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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0566
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Grafschaft Ostfriesland

2. To der brudtlacht sall men alleine die sibbesten
frunden und weinig andere laden, also dat die vor-
nehme lueden nicht over sestich, die middelmätigen
nicht over veertich, die andere gemeine lueden nicht
over vierundtwintich personen bidden und laden sol-
len; poena, so mennich person daraver 92 geladen,
kumpt 5 gulden. Und soll niemand, der nicht ge-
laden is, mank den luchtendrageren edder sunsten
inslicken und sick inflicken 93, poena in der gefeng-
nuß ingetagen und mit ein arbitrallstraffe belegt to
werden 94.

3. Die brulachtsmahltydt soll des Sondages nicht
up dem middage, sonder alleine des avends angestif-
tet und geholden werden 95, und alle, de tor sulven
komen willen, sollen to seß uhren tor stede des brud-
lachts 96 jegenwordich syn, und soll die mahltydt
dann ock daetlyck mit einem gebedt to Godt an-
gefangen und mit einer danksagung und loffsank vor
tein uhren geendiget werden, poena 5 goltgulden 97.

4. Idt soll men tweemalen in den brudtlachten an-
gerichtet und jedesmal men dree in desem lande ge-
brucklycke gerichten tom allerhochsten upgedragen

92 Ostfr. Monatsbl.: dar.

93 Ostfr. Monatsbl.: inslirken.

94 In der Ordnung von 1607 hat dieser Absatz folgen-
den Wortlaut: 1. To der brudtlacht sol men alleine
de sibbesten frunde unde weynich andere laden, also
dat vorneme lüden tom högesten nicht over hondert,
demiddelmetigen nicht over söventich unde die ander
gemene lüden nicht over dertich personen bidden und
laden sollen. Poena, so mennich person darover ge-
laden, kumpt ein daler. Ock sal niemand, de nicht
geladen is, mit mummerey edder anderem narren-
werk mede inslycken unde sick inflicken, poena mit
einer arbitralstraffe belecht edder in de gefenkniße
ingetogen to werden.

95 Diese Bestimmung findet sich schon in der gräflichen
Polizeiordnung von 1545; vgl. oben S. 408.

96 Ostfr. Monatsbl.: bruetnachtz.

97 In der Ordnung von 1607 lautet der Absatz folgen-
dermaßen: 2. Die brudtlachtmaeltydt sol des Son-
dages edder up ander predigdagen nicht up dem mid-
dage, sunder allein des avendes angestiftet unde ge-
holden werden, unde alle, die to dersulven komen
willen, sollen vor seß uhren tor stede der brudtlacht
jegenwordich syn, unde sol de maeltydt stracks to
seß uhren mit einem gebedt to Godt angefangen unde
met einer danksegginge unde loffsank to negen uhren
geendiget werden, poena 5 goldgolden.

98 = Nüsse; vgl. Doornkaat Koolman II, 662;
Schiller und Lübben III, 197f.

99 = Feigen; vgl. Schiller und Lübben V, 251;
Lasch und Borchling I,717.

werden. Darna mag botter, kese und na eines jedern
gelegenheit appel, noeten 98, fygen 99, rosynen, kra-
kelingen 1, eyerkoeken und sonsten angedeenet 2 wer-
den. Averst andere grote banketten, sucker ge-
backen, marsepeinen und dergelyken sollen in nenen
borgerlyken brudtlachten 3 up- und vorgedragen wer-
den, poena vyff goltgulden 4.

5. De borger mogen in öhren bruidtlachten fremb-
de bieren, die en beleeven, und so se willen, by dem
anderen anrichten 5 wyn medeschenken, und under
der maeltydt noch na dersulven, wo ock in der gan-
zen tydt der wehrenden bruidtlacht 6, soll niemand
einem anderen wyn edder bier by maten todrinken
noch melkander dringen, um bescheid to doen, son-
dren einem jedern frey laeten, so veele to drinken, alß
eme gefelt, up dat gulsicheit 7 und drunkenschap,
darut ein unordentlyck wesen volget, by den christ-
lycken bruidtlachten mehr gesehen 8 noch gespoeret
werden, poena 5 goltgulden 9.

6. Darmit ock der jöget nene orsaeke to nacht-
sitten und idelheit gegeven werde, so soll dat dan-
zen spelen, danzen 9a, uppicheit und alle andere nar-

1 = hartgebackene Brezeln oder Kringel; vgl. Doorn-
kaat Koolman II,339.

2 = angeboten; vgl. dazu oben S. 466, Anm. 2.

3 Ostfr. Monatsbl.: bruidtnachten.

4 In der Ordnung von 1607 lautet der entsprechende
Absatz folgendermaßen: 3. Idt sol men einmael in
den brudtlachten angerichtet unde nicht mehr als seß
verscheyden gerichten tom allerhögesten upgedragen
werden. Darna mach botter, keese unde na eines
yderen gelegenheit appel, nöten, fygen, rosinen,
kraecklingen, eyerkoken unde sunsten angedenet
werden.

5 Ostfr. Monatsbl.: gerichte.

6 Ostfr. Monatsbl.: bruetnacht.

7 = Gefräßigkeit, Gierigkeit; vgl. Schiller und
Lübben II, 165.

8 Ostfr. Monatsbl.: by der christlycken bruetnachten
nicht gescheen.

9 Die Numerierung der folgenden Abschnitte fehlt im
Ostfr. Monatsbl.

9a Offenbar im Gefolge dieses Passus der Eheordnung
wurde dem Organisten und Stadtspielmann Corne-
lius Conradi (vgl. Einleitung, oben S. 345 f.) am 27.
Juni 1596, also einen Tag nach Erlaß der Eheord-
nung, das Privileg, bei Hochzeiten aufzuspielen
(vgl. oben S. 477f.,Anm. 14), entzogen. Vgl. Brief
Conradis vom 24. November 1596 an den Rat, mit
dem er u. a. auch aus diesem Grund seinen Dienst zu
Ostern 1597 aufsagt: ...Und aver desen allen sint
my myne accidentalia, als de warschuppen, vergan-
gen 27ten Junii deses 96ten jars enttagen, all hoe-

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