Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0679
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Microns Ordinancien (1554) 1565

Ein vermanung zu dem gefallenen und bußwir-
kenden bruder nach seiner bekentnuß.

Wir haben, meine brüder, euwere bekentnuß ge-
höret und danken Gott vor diese euwere besserung,
durch welcke ihr nicht so sehr euch selbst als den
teufel verschemet habt. Denn wir uberwinden als-
dann den teufel erst recht und tretten ihn mit unsern
füssen, wenn wir uns unserer sünden mit anruffung
der gnaden Gottes und einer gewissen hoffnung der
vergebung derselbigen in Christo Jesu beschuldigen.

Bekennet denn, das diß ein sonderlicke woltat
Gottes h sey, daß ihr euch selbs also euwerer sünden
offentlich beschuldiget habt; denn es nit euwer,
sonder des Herren werk ist, der das durch seinen
Geist gewirket hat zur ehren seines göttlichen na-
mens, zu euwerer seligkeit und der besserung 1 seiner
gemeine. Diß sollet ihr wol bedenken und euch hü-
f. 95 ten, daß ihr dise grosse | woltat nit zu euwer ewigen
verdamnuß mißbrauchet.

Es wird den teufel k sehr verdriessen, daß ihr ihn
also durch dise offentliche bekentnuß zu schanden 1
gemacht und mit füssen getretten habt, und darumb
wird er alle listen brauchen, wie er euch widerumb
in seine strick bringen möcht. So sehet den fleissig
zu, daß er hinfuro keinen platz an euch finde, auf
a Luc.11[24- daß das (a) leste nit erger werde denn das erste.

26] Bittet Gott one unterlaß m, daß er euch mit sei-

nem heiligen Geist regiere, sterke und beschirme und
b Eph. 5 euch alle die (b) wehr gebe, die uns n Paulus be-
schreibt, auf daß ihr durch den listigen anlauf des
c 1. Cor.l [9] teufels nicht uberfallen werdet. (c) Gott, der getreu
ist, wird euch beistehn, und gleich wie der teufel
nichts hat vermocht an unserm haupt Christo, also
wird er auch wider euch und uns alle nichts ver-
mögen.

Ein vermanung zu der gemeine.

Und ihr, meine brüder alle, wollet ein exempel an
disem unserm gefallenen und bußwirkenden bruder
nemen.

Zum ersten, daß ihr auch warhaftige reu euwrer
sünden habt.

Zum andern, daß ihr euch derselbigen halben vor
Gott beschuldiget und seine barmherzigkeit umb
gnade anruffet.

Zum letsten, daß sich ein jeder insonderheit vor
solchen sünden hüte, durch welche die gemeine ge-
ergert und der name Gottes gelästert wird. Wo aber
dasselbige gescheh (welches Gott durch seine gnade
verhüten wolle), daß alsden sich niemand scheme,
sich offentlich für der gemeine zu beschuldigen und
seine bekäntnuß zu tun und sich mit derselbigen zu
versünen, gleich wie uns ein exempel von dem | gegen- f. 96
wertigen bußwirkenden bruder nach dem wort Got-
tes gegeben ist. Welchem wir alleo von herzen ver-
geben sollen, darin er gegen uns oder die ganze ge-
meine gesündiget hat, wie wir von Gott vergebung
unser sünde begeren.

Niemand rucke ihm seine sünde auf, sonder emp-
fahe ihnp als seinen bruder. Und auf daß wir ein
offentliche zeugnuß unserer liebe und versünung mit
ihm geben, so lasset uns Gott, unsern himlischen
Vater, qanruffen und ihm vor seine reue danken mit
disen nachfolgenden worten:

Ein danksagung für die bekerung und versünung
des gefallenen bruders.

HerrGott, rhimlischer Vater, immerquelender
brun alles trostes und barmherzigkeit, wiewol wir
nit wirdig sind, von deinem angesicht s angesehen
oder erhöret und noch vil weniger vor deine kinder
gerechnet zu werden, dennoch, dieweil wir deine un-
ausprechliche güte und barmherzigkeit in deinem
eingebornen Sone Christo, unserm Herren, ansehen,
durch welchen du uns (die wir des ewigen todts
wirdig sind) nicht verderben läst, sonder widerumb
lieblich zu der buße t beruffest und uns die ganze
schuld unser sünden vergibst, widerumb in deine
väterliche gnade animst umb des verdienstes willen
deines lieben Sons Jesu Christi u:

h) Gottes] N: Christi des Heeren r) Herr Gott,] N: Onse

i) besserung] N: stichtinghe k) N + sonder twyfel s) von deinem angesicht] N: van v

l) zu schanden] N: beschaemt t) zu der buße] N: tot beternisse

m) one unterlaß] N: eenpaerlick n) N + de Apostel u) des verdienstes... Christi] N: ws Soens ende sy-

o) alle] N: allesins p) N + lieflick ner verdiensten wille

q) N (,unsern himlischen Vater, )

647
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften