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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0562
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Grafschaft Ostfriesland

und pupillen sorge dragen, dat se nicht mit einer
unfreyen, lyffeigenen, unehrlycken 29, ungedoepten
und einer unrichtigen religion person ehelyck ver-
haftet werden, up dat solcker orsaeken halven nene
beschweringe by der kercken offte by den ehegerich-
ten 30, ock twischen den ehelueden sulvest und ehren
kinderen nene moye, ungemack und entfrembdunge
van der wahren religion erfolge 31.

8. Niemand soll syne kinder offte pupillen mit ge-
walt edder hardicheit 32 dwingen, an einige personen
tom ehestande sick to verloeven, daran se nene lust
noch gefallen hebben 33, sonder sollen sie, sovele
mogelyck, mit guden und bescheiden reden daerto
bewegen, welcke se achten, ehn ehrlyck und nutte
to wesen.

Wo die ehelycke loffte 34 to maeken.

1. By allen ehelycken lofften sollen tom wenig-
sten twee edder dree ehrlycke männer ut der frund-
schap offte naberschap gefordert werden, die flytich
daerop sehen sollen, dat alles ehrlyck, ordentlyck
und 35 in der fruchten Gades verhandlet werde, und

29 Ostfr. Monatsbl.: unehelycken.

30 Ostfr. Monatsbl.: dem ehegerichte. — Zum ostfriesi-
schen Ehegericht s. Einleitung, oben S. 355.

31 Auch Calvin hielt eine religiöse Mischehe nicht für
verboten; aber er billigte sie auch nicht. Vgl.
W. Köhler, aaO. 646ff.

32 = Härte; vgl. Doornkaat Koolman II,39;
Schiller und Lübben II,206.

33 Auch die Genfer Eheordnung verbietet den Vätern,
die Kinder zu einer Heirat zu zwingen (CR 38, 1,
106; COpp II, 347). Dies entspricht auch kanoni-
schem Recht (impedimentum vis et metus): Corp.
iur. can., Decret. Greg. IX. lib. IV, tit. I, cap. 13ff.
(Friedberg II, 665ff.); vgl. J. B. Sägmüller,
aaO. 142ff.; auch E. Friedberg, aaO. 428f.; W.
M. Plöchl, aaO. II, 276f.

34 Loffte = Gelübde; vgl. Schiller und Lübben II,
734 f.

35 Ostfr. Monatsbl.: „und“ fehlt.

36 = Zeugen; vgl. Schiller und Lübben II, 90.

37 Arra = Handgeld, das gezahlt wird, um einen Kauf-
vertrag zu schließen, äußeres Zeichen bei Vertrags-
abschluß, auch eines Ehevertrages, dabei häufig der
Ring; vgl. Deutsches Rechtswörterbuch I (1914-
1932), 832; zur Geschichte nach deutschem und
kanonischem Recht R. Sohm, Das Recht der Ehe-
schließung... 1875, 27ff. 53ff.

38 Die KO von 1594 bezeugt die Sitte, zu den Ver-
lobungen einen Prediger zu bitten; vgl. oben S. 495.

darna by der inschrivinge der jungen lueden alß ge-
tuegen 36 vor dem secretario der stadt erschienen.

2. Alle lofften sollen uprichtig, schlicht und ahne
eenige angehangene condition geschehen und mit ein
arra 37 edder trouwpand, dat se sick undereinander in
jegenwordicheit einige beydersydts frunde edder an-
deren ehrbaren personen 38 geven, befestiget werden.

3. Nene mans- noch frouwespersonen sollen sick
understaen, dorch heimelycke koppeley gueder lue-
den kinder ahne ihrer olderen edder vormunderen
vorweten tosahmentovoeren, umme leeve tußchen
densulven to 39 verwecken edder sick undereinander
to trouwen 40 und byschlaep to maeken. Daer averst
jemand deßfalß angekleget und avertueget worde,
de soll mit einer arbitrallstraffen gestraffet werden 41.

Wo die lovelbieren to holden syn 42.

Wann de eheloffte gescheen, sall denen, so lovel-
bier holden willen, verloevet syn, ein avendmahltydt
to geven, averst sollen nicht mehr alse vor den mid-
delmätigen einen disch und vor den vermoegenden
twee dißche, tom hochsten twelf personen to einen

39 Druckvorlage: „to“ fehlt. Ostfr. Monatsbl. wie der
Text.

40 = zu heiraten; vgl. oben S. 404, Anm. 79.

41 Die Genfer Eheordnung sieht für Kuppler eine drei-
tägige Gefängnisstrafe bei Wasser und Brot vor (CR
38, 1, 105f.; COpp II,346).

42 Dies Kapitel hat in der Ordnung von 1607 folgen-
den Wortlaut: Wen de ehegeloffte gescheen, sol den,
so lovelbier holden willen, verlövet syn, ein avent-
maltydt to geven. Se sollen overst darto nicht mehr
als de negesten frunde, nömlick ehre kinder, vader
unde moeder, ohmen unde möyen, susteren und brö-
deren unde enige negeste naberen nödigen. Dar overst
solcke frunde nicht verhanden, mögen de, so willen,
ander gude lüde nödigen, doch dat die ganze tall
boven vehrentwintich personen nicht gan sol, unde
sollen nicht mehr tom högesten als vyfferley gerich-
ten unde d’ sulve to einem mael eins vor al anrichten
laten unde die maeltydt to negen uhr endigen. Unde
sol ydermennichlick in guder tucht, meticheit unde
stillicheit, ahne danzen und ander uppicheit sick ver-
holden, poena yderen 5 gulden und den bruydegam,
so he darin consenteert, 10 gulden, unde des nachtes
to twelf uhren, wenn de schenker ankloppet, sich
wedderum na huß verfögen, poena 3 gulden einen
yderen person. - 2. Na geholdenem lovelbier bet tom
kerkgank sollen sick nene junge dochteren in groter
mennichte by der brudt versamlen. Ock sol de brudt
under dersulven gemelten tydt nene maeltydt, ban-

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