Grafschaft Ostfriesland.
2. De olderen, vormunderen und frunden sollen
öhre kinder und pupillen nicht ehelyck laeten wer-
den, wen se noch to junk und klein sind, ock suß
unduchtig, dat ehelycke levend ehrbarlyck 10 to voe-
ren 11, gelyckfalß sollen ock alle ander jungen lue-
den, de nene olderen noch vormunderen hebben, vor
rechter tydt nicht to ehe grypen, up dat ehrbarheit
und tucht erholden, de bedelsack und armoet ver-
mydet und Gades ordnunge nicht tom spott der
menschen gemaeket werde.
3. De olderen, vormunderen und frunden sollen
öhrer kinder und pupillen, so to öhren vullen jahren
gekohmen und tom ehestand duchtig sind, tor ehe
to beforderen, niet versuemen, ock des bruedtschat-
tes halven, ehelick to werden, se nicht verhinderen,
darmit den jungen lueden nicht orsaeke werde ge-
geven to klagen, edder ahne der olderen und vor-
munderen vorweten, to dersulven verdriet und öhren
eigenen unheil, sulvest tor ehe to 12 gripen.
Welcken personen verloevet 13 edder nicht
verloevet sy, syck miteinander to
vermahlen.
1. Die olderen, vormunderen und frunden sollen
im freyen der jungen lueden flytich darup acht ge-
ven, dat nene ehestand in den van Godt verboden
graden der bloetfrundschap und der schwagerschap
folgt dort auf Verlangen derer, die das Sorgerecht
für die jungen Leute haben. Vgl. CR 38, 1, 105;
COpp II, 346.
10 Ostfr. Monatsbl.: erelyck.
11 Die Genfer Eheordnung verbietet die Abschließung
eines Ehevertrages durch die Väter und Vormünder,
bevor die Kinder alt genug sind, „de le confermer“
(CR 38, 1, 106; COpp II, 347). Ausgeschlossen wer-
den sollte offenbar die Möglichkeit der väterlichen
Genehmigung eines Eheabschlusses ohne Konsum-
mationsfähigkeit der Kinder; vgl. W. Köhler,
Zürcher Ehegericht und Genfer Konsistorium II.
1942, 642. In derselben Richtung lag auch das „im-
pedimentum aetatis“ des kanonischen Rechts. Die
kath. Kirche forderte als Bedingung eines gültigen
Ehekonsensus das entsprechende Verständnis und
die gegenwärtige geschlechtliche Reife: Corp. iur.
can., Decret. Greg. IX. lib. IV, tit. I, cap. 25
(Friedberg II, 670); ebd. tit. II, passim (aaO.
672ff.); vgl. J. B. Sägmüller, Lehrbuch des kath.
Kirchenrechts II 3. 1914, 148f.; auch E. Fried-
berg, Lehrbuch des kath. und ev. Kirchenrechts 6.
[Lev 18, 6ff.] upgerichtet werde, darmit nene bloet-
schande, welcke ein gruwel is vor de ogen des aller-
hochsten, under den volken Gades werde begangen.
Hierto sollen ock alle andere personen, die öhre
eigene 14 gewalt sind, gelyckfalß mit ernst verplich-
tet und verbunden syn.
2. In godtlycken und natuerlycken rechten is ver-
boeden, dat nene person, die der anderen in linea
recta, dat is in der upstigenden edder afstigenden
linien, vorwandt is, desulve tor ehe nehmen moege.
Darumme sollen nene olderen sick mit öhren kin-
deren, noch grotevader und - moeder mit öhren kin-
deskinderen, noch ock ouergrotevader und -moeder
mit ohren kindeskindeskinderen, und so vordan, bet
in infinitum, ehelyck sick vereinigen 15.
