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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0247
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grundlage, um die Durchführung der Reformation offen zu fördern oder zu betreiben, wobei er sich gegen-
über den anderen beiden Ständen auf die Stadt Osnabrück stützte. Hier wurde das Reformationswerk
auch begonnen, geleitet im wesentlichen vom Rat der Stadt, jedoch in ständiger Fühlungnahme mit dem
Bischof, der sein ius reformandi auf diese Weise wahrte.

Zur Durchführung seiner Reformationspläne benötigte der Bischof einen tüchtigen Theologen. Eine
Zeitlang schien es, als würde Bucer, zu dem Philipp von Hessen riet 42, der Reformator des Stiftes wer-
den. Zwischendurch versuchte Franz, von der Herzogin Elisabeth von Calenberg-Göttingen und durch
ihre Vermittlung den in ihren Diensten stehenden Corvinus zur Durchführung der Reformation und Auf-
stellung einer evangelischen KO zu erhalten, jedoch vergeblich43. Nachdem die Stadt Osnabrück den Lü-
becker Superintendenten Hermann Bonnus zu ihrem Reformationswerk herangezogen hatte, beschloß
Franz, Bonnus in seinen Dienst zu nehmen. Ostern 1543 predigten auf Veranlassung und in Gegen-
wart des Bischofs Bonnus und der Münstersche Domprediger Johann von Aachen zu Iburg abwech-
selnd 44, wobei Franz sich selbst von den Fähigkeiten des Bonnus überzeugte 45. Jetzt wurde Bonnus mit
der Reformation des Stiftes und darüber hinaus der Diözese Osnabrück betraut. Durch ihn erhielt diese
Reformation rein lutherisches Gepräge. Auf Wunsch des Bischofs arbeitete er in enger Anlehnung an
die Stadt KO und an Bugenhagens KOO eine kürzer gefaßte KO für das Land aus, deren Befolgung der
Bischof durch Briefe und Mandate befahl 46. Bonnus verbreitete die KO bei seinen Reisen und schuf durch
Predigt und Einsetzung lutherischer Pfarrer 47 die Grundlage zur Innehaltung der KO.

Regensburger Reichsabschiedes von 1541: „Darzu haben wir neben päbstlicher heiligkeit legaten allen geistlichen
prälaten aufgelegt und befohlen..., unter ihnen und den ihren, so ihnen unterworfen seynd, ein christlich ordnung
und reformation fürzunehmen und aufzurichten, die zu guter, gebührlicher und heilsamer administration der kir-
chen fürderlich und dienlich sey. Auch über solcher ordnung und reformation ernstlich und strenglich zu halten
und sich daran nichts irren noch verhindern lassen... und seynd der zuversicht, solche ordnung und reformation
soll zu endlicher christlicher vergleichung der streitigen religion eine vorbereitung und derselben sonder zweifel hoch-
dienstlich seyn“ (Koch-Senckenberg, Neue und vollständigere Sammlung der Reichs-Abschiede. 1747, 2. Th.,
434. In unserer Wiedergabe ist die Schreibweise vereinfacht).

42 Vgl. M. Lenz, 94 (Brief Philipps von Hessen an Bucer vom 9. September 1542, u. a. betr. die Reformationspläne
des Bischofs Franz in den Stiftern Osnabrück und Minden). 104 (Zettel zum Brief des Landgrafen an Bucer vom
7. November 1542, worin Philipp mitteilt, daß er beim Bischof angeregt habe, Bucer zu sich zu fordern und sich
von ihm beraten zu lassen). 107 (Brief Bucers an Philipp von Hessen vom 16. November 1542). 115f. (Brief
Philipps an Bucer o. D. Philipp geht hier näher auf die Pläne des Bischofs ein, auch darauf, daß Franz sich
verheiraten und die Stifter zu erblichen Fürstentümern machen will. „Und derowegen so haben wir seiner liebten
geraten, das sie euch zu sich erfordern und mit euerm rat alle ding, es wer gleich mit dem weibnemen, reformiren
der geistlichen, kirchenordenung oder anderm handlen solt“). 116ff. (Brief Bucers an den Landgrafen vom 18. Ja-
nuar 1543. Bucer drückt darin seine Bereitschaft aus, dem Bischof zu Münster bei der Reformation zu helfen,
bedauert aber, wegen der Schwierigkeiten bei der Reformation im Stift Köln vor Ostern nicht abkömmlich zu sein.
Die Pläne des Bischofs heißt Bucer gut); dazu F. Fischer, 49ff. — Zu Bucer s. unten S. 324, Anm. 19.

43 Vgl. den in Anm. 41 genannten Brief des Bischofs; das Antwortschreiben der Herzogin Elisabeth vom 18. Oktober
1542, in dem sie darlegt, Corvinus nicht entbehren zu können, bei P. Tschackert, 127ff.; dazu F. Fischer,
23. 50f. - Zu Corvinus s. unten S. 226, Anm. 55.

44 Vgl. Geschichtsquellen II, 278f. (D. Lilies Chronik). — Zu Bonnus s. unten Anm. 1 zur KO, S. 222

45 Vgl. B. Spiegel, Bonnus, 93ff.

46 Vgl. Geschichtsquellen II, 281 (D. Lilies Chronik); das Schreiben an Kapitel und Rat zu Quakenbrück vom Sonn-
abend nach Exaudi 1543 sowie den Brief an Amtmann und Rentmeister zu Cloppenburg (Diözese Osnabrück)
vom Sonntag nach Peter und Paul 1543 (Staats-A.Osn. Msc. 112), der allen Pastoren des Amtes gebietet, zur
Unterweisung durch Bonnus nach Vechta zu kommen, abgedruckt bei B. Spiegel, Bonnus, 187ff.; F. Zur-
bonsen, Klosterbericht, 37. 41f. mit Abdruck des Briefes des Befehlshabers zu Wiedenbrück vom Freitag nach
Jakobi apostoli 1543, in dem er den Nonnen zu Herzebrock (zum Kloster Herzebrock vgl. oben S. 212 und unten
Anm. 60) im Auftrag des Bischofs befiehlt, Propst und Kaplan zu Bonnus abzufertigen, und des bischöflichen
Briefes vom Sonnabend nach Mariae Himmelfahrt, in dem Franz die Einsetzung eines Pastors in Herzebrock mit-
teilt, der sein Amt nach der KO verwalten soll.

47 Vgl. D. Chytraeus, 400; Th. Röling, 57f.; F. Flaskamp, Zwischenbericht, 115. 128.

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