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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0234
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Stift Verden

schulmeistern bestelt werden, damit die liebe ju-
gend zuforderst in gottesfurcht, guten künsten und
sprachen, wie dan auch nicht weiniger in guter,
scharfer, jedoch erbaulicher disciplin zu Gottes
ehren und wolfahrt des gemeinen nutzens erzogen
werde.

Demnach setzen, ordnen und wollen wir, das in
den dörfern unsers stifts Verden, da kirchen sein,
die küster schulen halten und der eingepfarten
leute kinder fleissig und treuglich [!] ihren gaben
und vermügen nach unterweisen sollen, das sie le-
sen, deutsche psalmen singen und fein fertig den
catechismum recitieren lernen. Es sollen auch die
eltern (wie 75 leider ein böser gebrauch und uns
glaubwirdig fürkompt) ihre kinder nicht müssig
gehen lassen, sondern ernstlich und unverseumet
zur schulen halten. Dazu sollen sie die pastores pro
concione ihres tragenden ambts halben ernstlich
und mit fleiß vermahnen.

In unser stadt Verden und im Suderend ordnen
und wollen wir ernstlich, das die kinderschul, so
von unserm geliebten antecessore p. m. anno 1578
fundieret ist 76, laut der schriftlichen fundation er-
halten und für und für mit vier tüchtigen, gelerten,
fleissigen und für allen dingen gottsfürchtigen
schulmeistern, als einem rectore, conrectore, can-
tore und infimo 77, solle bestellet werden.

Es sollen auch nach gelegenheit und profectu der
knaben in gemelter unser schul bey dem dom zu Ver-

76 Druckvorlage: wir.

76 Vgl. Einleitung, oben S. 140; ferner oben S. 155,
Anm. 43, und oben S. 201, Anm. 73.

77 Entsprechend der Fundationsurkunde. - C. Span-
genberg, 227, nennt als die ersten Lebrer der
Schule: den Rektor Detlev Rascius aus Rostock, den
Konrektor Philippus Pollius aus Osnabrück, den
Kantor Tileman Carstens aus Lüneburg, den Infi-
mus Matthias Meyer aus Hambrug. - Vor Rascius
muß jedoch noch ein anderer Rektor gewesen sein,
da dieser sein Amt erst 1580 angetreten zu haben
scheint. Genannt werden als erste Rektoren auch
Bernhard Textor aus Minden und Konrad Horne-
mann aus Rotenburg. Genaues läßt sich darüber
aber nicht mehr feststellen. Vgl. hierzu und zu wei-
teren Lehrern der Domschule J. H. Pratje, Ver-
densche Schulgeschichte, 19ff.; D. Sonne, Ge-
schichte der Domschule I, 14 ff.; Die beiden ersten
Jahrhunderte der Dom-Schule, 10ff.; P. Menge, 7.
Vgl. noch oben S. 145, Anm. 2. - Rascius und Glaser
genossen die Einkünfte eines Kanonikats amAndreas-

den solche lectiones gelesen werden, die da der ju-
gend nützlich und in ihren studiis erbaulich sein
mügen, damit sie, wie vorgemeldet, dem gemei-
nem vatterland zu nutz und besten auferzogen
werden.

Ferner und uber das wollen wir auch, das gemelte
unsere schul von den verordneten visitatorn 78 je-
des jars zweymal besucht 79, die knaben examinie-
ret, und wie sich die praeceptores in ihrem ambt,
leben und wandel verhalten, fleissig nachgeforscht
und die fürfallende mangel an beyden seyten bey-
zeit abgeschafft werden.

Das derhalben gute ordnung allenthalben an-
gestellet und erhalten werde, auch die collegae an
der schulen in ihrem amht und beruff mit lehren
und unterweisung der kinder desto fleissiger nach-
kommen und daneben umb soviel desto mehr eines
erbarn, eingezogenen lehens und unstrefflichen
wandels sich befleissigen, so soll ihnen ihr gebür-
liches und zugesagtes solarium jederzeit aufrichtig,
unverseumet und unverhindert gereicht werden;
dann ein arbeyter laut des worts Gottes (Matth. 10,
vers. 10; 1. Corin. 9, vers. 13; 1. Tim. 5, vers. 18)
ist seines lohns wert. Soll demnach vermüg der
fundation und dan dieser unser ordnung nach dem
rectori järlich einhundert, dem conrectori sechßzig,
dem cantori funfzig, dem infimo aber zwenzig
reichstaler 80 und ein freyer tisch mit und neben
den chorschüllern bey den herrn des domcapittels

stift (vgl. oben S. 153f., Anm. 39); vgl. Sonne, Ge-
schichte der Domschule I, 14. 20; Die beiden ersten
Jahrhunderte der Dom-Schule, 10. 14.

78 Die Fundationsurkunde bestimmt zu Visitatoren:
zwei von den bischöflichen Räten, von denen jeweils
einer an der Visitation teilnehmen soll, den jeweiligen
Amtmann auf dem Stiftshof zu Verden, zwei Mitglie-
der des Domkapitels, nämlich den Domdechanten
und den Scholaster (sofern dieser residiert), den
Dechanten Heinrich Haselbusch, den Domprediger
David Huberinus (vgl. Einleitung, oben S. 135, Anm.
19), den Pastor zu St. Johannis, den jeweils ältesten
Bürgermeister und ein vom Rat verordnetes Rats-
mitglied.

79 So auch die Fundationsurkunde. Die erste Visitation
sollte „allezeit den achten tag vor Johannis zu mit-
tensommer“, die zweite „den achten tag vor Wei-
nachten oder dem heiligen Christag, soferne solche
tage keine feirtage sein“ stattfinden,

80 Vgl. oben S. 187f., Anm. 4,

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