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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0230
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Stift Verden

herrn collatorn befürdert und des neuen angehen-
den pastorn ankunft darüber vorsetzlich nicht vor-
zogen werden soll. Und soll alsdan nach außgang
der sechs oder acht wochen der neue vom herrn
collatore belehenter pastor das erledigte pastoradt,
ambt und kirchendienst an sich nehmen, getreulich
und vollkömlich bedienen. Aber solang das nach-
jahr wehret und nicht umb ist, sollen des verstor-
benen pastorn witwe und kindere die jehrlichen
rente und einkommen, wie die namen haben, nichts
außbescheiden, einfordern, aufheben, nützen, nies-
sen und gebrauchen und ihnen die ohne alle vor-
hinderung gefolget und gelassen werden und der
neue angehende pastor oder auch derjennige, so für
seiner ankunft das nachjahr bedienen würdet,
nichts mehr den allein nachfolgende accidentalia,
als nemblich beicht-, kranken-, todtengeld und was
dessen von hochzeiten oder brauthausern gefellet,
solang das nachjahr wehret, zu gewarten haben.
Damit aber der neue antrettende pastor die zeit
des werenden nachjahrs seinen nottürftigen under-
halt auch gehaben und die andern pastores der
arbeyt gefreyet und jeder seiner pfarr und kirchen
desto besser ob sein und vorstehen müge, haben sie
sich sambt und sonderlich vorpflichtet, das in dem
ambt, darunder dieselben gesessen und der todt-
fall des pastorn sich zutragen würt, sie dem neuen
ankommenden pastorn ein jeder ein molt 51 roggen
und jeder einen gülden münz lübigscher wehrung 52
geben sollen und wollen, und soll das halbe molt
und der eine halbe gülden im ersten antritt und
das ander halb molt roggen und der ander halbe
gülden nach außgang eines halben jahrs entrichtet
werden, also das der neue angehende pastor im
ambt Verden sieben molt roggen und sieben gülden
münz lübisch 53 und im ambt Rodenborg acht molt
roggen und acht gülden lübischer münz 54 gegen das

51 Molt = ein größeres Getreidemaß von örtlich unter-
schiedlichem Volumen; vgl. dazu die Angaben bei
Schiller und Lübben III, 115f.; auch H. Meyer,
Scheeßel, 438.

52 Nach Lübischer Währung wurden 1572 32 Schillinge
auf den Taler (Silbergulden) gerechnet; vgl. W.
Jesse, Der wendische Münzverein. 1928, bes. 140ff.;
F. v. Schrötter,Wörterbuch der Münzkunde. 1930,
731. 372.

53 Demnach gab es im Amt Verden acht Pfarrkirchen.
Das trifft zu, wenn außer den in Anm, 48 genannten

nachjahr bekombt, welches er dan durchaus und
vollkömlich, solang biß es zum ende verflossen ist,
bedienen und der nachgelassene witwe und kindern,
wie vorgemeldt, in keinen andern renten und ein-
kommen hinderlich sein noch einigen eintrag tun
soll. Es soll auch an den landgütern hiemit auß-
truckenlich bescheiden sein und also damit gehal-
ten werden, das alle und jede lenderey, die ein
jeder pastor bey seinem leben beseyet, nicht in das
nachjahr, sondern zu dem vordienten jahr gehören
soll, und stetes diese richtigkeit gehalten werden,
als, da der todtfall an den pastorn umb Ostern,
wann alle winter- und sommersaedt geseyet, sich
zutragen würde, sollen des abgestorbenen pastorn
witwe und kinder solches alles einzuernden haben
und dan folgendes das ander jahr die wintersaedt
und der neue antrettende pastor die sommersaedt
seen und ein jeder teyl, was er dessen seet, auch
einernden und alsdan auch der witwe und kindern
zu der wintersaedt die halben wischen gefolget und
damit das nachjahr geendigt werden. Da sich aber
der todtfall umb Michaelis oder umb die zeit zu-
tragen würde, das nach absterben des pastorn alle
lenderey an winter- und sommersaedt von der witwe
und kindern beseet weren, auch die wiesen könten
genützet und gebrauchet werden, so soll auch damit
das nachjahr, wann die witwe und kinder solches
einmal eingeerndet und genossen, vollendet sein.
Jedoch das sie auch noch darneben die andern an-
gehörigen renten, einkommen, auch die mast und
alles, wie oben vermeldet, daraus 55 einmal zum
nachjahr gehaben und gebrauchen. Diese unser
pastorn in unserm stift Verden richtigkeit und vor-
einigung haben wir mit gutem radt, vorwissen, con-
sent und bewilligung unsers ehrwirdigen tumb-
capitels, praelaten und collatorn der kirchen unsers
stifts Verden approbirt, ratificirt und confirmiret,

Kirchen auch St. Nikolai in Verden (vgl. dazu oben
S. 162f., Anm. 88) mitgezählt wird.

54 Im Amt Rotenburg gab es demnach neun Pfarrkir-
chen. Zu den in Anm. 48 genannten Kirchen ist noch
Sottrum hinzuzufügen, wo der Kantor im Dom zu
Verden das Patronatsrecht innehatte. Die Besitzver-
hältnisse im Kirchspiel Sottrum waren zwischen den
Stiftern Bremen und Verden strittig. Vgl. J. H.
Pratje, Altes und Neues VII, 153ff.

55 Originalurkunde: durchauß.

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