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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0244
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führte erst nach seinem Tod zum Rezeß von Bielefeld 1565, in dem eine Teilung des Amtes festgelegt
wurde, wobei neben einigen anderen, kleineren Ortschaften die Stadt Wiedenbrück bei Osnabrück ver-
blieb. An Tecklenburg fielen u. a. Gütersloh, Rheda, Klarholz und Herzebrock 5.

Die Macht des Bischofs war durch die Rechte der Stände beschränkt, die diese sich auf Grund
der Wählbarkeit des Bischofs wie durch das Recht der Steuerbewilligung zu verschaffen wußten 6. Die
stärkste Position hatte das Domkapitel mit dem Sitz in der Stadt Osnabrück inne, dem der Hauptanteil
an der Wahl wie die Ausarbeitung der Wahlkapitulation zukam 7. Früh hatte es sein Konsensrecht, auch
in politischer Hinsicht, entwickelt 8 und besaß auch noch im 16. Jh. größeren Einfluß auf die Regierung
als die weltlichen Stände des Stifts. Bei einer Sedisvakanz hielt es zusammen mit der Stadt Osnabrück
die Stiftsburgen besetzt 9 und führte auf Grund eines 1541 erlangten kaiserlichen Privilegs die Regie-
rung 10. Hinzu kam der Einfluß auf kirchlichem Gebiet. Die meisten Archidiakonate waren im Besitz
von Mitgliedern des Domkapitels. Die Archidiakone besetzten größtenteils die Pfarrstellen und übten
hauptsächlich - abgesehen von der beschränkten, durch einen Offizial wahrgenommenen geistlichen Ge-
richtsbarkeit des Bischofs - die geistliche Jurisdiktion aus, wobei sie versuchten, immer weitere Rechts-
gebiete an sich zu ziehen und die weltliche Gerichtsbarkeit zurückzudrängen 11.

Nächst dem Domkapitel kam der Stadt Osnabrück die größte Bedeutung zu. Wiedenbrück, Quaken-
brück und Fürstenau, obwohl anscheinend seit der zweiten Hälfte des 15. Jh.s zu den Landtagen hinzu-
gezogen, ebenso wie die Flecken Iburg, Melle und Vörden, die von ihrem Recht der Landtagsbeschickung
kaum Gebrauch machten, konnten daneben nicht aufkommen 12. Innerhalb der Mauern von Osnabrück
besaß der Bischof, der seinen Sitz in Iburg hatte, kaum noch Rechte, da die Stadt Verwaltung und Fi-
nanzen, z. T. auch die Gerichtsbarkeit selbständig ordnete 13.

Weniger trat die Ritterschaft hervor. Ihre Stellung war jedoch auch nicht unbedeutend, da sie der
Hauptlehnsträger der Osnabrücker Kirche war 14. Glieder der Ritterschaft waren auch mit der Verwal-
tung der Ämter betraut 15.

Ein Ausschuß der Stände nahm bei der Regierung des Bischofs stets die Rechte der Stände wahr 16.
Versuchten die Bischöfe auch, den ständischen Einfluß zurückzudrängen - durch die Einrichtung einer

5 Vgl. Eickhoff, 107ff.; H. Hartmann, Wiedenbrück, 96ff.; bes.J. König, 17ff. 63f. 92ff.

6 Vgl.F. Philippi,Verfassungsgeschichte, 94ff.; M. Bär,Verwaltungsgeschichte, 43; H. Hoyer, 99f.

7Vgl.F. Philippi,Verfassungsgeschichte, 67; H. Hoyer, 95.

8 Vgl. H.Spangenberg, 21ff.; M. Bär, Verwaltungsgeschichte, 44; dazu oben S. 5 mit Anm. 19; S. 134 mit Anm. 6.

9 Neben jeweils zwei Vertretern des Domkapitels wurde ein Vertreter der Stadt Osnabrück auf die Amtshäuser ent-
sandt; vgl. Geschichtsquellen IV, 265 (für 1553). 267f. (für die Sedisvakanz 1574). III, 226, Anm. 528; ferner
M. Bär, Verwaltungsgeschichte, 45; Rothert, Vörden, 11; J. König, 26. Zur grundsätzlichen Beteiligung der
Stadt an der Besetzung der Stiftsburgen s. den Vergleich zwischen Domkapitel und Stadt vom 25. November 1544,
Abschrift im Staats-A. Osn.: Rep. 3 vol. III Nr. 1238.

10 Orig.-Urk. vom 2. Mai 1544 im Dom-A. Osn.; Abschriften im Staats-A. Osn.: Rep. 3 vol. III Nr. 1233 und Rep.
100 Abschn. 26 Nr. 1; vgl. dazu C. Stüve, Hochstift II, 95; M. Bär,Verwaltungsgeschichte, 7 mit Anm. 5;W.
Berning, 46.

11 Über das Archidiakonatswesen in der Diözese Osnabrück vgl.F. Philippi, Archidiakonate; N. Hilling, Die
bischöfliche Banngewalt, der Archipresbyteriat und der Archidiakonat usw., in: Archiv für kath. Kirchenrecht 80
(1900), 458ff., zu obigem Text bes. 460 mit Anm. 1; 461. 462f. 464 mit Anm. 2; 467 mit Anm. 4; H. Hoyer,
95ff.;J. Prinz, 63ff.; zur Pfarrstellenbesetzung durch die Archidiakone auch W. Berning, 53f.; zur Ausübung
der geistlichen Gerichtsbarkeit M. Bär, Verwaltungsgeschichte, 30. 41; vgl. auch H. Rehker, 49JJ.; dazu oben
S. 6, Anm. 24.

12 Vgl.F. Philippi,Verfassungsgeschichte, 71; M. Bär,Verwaltungsgeschichte, 50.

13 Vgl. Geschichtsquellen IV, 182ff. (Legerbuch); Stüve, Stadtverfassung; M. Bär, Verwaltungsgeschichte, 38. 61.
65; H. Hoyer, 98; jetzt bes. C. Haase, Recht und Verfassung der Stadt Osnabrück im 15. Jh. usw., in: MO 65
(1952), bes. 109ff. 112ff. (über das Problem der Gerichtsverfassung, insbes. die Stellung des bischöfl. Gogerichtes
innerhalb der städtischen Gerichtsverhältnisse).

14Vgl. Rudloff, 363ff.; H. Hoyer, 97; Geschichtsquellen V (Die mittelalterlichen Lehnbücher).

15 Vgl.M. Bär,Verwaltungsgeschichte, 23; H. Rehker, 53f. 16 Vgl.H. Rehker, 4f.; H. Hoyer, 92.

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