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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0245
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Kanzlei am Anfang des 16.Jh.s, eines ständigen Regierungskollegiums seit 1585 usw. 17, mehr noch
kraft ihrer Persönlichkeit und ihres Ansehens als Bischof ~, so wußten die Stände, und gegen Ende
des 16. Jh.s das Domkapitel in besonderer Weise, die Handlungsfreiheit des Bischofs wiederum auf
andere Art zu schmälern. Für die Reformationsgeschichte des Landes hatten diese Zustände schwerwie-
gende Folgen.

Folgende Bischöfe standen während der Reformationszeit und im weiteren Verlauf des 16. Jh.s
an der Spitze des Stifts:

1508-1532 Erich II., Herzog von Braunschweig-Grubenhagen, Domherr in Paderborn, seit 1508
auch Administrator von Paderborn, kurz vor seinem Tod auch zum Bischof von Münster postuliert.

1532-1553 Franz, Graf von Waldeck, Domherr in Köln, Mainz, Trier und Paderborn, seit 1529
Administrator zu Minden, 1532 auch Bischof von Münster.

1553-1574 Johannes IV. (Administrator), Graf zu Hoya, seit 1566 auch Bischof von Münster,
seit 1568 Administrator von Paderborn.

1574-1585 Heinrich III., Herzog von Sachsen-Lauenburg, seit 1567 Erzbischof von Bremen, seit
1577 auch Bischof von Paderborn 18.

1585 Wilhelm Schenking, vorher Domdechant.

1585-1591 Bernhard, Graf von Waldeck, Domherr zu Köln und Straßburg.

1591-1623 Philipp Sigismund, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, seit 1586 Bischof von Ver-
den, seit 1598 Dompropst zu Halberstadt19.

Erich von Grubenhagen verhielt sich zur Reformationanfangs ablehnend 20, später, nachdem sein
Bruder, Philipp von Grubenhagen, zum evangelischen Bekenntnis übergetreten war 21, anscheinend etwas
freundlicher 22, jedoch nicht fördernd. In der Stadt Osnabrück wurde dennoch schon seit 1521 evange-
lisch gepredigt 23. Daß der Bischof es nicht zu hindern suchte, mag teils auf seinen Streit mit den Stän-
den (um die Finanzwirtschaft des Bischofs, um die Verwaltung, um ständische Privilegien), der erst
1525 zum Abschluß kam und ihn ganz in Anspruch nahm, zurückzuführen sein 24, teils auf der gemäßig-
ten Form der evangelischen Predigt in Osnabrück beruhen, die auch das Domkapitel nicht zu energi-
schem Einschreiten herausforderte. Als es Ende Mai 1525 in der Stadt zum Aufruhr gegen die Geist-
lichkeit kam, der vielleicht auch mit der evangelischen Predigt in Osnabrück im Zusammenhang stand,
aber wohl mehr auf außerosnabrückische Einflüsse zurückzuführen war, beschäftigte sich der Bischof
nur mit dem Aufruhr selbst, ohne anscheinend auf die evangelische Predigt in Osnabrück einzugehen 25.
Der Stadt wurde im Bielefelder Vergleich vom 6. August 1525 auferlegt, eine Geldsühne zu zahlen und die
Rädelsführer zu bestrafen 26. Die evangelische Predigt konnte auch jetzt fortgesetzt werden. Erst 1526,

l7 Vgl.M. Bär,Verwaltungsgeschichte, 6ff.; H. Rehker, 4ff.; H. Hoyer, 92.

18 Vgl. oben S. 7. — Nach katholischem Kirchenrecht sind die Titel „Erzbischof“ und „Bischof“ für Heinrich ohne
volle Berechtigung; s. unten.

19 Vgl. oben S. 135. Auch Philipp Sigismund war nach katholischem Recht nicht im Vollsinn „Bischof“; s. unten.
Zur Reihe der Bischöfe vgl. R. Bellinckhusius; Th. Röling, 20ff.; C. Stüve, Hochstift II usw.; H. Rothert,
Westfälische Geschichte II. 1950, 371.

20 1525 veranlaßte er seinen Bruder, Herzog Philipp von Grubenhagen, gegen die evangelischen Prediger in Einbeck
einzuschreiten; vgl. G.Max, Geschichte des Fürstentums Grubenhagen II. 1863, 176.

21 Vgl. Sehling VI, 2, 1024.

22 C. Stüve, Hochstift II, 50; J. C.Möller, 85f.; W. Berning, 15. Erich unterhielt Beziehungen zum Land-
grafen von Hessen und zum Kurfürsten von Sachsen, die auch Erichs Wahl zum Bischof von Münster unter-
stützten; vgl. Stüve, aaO. 55ff. J. I. Sandhoff II, 18f., berichtet auch von einem Nachlassen seines Eifers im
Breviergebet in seinen letzten Lebensjahren.

23 Über die Reformation in der Stadt Osnabrück und den weiteren Ausbau des evangelischen Kirchenwesens dort
s. unten „Stadt Osnabrück“.

24 Vgl. C. Stüve, Hochstift II, 29ff.; H. Hoyer, 127f. 25 Vgl.H. Hoyer, 133f.

26 Vgl. Geschichtsquellen II, 192f. (D. Lilies Chronik); C. Stüve, Hochstift II, 35f.; J. C. Möller, 85.

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