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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0222
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Stift Verden

und wird die collect 15 gelesen. Darnach lieset der
superintendens diese folgende text:

So schreibet S. Paulus in der ersten epistel an
Timotheon am 3. cap. [1-7]:

Das ist je gewißlich war, so jemand ein bischoffs-
ampt begeret, der begeret ein köstlich werk. Es sol
aber ein bischoff unsträfflich sein, eines weibes man,
nüchtern, messig, sittig, gastfrey, lehrhaftig, nicht
ein weinseufer, nicht beissig, nicht unehrliche han-
tierung treiben, sondern gelinde, nicht hader-
haftig, nicht geizig, der seinem eigen hause wol für-
stehe, der gehorsame kinder habe mit aller erbar-
keit. (So aber jemand seinem eigenen hause nicht
weis fürzustehen, wie wird er die gemeine Gottes
versorgen ?) Nicht ein neuling, auf das er sich nicht
aufblase und dem lesterer ins urteyl falle. Er muß
auch ein gut zeugnis haben von denen, die draus-
sen sind, auf das er nicht falle dem lesterer in die
schmach und strick.

So ermahnet S. Paulus die eltisten der gemeine
zu Epheso, Actor. 20 [28-31]:

So habt nun acht auf euch selbst und auf die
ganze herde, unter welche euch der heilige Geist
gesetzt hat zu bischoffen, zu weiden die gemeine
Gottes, welche er durch sein eigen blut erworben
hat; denn das weis ich, das nach meinem abscheid
werden unter euch kommen greuliche wölfe, die der
herde nicht verschonen werden. Auch aus euch
selbs werden aufstehen menner, die da verkerte lehr
reden, die jünger an sich zu ziehen. Darumb seyd
wacker und denket daran, das ich nicht abgelassen
hab, drey jar, tag und nacht, einem jeglichen mit
tränen zu vermanen.

Hie höret ihr, das uns, so bischoffe, das ist pre-
diger, pfarher, beruffen sind und sein sollen, nicht
wird befohlen, gense oder kühe zu hüten, sondern
die gemeine, so Gott durch sein eigen blut erwor-
ben hat, das wir sie weiden sollen mit dem reinen
wort Gottes, auch wachen und zusehen, das nicht
wölfe und rotten unter die armen schafe einreissen.
Darumb nennet ers ein köstlich werk. Auch für
unser person sollen wir züchtig und ehrlich leben,

führt das Formular noch eingehender aus. Weiteres
vgl. bei Höfling, 137ff.; ferner oben S. 120ff.

14 Vgl. oben S. 155, Anm. 47.

unser haus, weib, kind und gesinde christlich hal-
ten und ziehen.

Seyd ihr nun solchs zu tun bereyt, so sprechet: Ja.

Da lege der superintendens und die andern die-
ner des worts, so dabey sein, dem ordinando die
hende auf das heupt. Darnach spreche er:

Lasset uns beten.

Vater unser, der du bist im himmel etc.

Barmherziger Gott, himlischer Vater, du hast
durch den mund deines lieben Sons, unsers Herrn
Jhesu Christi, zu uns gesagt [Mt 9, 37 f.]: Die ernte
ist groß, aber wenig seind der arbeiter. Bittet den
Herrn der ernte, das er arbeiter in seine ernte sende.
Auf solchen deinen göttlichen bevelch bitten wir von
herzen, du wöllest diesen deinen diener sampt uns
und allen, die zu deinem wort beruffen seind, deinen
heiligen Geist reichlich geben, das wir mit grossen
haufen deine evangelisten sein, treu und fest bley-
ben wieder den teufel, welt und fleisch etc., damit
dein name geheiliget, dein reich gemehret, dein wille
volnbracht werde. Wöllest auch dem leidigen greuel
des bapsts und Mahomets und allen feinden deiner
Christen sampt andern rotten, so deinen namen le-
stern, dein reich zerstören, deinem willen wiederstre-
ben, entlich steuren und ein ende machen. Sölch un-
ser gebet (dieweil du uns geheissen, gelehret und ver-
tröstet hast) wöllestu gnediglich erhören, wie wir
gleuben und trauen, durch deinen lieben Sohn, un-
sern Herrn Jhesum Christum, der mit dir und dem
heiligen Geist lebet und herschet in ewigkeit. Amen.

So gehet nun hin und weidet die herde Christi,
so euch befohlen ist, und sehet wol zu, nicht ge-
zwungen, sondern willig, nicht umb schendlichen
gewins willen, sondern von herzengrund, nicht als
die uber das volk herrschen, sondern werdet ein für-
bilde der herde, so werdet ihr, wenn der erzhirte
erscheinen [wird], die unverwelkliche kron der ehren
empfahen [1. Petr 5, 2-4],

Benedicat vobis Dominus, ut faciatis fructum
multum. Amen.

Wo aber die commun, als pfarkinder, einen red-
licher und ehehafter 15a ursachen halber recusieren

15 Vgl. oben S. 121 mit Anm. 49.

15a = gesetzlicher, rechtmäßiger; vgl. Grimm, Deut-

sches Wörterbuch III (1862), 43.

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