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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0644
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Grafschaft Ostfriesland

zigen und begraben, auf daß wir in einem neuen le-
ben durch die kraft des heiligen Geistes allezeit je
mehr und mehr auferstehen mögen. Und wenn wir
etwa auß schwacheit in sünden fallen und uns durch
den last der sünden im gewissen beschweret finden,
sollen wir doch nicht verzweiflen noch falsche mittel
der vergebung der sünden suchen, sonder sollen
allezeit durch unsern tauf erinnert werden, unsere
zuflucht zu Gott dem Vater zu haben, und im glau-
ben versichert sein, das wir, so wir warhaftige reu
unser sünden haben, davon durch Christum Jesum
allein sollen gereiniget werdent Darumb welcher
getauft ist und noch fleischlich nach der welt lebet
oder vergebung der sünden ausserhalb Christo Jesu
a Heb. 10 [29] suchet, (a) der tritt seinen tauf, ja, das blut unsers
f. 47 Herren Jesu Christi mit füssen. | Derhalben sollen
wir alle diese stück in dem brauch des taufs ernstlich
betrachten, so wir anders in außspendung und be-
trachtung des taufs einige besserung begeren u.

Und wiewol unsere kindlein diese obgemelte stück
nit können verstehen und noch viel weniger außrich-
ten, so mach man ihnen dennoch darumb von dem
tauf des wassers nit wehren. Denn in dem tauf (wie
a Rom. 4 sunst in allen andern sacramenten) (a) müssen wir

vornemlich ansehen das werk Gottes gegen uns,
nemlich unsere und unsers samens gnedig aufne-
mung in die gnade Gottes durch Christum, zu wel-
cher gnaden unsere kinder laut der verheissung
Gottes auch gehören. Dieweil dieselbige nun den
heiden mit den Juden gemein ist, so mag man ihnen v
von dem sigel derselbigen gnaden, nemlich von
dem tauf, nit wehren. Sovil aber belangt ihre an-
geborne natürliche schwachheit, durch welche sie
ihr gebürlich w ampt nit volbringen x noch tun kün-
nen, daß wird ihnen durch Jesum Christum zur ver-
damnuß nit zugerechnet, durch welchen sie in dem
bund Gottes sind, wie das die heilige y schrift be-

t) sollen gereiniget werden] N: altijt vergiffenisse
verweruen sullen

u) so wir... begeren] N: willen wy eenichsins in sijn
wtrechtinghe ende ouerdenckynghe ghesticht wesen

v) ihnen] N: de kinderen w) N <gebürlich>

x) volbringen] N: bekennen y) N (heilige)

z) Zu der zeit] N: Ende

a) füren... trugen] N: straften de bringers

b) ward er unwillig] N: nam het qualick

c) er herzet sie] N: doen hy’se omghehelst hadde

zeuget. Denn erstlich spricht Gott zu Abraham und

in ihme zu uns allen auf diese weise: Ich (a) wil a Gen. 17 [7]

(spricht er) aufrichten meinen bund zwischen mir

und dir und zwischen deinem samen nach dir in sei-

nem geschlechte mit einem ewigen bund, daß ich

dein Gott sey und der Gott deines samens nach dir.

Disen bund Gottes hat Christus in seiner gemeine
nicht hingenomen, sonder hat vilmehr ([b] dieweil b Gal.2[Coloss.
er das außwendige werk der beschneidung in das 2, 11ff.]
wasserbadt verendert) den bund der gnaden, wel-
cher zuvor (durch | das zeugnuß der beschneidung) f. 48
die Juden allein begreiff, durch die verkündigung
des evangeliums und das zeugnuß des taufs (a) uber a Mat.28[18ff.]
alle creaturen in die ganze welt außgebreitet 27. Ephe.3[6ff.]
Denn die heiden sind miterben eines leibs und teil-
haftig der verheissung in Christo durch das evan-
gelium. Und auf daß wir eigendlich wissen sollen,
daß unsern kindern die evangelische verheissung
zukomme und also daß sigel derselbigen in der ge-
meine empfangen sollen, so hat Christus dasselbige
mit worten und werken an den kindern beweisen
wollen, wie man bey dem evangelisten Marco in
dem 10. cap. [13-16] liset: Zu der zeit z brachten
sie kindlein zu Jesu, daß er sie anrürete, aber die
jünger füren die ahn, die sie trugen a. Da es aber
Jesus sahe, ward er unwillig b und sprach zu
ihnen: Lasset die kindlein zu mir kommen und we-
ret ihnen nicht; denn solcher ist das reich Gottes.

Warlich ich sage euch, wer das reich Gottes nicht
empfahet als ein kindlein, der wird nicht hienein-
kommen. Und er herzet sie c und leget die hende auf
sie und segnet sie 28. Auß diesem exempel und worten
Christi, unsers Herren, ist es klar, daß unsere kind-
lein ihm angenem sind und im bund Gottes stehen
und derhalben auch das sigel des bunds empfahen
sollen.

Dieweil nu nit die auflegung der hende, (a) sonder a Mat.28[18ff. ]
Marc.16[15f.]

27 Derselbe Gedanke findet sich in Calvins Taufvermah-
nung (CR. 34, 188; COpp II, 33); danach bei Poul-
lain, Liturgia sacra (Bl. 19v/20r).

28 Auch bei Calvin erscheint die Geschichte von der
Segnung der Kinder im Rahmen der Taufvermah-
nung, freilich nach Mt 19, 13-15 (CR 34, 188; COpp
II, 33f.); danach bei Poullain, Liturgia sacra (Bl.

20 r).

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