3. Ock is in godtlycken und natuerlycken rechten
verboeden, dat in collateralibus, dat is, in den sydt-
linien, nene person in dem ersten graedt, nöment-
lyck neen broder mit syn suster, ock nene person im
anderen graedt in der 16 ungelycken linien, nöment-
lyck nene kinder mit öhres vaders edder moeder
broeder offte vaders edder moeder suster, sick ehe-
lyck vermahlen mögen. Gelyckfals iß den ohmen
und moyen 17, dat is, des vaders und der moeder
broder und suster, verboden, mit broder- offte suster-
kinderen noch mit dersulven kindeskinderen und
anderen folgenden descendenten, bet in infinitum,
einigen ehestand uptorichten. Wente 18 ohmen und
1909, 440; W. M. Plöchl, Geschichte des Kirchen-
rechts II. 1955, 279. Das Verlöbnis konnte nach ka-
nonischem Recht der Eheschließung freilich lange
Zeit vorausgehen, während die Emder und die Gen-
fer Eheordnung die Verlobungszeit sehr kurz befri-
sten (vgl. unten S. 531 mit Anm. 50), so daß ein ent-
sprechendes impedimentum aetatis auch schon bei
der Verlobung zu berücksichtigen war.
12 Ostfr. Monatsbl.: „to“ fehlt.
13 = erlaubt; vgl. Doornkaat Koolman I, 454;
Schiller und Lübben V, 398; Lasch und Borch-
ling I, 871.
14 Ostfr. Monatsbl.: ehrer eigen.
15 Entsprechend Corp. iur. civ., Inst. I, 10, 1 (Ausgabe
v. P. Krueger, Th. Mommsen, R. Schoell I 15.
1928,4); Pandect. 23, 2, 53 (aaO. 333); Cod. Iust.
V, 4, 17 (aaO. II 9. 1915, 196). Sachlich auch in der
Genfer Eheordnung (CR 38, 1, 109; COpp II, 349).
16 Ostfr. Monatsbl.: dre.
1 7 = Muhmen, Tanten; vgl. Doornkaat Koolman
II, 614; Schiller und Lübben III, 110.
18 = Denn; vgl. oben S. 363, Anm. 20.
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2. De olderen, vormunderen und frunden sollen
öhre kinder und pupillen nicht ehelyck laeten wer-
den, wen se noch to junk und klein sind, ock suß
unduchtig, dat ehelycke levend ehrbarlyck 10 to voe-
ren 11, gelyckfalß sollen ock alle ander jungen lue-
den, de nene olderen noch vormunderen hebben, vor
rechter tydt nicht to ehe grypen, up dat ehrbarheit
und tucht erholden, de bedelsack und armoet ver-
mydet und Gades ordnunge nicht tom spott der
menschen gemaeket werde.
3. De olderen, vormunderen und frunden sollen
öhrer kinder und pupillen, so to öhren vullen jahren
gekohmen und tom ehestand duchtig sind, tor ehe
to beforderen, niet versuemen, ock des bruedtschat-
tes halven, ehelick to werden, se nicht verhinderen,
darmit den jungen lueden nicht orsaeke werde ge-
geven to klagen, edder ahne der olderen und vor-
munderen vorweten, to dersulven verdriet und öhren
eigenen unheil, sulvest tor ehe to 12 gripen.
Welcken personen verloevet 13 edder nicht
verloevet sy, syck miteinander to
vermahlen.
1. Die olderen, vormunderen und frunden sollen
im freyen der jungen lueden flytich darup acht ge-
ven, dat nene ehestand in den van Godt verboden
graden der bloetfrundschap und der schwagerschap
folgt dort auf Verlangen derer, die das Sorgerecht
für die jungen Leute haben. Vgl. CR 38, 1, 105;
COpp II, 346.
10 Ostfr. Monatsbl.: erelyck.
11 Die Genfer Eheordnung verbietet die Abschließung
eines Ehevertrages durch die Väter und Vormünder,
bevor die Kinder alt genug sind, „de le confermer“
(CR 38, 1, 106; COpp II, 347). Ausgeschlossen wer-
den sollte offenbar die Möglichkeit der väterlichen
Genehmigung eines Eheabschlusses ohne Konsum-
mationsfähigkeit der Kinder; vgl. W. Köhler,
Zürcher Ehegericht und Genfer Konsistorium II.
