sie wissen, das Gott auch
eine gnedige zusage dabey gesetzt hat und gesagt:
Wer da gleubet und getauft wird, der wird selig
werden [Mk 16, 16]. So wissen auch gedachte eltern
aus der heiligen schrift, das auch diß kind in sünden
empfangen und geboren ist, wie wir armen sünder
leider allzusamen, und derhalben nötig, das wir
durch diß heylsam sacrament der heiligen taufe
aufs neu geboren werden, wie Christus saget Jo-
hannis am dritten capittel [Joh 3, 5]: Wo ein mensch
nicht neu geboren wird durch das wasser und hei-
ligen Geist, so kan er ins reich Gottes nicht kom-
men.

Dieweil es dan ein groß, herrlich ding ist umb die
taufe, in welcher Gott Vater, Son und heiliger Geist
ein verbund mit uns machet, also das Gott Vater
unser gnediger, lieber Vater sein wölle, uns für seine
kinder annemen und aus grosser liebe schenken
seinen Sohn Jhesum Christum mit allem seinem
verdienste, leiden, blutvergiessen und sterben und
in ihm und durch ihn vergebunge der sünde, er-
lösung vom tode, teufel und ewigen verdamniß,
item, das er uns die kindschaft und erbschaft aller
himlischen güter und seinen heiligen Geist schenke,
der unser herze mit einem warhaftigen glauben be-
gabe, erleuchte und reinige etc., so ist der eltern
an euch ganz christliche bitte, das ihr für diß kind-
lein bitten wöllet, das ihme der allmechtige Gott
alle seine sünde vergeben wolte, sein herz mit dem
heiligen Geiste erleuchten und einen rechten glau-
ben verleyhen, auf das es in die zal der Christen
möge eingeleibet werden, item, das er ihme her-
nach seine gnade reichlich mitteylen wölle, das es
im glauben zuneme und wachse, wieder den teufel,
die welt und sein eigen fleisch streyte und fechte,
im rechten glauben verharre und entlich nach die-
sem leben die ewigen [!] seligkeit uberkommen
möge. Wöllen auch derhalben von grund des her-
zen ein andechtigs Vater unser sprechen:

Anlage zu der Agende für ev.-luth. Kirchen u. Ge-
meinden III, 7 (Ch. Mahrenholz 1952).

42 Als wahlweise zu verwendende zweite Vermahnung
an die vorige anschließend in der Lüneburger KO
und in der Wolfenbüttler KO, Sehling VI, 1, 556.
158f., desgleichen in der Lauenburger KO, Bl.
166 vf.

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