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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0624
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Grafschaft Ostfriesland

unser diener dise nachfolgende weise als die dienlich-
ste zur erbauung unser gemeine: Am tag des ge-
meinen fastens und bettens wird die gemeine durch
den predicanten vermanet, daß ein jeder (anruffende
den namen Gottes) ernstlich bey ihm selber uber-
lege, welchen er zu disem dienst allermeist nutz
und geschickt ohne einige fleischliche oder mensch-
liche affecten vermeinet zu sein, und daß er deren
namen den dienern und eltesten der gemeine die
ganze nachfolgende woche lang schriftlich uber-
gebe 41. Die nachfolgende woche komen die diener,
eltesten und diacken 42 zusammen und besehen unter
ihnen die versamlete stimmen der ganzen gemeine.
Und als sie nun erwogen haben v welche durch den
mehren teil der stimmen beruffen werden, so gibt
ein jeder diener nach ernstlicher anruffung des gött-
lichen namens, einer nach dem andern, seine stimme
und bereden sich von der wahl ernstlich und weiß-
lich w untereinander, biß daß sie endlich derselbigen
verglichen sind 43. Und im falle, daß niemand unter
ihnen ist, der etwas hett, daß die vorgenommene x
erwehlung verhindern oder in zweifel bringen
möchtey, und wenn dise wahl also (sag ich) z unter
den dienern eintrechtig geschehen ist, so werden die-
jenigen, so erwehlet sind, zu der versamlung der
eltisten und diaken beruffen und wird ihnen der
ganze stand des diensts vorgehalten, zu welchem
sie beruffen sind; da werden ihre herzen ernstlich
untersucht, wie sie darzu geneigt sind. |
f. 11 Wo sie dann keine bestendige a entschuldigung
fürbringen, dardurch sie den fürgestelten dienst ab-
schlagen können, sonder ihre beruffung vielmehr
bewilligen, so werden den nechsten Sontag zu end

der morgenpredigt ihre namen offentlich durch den
diener von der kanzel für der ganzen gemeine ver-
kündet, und sie werden gestellet an solches ort, da
sie leichtlich von der ganzen gemeine können gese-
hen werden. Und denn erkläret der diener von der
kanzel dem volk, daß diese männer, nach ernstlicher
uberlegung und probieren der stimmen von der ge-
meine, zu disem dienst mit zeitigem und ernstlichem
ratschlag aller dienern beruffen sind, und daß ohne
einige eigene affecten, sonder allein zu befürderung
der ehren Gottes in seiner gemeine, und daß es die
diener auf dißmal bedunket, daß diese die geschick-
sten sind, solchen dienst der gemeine zu bedienen.

Und ferner, auf daß niemand auß der gemeine diser
wahle sich billich zu beklagen hab, so wird abermals
der gemeine zugelassen, die ganze nachfolgende
woche sich zu beratschlagen, auf daß ein jeder bey
ihm selber uberlege, ob er in den beruffnen etwas
befinde, darumb sie entweder in lehre oder leben von
dem dienst, darzu sie beruffen sind, mit recht möch-
ten abgehalten werden. Und wo jemand auß der
gemeine etwaß wurde haben, so wird er vermanet,
daß er dasselbige in der wochen für dem folgenden
Donnerßtag den dienern oder eltisten eigentlich in
der furcht des Herren vorbringe, auf daß in der
nechsten versamlung der eltisten ein ernstlige und
zeitige undersuchung der beschüldigung gehalten
werde 44.

So denn in der obgemelten wochen etwas wider
die erwelten fürgebracht | wird, dardurch ihr beruff f. 12
mit recht in zweifel gestellet wird, so werden die-
selbigen (nachdem die sach durch die eltesten und
diener ernstlich erforschet ist), so also beschüldigt

Cap.III

v) Und als sie nun erwogen haben] N: Ende aen-
ghesien hebbende de namen der ghener

w) ernstlich und weißlich] N: rijpelick

x) N (vorgenommene)

y) verhindern... möchte] N: in eenighe twyfelach-

ticheit soude moghen brengen: oft daer doer de ghene
die vercoren sijn, van den dienst ten rechten souden
moghen achtergehouden wesen z) N <(sag ich)>

a) bestendige] N: wettelicke

41 Eine ähnliche Ordnung versuchte man später in
Emden zeitweise bei der Wahl der Ältesten zu befol-
gen; vgl. oben S. 498, Anm. 88. - Die ersten Prediger-
bestellungen in der Londoner Gemeinde im Jahr
1550 vollzogen sich begreiflicherweise nicht in den
Formen, wie sie in unserer KO beschrieben werden

(vgl. oben S. 581, Anm. 6). A Lasco teilt Bucer am
12. Oktober 1550 jedoch mit: Ad octavum diem ego
me ipse coram ecclesia sistam, ut audiam num me
pro suo ministro habere velit; itidem faciet et Mar-
tinus Flander collega (C. Hopf, 149; J. V. Pol-
let, 277).

42 Auch in Emden kannte man bei der Prediger- und
Diakonenwahl, zeitweise auch bei der Ältestenwahl,
dieses größere Gremium; vgl. oben S. 480 ff. mit Anm.
4; S. 458 mit Anm. 34; S. 506; S. 497 f., Anm. 86-88.

43 Ähnlich Bucer 1538, Punkt 3 (Zustimmung der gan-
zen Gemeinde, Anleitung der Wahl durch die Älte-
sten);vgl. oben S. 482,Anm. 4. Entsprechend auch
Calvin, Inst. 1543; vgl. oben S. 565f. mit Anm. 5.

44 Befragung der Gemeinde nach Mängeln der Gewähl-
ten bei Bucer Punkt 4; vgl. oben S. 482, Anm. 4.

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