1942, 642. In derselben Richtung lag auch das „im-
pedimentum aetatis“ des kanonischen Rechts. Die
kath. Kirche forderte als Bedingung eines gültigen
Ehekonsensus das entsprechende Verständnis und
die gegenwärtige geschlechtliche Reife: Corp. iur.
can., Decret. Greg. IX. lib. IV, tit. I, cap. 25
(Friedberg II, 670); ebd. tit. II, passim (aaO.
672ff.); vgl. J. B. Sägmüller, Lehrbuch des kath.
Kirchenrechts II 3. 1914, 148f.; auch E. Fried-
berg, Lehrbuch des kath. und ev. Kirchenrechts 6.
[Lev 18, 6ff.] upgerichtet werde, darmit nene bloet-
schande, welcke ein gruwel is vor de ogen des aller-
hochsten, under den volken Gades werde begangen.
Hierto sollen ock alle andere personen, die öhre
eigene 14 gewalt sind, gelyckfalß mit ernst verplich-
tet und verbunden syn.
2. In godtlycken und natuerlycken rechten is ver-
boeden, dat nene person, die der anderen in linea
recta, dat is in der upstigenden edder afstigenden
linien, vorwandt is, desulve tor ehe nehmen moege.
Darumme sollen nene olderen sick mit öhren kin-
deren, noch grotevader und - moeder mit öhren kin-
deskinderen, noch ock ouergrotevader und -moeder
mit ohren kindeskindeskinderen, und so vordan, bet
in infinitum, ehelyck sick vereinigen 15.
3. Ock is in godtlycken und natuerlycken rechten
verboeden, dat in collateralibus, dat is, in den sydt-
linien, nene person in dem ersten graedt, nöment-
lyck neen broder mit syn suster, ock nene person im
anderen graedt in der 16 ungelycken linien, nöment-
lyck nene kinder mit öhres vaders edder moeder
broeder offte vaders edder moeder suster, sick ehe-
lyck vermahlen mögen. Gelyckfals iß den ohmen
und moyen 17, dat is, des vaders und der moeder
broder und suster, verboden, mit broder- offte suster-
kinderen noch mit dersulven kindeskinderen und
anderen folgenden descendenten, bet in infinitum,
einigen ehestand uptorichten. Wente 18 ohmen und
1909, 440; W. M. Plöchl, Geschichte des Kirchen-
rechts II. 1955, 279. Das Verlöbnis konnte nach ka-
nonischem Recht der Eheschließung freilich lange
Zeit vorausgehen, während die Emder und die Gen-
fer Eheordnung die Verlobungszeit sehr kurz befri-
sten (vgl. unten S. 531 mit Anm. 50), so daß ein ent-
sprechendes impedimentum aetatis auch schon bei
der Verlobung zu berücksichtigen war.
12 Ostfr. Monatsbl.: „to“ fehlt.
13 = erlaubt; vgl. Doornkaat Koolman I, 454;
Schiller und Lübben V, 398; Lasch und Borch-
ling I, 871.
14 Ostfr. Monatsbl.: ehrer eigen.
15 Entsprechend Corp. iur. civ., Inst. I, 10, 1 (Ausgabe
v. P. Krueger, Th. Mommsen, R. Schoell I 15.
1928,4); Pandect. 23, 2, 53 (aaO. 333); Cod. Iust.
V, 4, 17 (aaO. II 9. 1915, 196). Sachlich auch in der
Genfer Eheordnung (CR 38, 1, 109; COpp II, 349).
16 Ostfr. Monatsbl.: dre.
1 7 = Muhmen, Tanten; vgl. Doornkaat Koolman
II, 614; Schiller und Lübben III, 110.
18 = Denn; vgl. oben S. 363, Anm. 20.
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