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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0213
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Kirchenordnung 1606

heit trost und gedult zu fassen, Gottes güte zu er-
greifen und sich zufrieden zu geben, hart und
schwer ankompt.

Dieweil nun die kranken ungleich, auch einer
diese, der ander jene beschwerliche anfechtung
fühlet- und uber das auch es mit etlichen die ge-
legenheit, das langwierige handlung sich mit ihnen
nicht leiden wil, das sie aber in dem fall nicht uber-
eylet und noch viel weniger verseumet werden, so
kan nicht einerley forma des berichts und trosts bey
allen in gemein gebraucht, sondern dieselbigen müs-
sen nach gelegenheit der umbstende und der kran-
ken personen beschaffenheit angestellet werden.

Wann 71 derhalben ein christlicher seelsorger zu
einem kranken gefordert wird, so soll er sich erst-
lich mit sonderlichem fleiß bey denen, so umb den
kranken sein, oder von ihm (dem kranken) selbst
erkunden, ob er auch uber die leibliche krankheit
innerliche beschwerung und anfechtung habe, ob
er auch von wegen vielheit seiner sünden, furcht
des zorns Gottes, schrecken des todes, der hellen,
seines schwachen glaubens und verzweyfelung etc.
angefochten werde.

Wann er also den zustand des kranken fleissig
erforschet, so soll er auch seine unterrichtung mit
straffen, lehren, trösten und vermahnen darnach
anstellen, doch nicht allzu viel sprüche auf einen
haufen werfen, sondern wenig und solche sprüche
führen, die da zur besserung, erbauwung und trost
des kranken dienen. Das es auch der kranke desto
besser fassen, behalten und es ihm desto mehr zu
herzen gehe, so soll der prediger einen oder zwen
der allerlehrhaftigsten, trostreichsten und herz-
dringender sprüch einen oder zwen immerdar bey

E. G-rohne, Die Nobiskrüge, in: Niederdeutsche
Zeitschrift für Volkskunde 6 (1928), 193ff. ;W. Krog-
mann, Nobiskroog, in: Jb des Vereins für nieder-
deutsche Sprachforschung 65/66 (1939/40), 55ff.;
H. Bächtold-Stäubli,Handwörterbuch des deut-
schen Aberglaubens IV (1931/32), 196. 203f. VIII
(1936/37), 1088. 1472f. IX (1938/41), 988; R. Beitl,
Wörterbuch der deutschen Volkskunde 2. 1955 (Krö-
ners Taschenausgabe Bd. 127), 565f. (Nach Grohne
und Beitl kommt „nobis“ aus der Gaunersprache,
nobis = non, nein, nichts, futsch).

71 Folgendes ähnlich der Lüneburger KO und der Wol-
fenbüttler KO, Sehling VI, 1, 561. 170. Vgl. auch
die Oldenburger KO, Bl. G g IVvf., die hier von der

dem kranken treyben und oftermals dieselbige wie-
derholen und sie ihm deutlich einsprechen.

Unterdessen und alldieweil der prediger mit dem
kranken unterredung helt, soll das volk im hause
und andere umbstehende ab- und beyseytstretten,
damit also der pfarherr ungehindert in gemein und
insonderheit mit ihm reden müge.

Das 72 aber hiezu junge prediger und die es nicht
besser wissen, in diesem stück, daran nicht wenig,
sondern viel gelegen, ihrem befohlenen ambt desto
fleissiger und treulicher fürzustehen, etlichermassen
anleitung hetten, so haben wir denselbigen zugut
diese einfeltige formam und weise hieher setzen
wöllen.

Erstlich 73, nachdem der kranke gebeichtet und
im namen und auf den befehl Jhesu Christi absol-
vieret und jetzunder an dem, das die communion
soll verrichtet werden, so soll, wie billich, jedeßmals
das gesinde im hauß und die nachbarn zu dieser
action gefordert werden, damit keine heimliche
winkelmesse daraus werde.

Es soll auch bey solcher versamlung und gegen-
wart des kranken eine kurze vermahnung zu emb-
sigen und andechtigen gebet geschehen, ohngefehr
auf diese und dergleichen weise:

Lieben freunde 74, demnach wir befinden, das
unser lieber bruder (oder liebe schwester) in Christo
mit schwerer schwacheit oder grossen schmerzen
beladen und wir ihme in dem allem nicht besser
dienen können, denn mit unserm christlichem ge-
bet, so wil ich euch alle samptlich vermanet haben,
ihr wöllet euer gebet zusammen tun und mit die-
sem euerm kranken N. N. Gott anruffen und bit-
ten, Gott wölle ihm in seiner schweren krankheit

Wolfenbüttler KO abweicht; auch die Lauenburger
KO, Bl. 222r.

72 Zu diesem Absatz vgl. die Lauenburger KO, Bl.
222 v.

73 Die folgenden beiden Absätze in sachlicher Anleh-
nung an die entsprechenden der Lüneburger KO und
der Wolfenbüttler KO, Sehling VI, 1, 561. 171. Vgl.
ferner die Lauenburger KO, Bl. 219r.

74 Diese Vermahnung und ebenso alles folgende bis
zum Schluß des Kapitels ist wörtlich der Wolfenbütt-
ler KO entnommen; vgl. Sehling VI, 1, 171f. Die
Lüneburger KO stimmt meist überein, hat den letz-
ten Absatz (,,Es sollen auch die pfarrer...“) aber
nicht; vgl. Sehling VI, 1, 561 ff. Die Vermahnung

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