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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0358
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nisse berührende, schriftlich fixierte und gesetzlich gewordene Ordnungswerk ist die Polizeiordnung von
1545. A Lascos unmittelbare Mitwirkung daran läßt sich nicht erweisen 34. Doch gehen die schon ge-
nannten Bestimmungen über die Sektierer auf seinen Einfiuß zurück. Es würde auch ganz zu den
anderen Maßnahmen a Lascos passen, die Verwirklichung auch dieser Forderung der Lüneburger Prä-
dikanten, eine Polizeiordnung aufzustellen, zu unterstützen, zumal sie seinem Hauptanliegen, überall
ein christlich zuchtvolles Leben zu fördern, entgegenkam, wenngleich sie nicht die Kirchenzucht im
engeren Sinn einschloß.

Die Polizeiordnung wurde seit spätestens 1543 unter maßgeblicher Beteiligung des gräflichen Rates
Eggerik Beninga 35 vorbereitet 36. Ehe man den Wortlaut der Ordnung formulierte, wurden Gutachten
der Räte eingeholt, die uns in den Penborgschen Kollektaneen erhalten sind 37. Schon in den Gutachten,

34 Vgl. J.Weerda I, 44: „Einen unmittelbaren Beweis für die Mitwirkung a Lascos an der Polizeiordnung bieten
seine Briefe nicht“. - Aus den Vorarbeiten zur Polizeiordnung läßt sich gleichfalls nichts entnehmen, das auf eine
Mitarbeit a Lascos schließen ließe.

35 Eggerik Beninga, Häuptling von Grimersum, Borssum, Jarssum und Widdelsweer, geboren 1490 auf der Burg
zu Grimersum, von 1525 bis 1541 Drost zu Leerort und Propst zu Weener, von 1541 bis 1556 Rat der Gräfin Anna,
1556 bis 1561 Drost zu Leerort, † 19. Oktober 1562 in Grimersum, Verfasser der oft zitierten „Chronyk“; vgl. E. J.
H. Tiaden I, 91ff.; Bartels, Chronisten I, 3ff.; Reimers, Quellen, 168ff.;E. Kochs I, 114 mit Anm. 2 und 3;
U. Cremer, Neue deutsche Biographie II (1955), 49f.

36 1539 hatte Beninga durch seinen Diener Campe van Marcke eine Rechtssammlung anfertigen lassen, die u. a.
das jüngere ostfriesische Landrecht und das Emsgauer Sendrecht, die zum Verständnis der Polizeiordnung heran-
gezogen werden müssen, enthielt. Die Handschrift befindet sich in der Universitätsbibliothek Groningen: PE 16.
Vgl. auch C. Borchling, Die niederdeutschen Rechtsquellen I, LX VIf. — Am Schluß des Bandes [Bl. 437v]
steht folgende Eintragung: Hyr is geendiget und vullentagen dit tegenwordige boeck wilkore und lantrechte, soe de
hoechloflike keyser Justinianus den gemenen Fresen erstlick daermede begiftiget und toegelaten unde darnae dorch
pawest Leo unde den hochlofliken keyser Karl, Pipinus soen, desulven rechte confirmeert und myt meren previ-
leyen unde vryheiden begavet sinnen, welckeer vorgeroerte boeck heft laten schriven toe nutticheit unde wolvaert
dusser gravesschup Oestfreeslant, umme alle twist, hader unde twidracht bytoeleggen, de erentfeste und erbare
Eggerik Benyngha to Grymersum hovetlinck etc. dorch sinen dener Campe van Marcke mit groten vlyte unde
neersticheit ut de olden gedruckede unde geschreven wilkoere unde lantrechten, mit der hilligen schrift ut den olden
unde nyen testamenten und keiserlike rechte overvloedich bevestiget, und is gescheen nae der geboerte unses Heren
und heilandes Jesu Cristi dusentvyfhundertnegenunddertich den elften dach Novembris in der tyt, soe men dat
heilsame godtlike woert lutter und klaer wedder vorkundiget heft, dat by 600 jaer dorch de geestliken vordunkert
was...“. — Für das Sendrecht bildet diese Groninger Hs die wichtigste Überlieferungsquelle. Borchling hat sie
seiner Edition des Sendrechtes hauptsächlich zugrundegelegt. — Eine Abschrift des ostfriesischen Landrechtes Ed-
zards des Großen ließ Eggerik Beninga bereits 1527 anfertigen. Der Codex befindet sich in der Niedersächsischen
Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen: Cod. Ms. jurid. 738. Am Schluß des Rechtsbuches (Bl. 177r) ist
eingetragen: Hyr endiget sick dit voergeschreven boeck unde lantrecht unde is schriven laten dorch my Eggerick
Beningha to Grymersum do to der tydt droste toe Lheer Oerdt in deme jare na der geboerte unses Heren Jhesu
Christi, do men schreef dusentvyfhundertundesoevenundetwintich an deme dage Martini episcopi, unde is do to
der tiit dat levendige woert Gods, dat hilge evangelion, lutter unde klaer gepredict, des de almechtige Here und Got
gelavet unde gebenedyet sy in ewicheyt. Amen et cetera. - In diesem Göttinger Codex befinden sich auch zahlreiche
Eintragungen und Glossen von Eggerik Beningas eigener Hand. - Der genauere Zusammenhang der Polizeiordnung
mit dem älteren ostfriesischen Recht bedürfte einer Spezialuntersuchung; vgl. auch Borchling, Hausbuch, 197.

37 Die Penborgschen Kollektaneen enthalten von E. Beningas Hand: Der rede goede menunge up grave Johans
articulen, belangent goede politie anno etc. 44 (Bl. 65rff.). Am Schluß dieses Gutachtens heißt es: Dit alles up
corexie myner g.f. unde de rede samptlich (Bl. 79r). Darauf folgt: Wat der vorordenten und geswaren rede goede
menunge up dusse vorvatede articulen der ordinantien, soe den reden van unsen gnedigen heren graven Johan up-
gelecht, de van dusse noch tom anderen mael dorch se myt vornuftigen vorstande sinnen doergesehen und wes se
daryn vorandert und vormeret, wart men hyrnae myt ere egene hant gescreven vortekent fynden (Bl. 79v). Daran
schließen sich die Bedenken der einzelnen Räte an, die sich wie folgt unterschreiben: Dyt ys unse bedenkent na unser
geringe vorstande up correctie unser g.f. und der reden. Hommerus Beningha abt to Tedingen (Bl. 81r). Hicko
van Dornum (Bl. 83r). Hero van Olderzhem (Bl. 86v). Hinnerk Grawertz (Bl. 89r) (Grawertz war 1540-1550
Bürgermeister zu Emden; vgl. J.F. Ravinga, Series Consulum..., an: Neije Oostfriesische Chronica. 1661). -
Etliche Punkte der Polizeiordnung sind jedoch bereits in dem Bericht E. Beningas über eine angebliche Dispu-
tation zwischen einem „egenarweden“ und einem „hurmann“ behandelt, den Beninga dem Pastor Reiner Melchior
zu Jarssum mit einem Brief vom 30. Dezember 1543 zusandte, in dem er ihm gleichzeitig für die Ausarbeitung und
Übersendung einer Polizeiordnung dankte (Bl. 50rff. aaO.). Vgl. dazu C. Borchling, Hausbuch, 194ff.

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