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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0403
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Kirchenordnung 1529

parkarcken 90 prediken wert, darsulvest alletyt twe
jegenwordich syn, desgeliken unse predicanten in
der Observanten predike kamen. Ock soelen sum-
tiden 91 de Observanten in der parkercken und unse
predicanten in dem kloester predigen, darmede de
leve beider side vormere. So willen wy de Observan-
ten vor gewalt to der behoeff geleiden 92.

Wy willen oeck, dat unse Observanten 93 nicht
meer mit eer missen und densten unse borgere up-
holden und nicht ere karcken apenen noch klocken
luiden, dan als men doir Gades woert wert predigen.

aus. Franziskaner der strengeren Observanz, sog. Ob-
servanten, traten an ihre Stelle (vgl. E. Beninga,
Chronyk, 463 f.). In der Reformationszeit wurde das
Kloster zum Armen- und sog. Gasthaus umgewandelt
(vgl. dazu Einleitung, oben S. 356); die Kirche diente
dann als „ Gasthauskirche“ dem reformierten
Gottesdienst (vgl. dazu unten S. 485, Anm. 23);
1938 brannte sie ab. Vgl. H. Suur, 112ff.; H. Loe-
sing, 114f.; H. W. H. Mithoff VII, 68f.; Für-
bringer, 68f.; Kunstdenkmäler der Provinz Han-
nover VI, 1 u. 2, 53ff.; Kochs, Kirchengeschichte,
89f.; auch H. Hoogeweg, 35f.; E. Keyser, 123.

90 Über die Gründungszeit der in der südwestlichen
Ecke der Altstadt gelegenen sog. Großen Kirche,
die den Heiligen Cosmas und Damianus (vgl. Ur-
kundenbuch I, Nr. 553) geweiht und Propsteikirche
war, fehlen die Nachrichten. Nach bautechnischen
Untersuchungen zu schließen, geht die Kirche bis
ins 12. Jh. zurück, hat aber vermutlich noch eine
aus Holz gebaute Vorgängerin gehabt, nämlich die
Kirche des ehemaligen Fischerdorfes. Mehrfach wurde
sie erweitert und umgebaut. 1557 errichtete man über
der Sakristei die Konsistorienstube, 1578 über der
Konsistorienstubedie Bibliothek, 1861-62 erfolgte ein
Neubau des Turmes. Im 2. Weltkrieg wurde das Got-
teshaus fast ganz zerstört. Vgl. H. W. H. Mithoff
VII, 62ff.; O. G. Houtrouw I, 19ff.; Fürbrin-
ger, 64ff.; J. Höpken, Zur Baugeschichte der
Großen Kirche in Emden, in: JbE 11 (1895), 172ff.;
Kunstdenkmäler der Provinz Hannover VI, 1 u. 2,
12ff.; E. Keyser, 123. — Zu den Heiligen vgl. oben
S. 50, Anm. 7.

91 = zuweilen; vgl. Schiller und Lübben IV, 469.

92 = schützen; vgl. Lasch und Borchling II, 50.

93 In der Druckvorlage folgt ein durchgestrichenes
„da“; Meiners: ja.

94 Die Ostfriesen führten die Sitte, sich mit kostbarem
Geschmeide zu schmücken, auf die Bibel und ein an-
geblich durch Karl den Gr. erteiltes Privilegium
(niederdeutsch nach einer Wurster Hs bei C. Borch-
ling, Die niederdeutschen Rechtsquellen I, 219ff.;
vgl. ebd. 222; im übrigen vgl. über das unechte Pri-
vileg und seine Überlieferungsformen K. v. Richt-
hofen, Untersuchungen über Friesische Rechts-
geschichte II, 1. 1882, 147ff.) zurück. Vgl. E. Be-

Van der fruwen kledinge.

Wy willen, dat all unse underdanen eer kinder na
der olden freesschen wyse mit kledinge und sulver
ziren 94.

Van denn warsscuppen 95.

Idt schoelen all unse underdanen, so to der ee
gripen willen, sick van den predicanten an dren Son-
dagen upbeden laten, darmede sulcke ee nicht heme-
lick, sunder apenbaer scheen moege 96, des schoelen

ninga, Chronyk, 11; auch den eigenhändigen Brief
Eggerik Beningas an Reinerus Melchior, Pastor in
Jarssum, von 1543, mit einem beigefügten Dispu-
tationsbericht zwischen einem „egenarweden“ und
einem „hurman“, in den Penborgschen Kollektane-
en; dort heißt es Bl. 54r: ...yd wer uns Fresen ock
vele roemlicker, dat wi ock by unse sprake und kle-
dunge bleven, soe doch nicht vele nationen ere kle-
dunge und gesmucke ut der bybelschen scriften be-
wisen konen, als wy hebben Genisis am 24., am 35.
und Hosea am 2. capit., als myt orringe, stukelbande,
harflechten [oder harsleehren ?], sterenspangen, arm-
gesmide, halsbande, schoringe, und dar de loflike
konink Karell de gemene Fresen ock mede geprevi-
lieert und begavet hefft, jae, mer als alle anderen,
dat de Fresen golt up eren hovede und an eren voten
muchten dragen, sovele ein yder betalen kunde.
Wanner dan den gemenen Fresen krich und veide
anquam, soe hadden se enen goeden totrost an oer
gesmide, dar kunden se tor stunt gelt van maken...
(vgl. auch den Abdruck bei E. J. H. Tiaden I, 105;
danach in JbE 10, 2 [1893], 25). Im 16. Jh. wurde
es dann mehr und mehr üblich, sich statt mit der
alten ostfriesischen Tracht mit englischem Tuch zu
kleiden; darüber E. Beninga in dem angeführten
Brief (Penborgsche Kollektaneen, Bl. 53r; Tiaden
I, 104): De hurman fragede vorder, dewile gy lant-
heren ju vormenen to untschuldigen, wardorch
kumpt dan de orsake her, dat de gemene husman
soe vorarmet und nicht kan tovoren kamen, darup
he antworde, wor dat yn Fresland vor velen jaren
ein olt, vorstendich maen wer gewest. Desulve hadde
gesecht, dat nae syner tyt de gemene Vresen dorch
drierleie orsake yn vordarfliken schaden schulden
kamen, dat is dorch veide und krich, de engelsche
lappe und de hamborger tappe... — Über die z. T.
unvorstellbar reich mit Gold und Silber ausgestat-
teten ostfriesischen Trachten im einzelnen s. JbE
10, 2 (1893) mit den Bildern aus der 1561 von Unico
Manninga eingeleiteten Lützburger Hauschronik.
Vgl. noch W. Lüpkes, Ostfriesische Volkskunde 2.
1925, 46 ff.

95 = Hochzeiten; vgl. Doornkaat Koolman III,
518f.; Schiller und Lübben V, 608.

96 Das auch schon früher übliche kirchliche Aufgebot

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