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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0217
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Einleitung

9. Verpflichtungserklärung eines nach Wittenberg entsandten Studenten, 24. Juni 1533 (Text S. 257)
Wie der Revers von Kaspar Koltemann zeigt, unterstützte die Stadt Goslar Studenten an der Universität
Wittenberg, um geeignete Kandidaten für das Pfarramt zu gewinnen. Die Anregung dazu ging wohl von
Nikolaus von Amsdorf aus174. Dies läßt sich aus einem Schreiben des Goslarer Rates an Amsdorf vom 25.
März 1533 schließen, das in Auszügen bei Hölscher abgedruckt ist: Der beyden studenten halben meldung
thun, so in Wittemberg in der universität sollten von uns mit ziemlicher besoldung gehalten werden, das seyn wir
nochmals dem H. Worte zu eren nach allem vermogen geneigt. Halten auch deswegen zu disser zeit einen Johann
Fliet genant175 in unser besoldunge zu Wittemberg176.
Das „Album academiae Vitebergensis“ enthält für das 16. Jh. eine große Anzahl von Studenten aus
Goslar177. Kaspar Koltemann, der im Oktober 1533 das Studium an der Universität Wittenberg aufnahm,
war nur einer von ihnen. Entgegen der im Revers gegebenen Zusage trat er aber nicht in den Dienst der
Stadt Goslar, sondern wurde Pfarrer und wohl auch Superintendent in Münden bei Göttingen. Vielleicht
hing die Entscheidung gegen Goslar auch mit der schlechten Bezahlung der Pfarrer zusammen, die Amsdorf
mehrfach in seinen Schreiben an den Goslarer Rat beklagt178.
In der Gottesdienstordnung für das Münster von [1534/35] ist vorgesehen, die durch den Tod des Inha-
bers freiwerdenden Präbenden nicht wieder zu vergeben, sondern arme studenten tho orem studio darmede
thoforderen. Die Auswahl der Studenten sollten der Superintendent und der Rat gemeinsam treffen. Die
geförderten Personen mußten sich verpflichten, ausschließlich in den Dienst der Stadt Goslar zu treten
(Nr. 11, S. 263). In einem Mandat aus dem November 1539 gestattete der Rat den Söhnen aus Familien,
die ein Studium ergreifen wollten, aber nicht die nötige Unterstützung besaßen, über die Zinsen und Renten
zu verfügen, die ihre Vorfahren für geistliche Stiftungen aufgewandt hatten und die bis dahin in den Gemei-
nen Kasten geflossen waren (Nr. 14, S. 274).
10a. Bestallungsurkunde für den Superintendenten Eberhard Widensee, 8. September 1533 (Text S. 258) /
10b. Revers des Superintendenten, 2. Februar 1534 (Text S. 260) / 10c. Neuer Revers des Superintendenten,
3. Juni 1540 (Text S. 261)
In Goslar war die Superintendentur seit Einführung der Reformation stets mit dem Pfarramt an der
Marktkirche verbunden, der bedeutendsten Pfarrkirche der Stadt179. Gewählt wurde der Superintendent
vom Rat. In der von Amsdorf entworfenen Kirchenordnung von 1531 wird das Amt selbst nur kurz, im
ersten Teil der Ordnung behandelt: Demnach soll ohne Wissen und Willen des Superintendenten kein
Geistlicher auf seine Stelle gelangen. Die Pfarrer versprechen dem Superintendenten Gehorsam, die
Kapläne dem Superintendenten und dem jeweiligen Pfarrer. In die Hand des Superintendenten leisten die
Geistlichen auch den Eid auf die Artikel zur Predigt des Evangeliums und zur Meidung von Irrlehren. Der
Superintendent selbst gelobt, ohne die Zustimmung der Pfarrer keine Änderungen bei Lehre und Zeremo-
nien vorzunehmen (Nr. 7, S. 245).
Nach dem Tode von Johannes Amandus, des ersten Superintendenten der Stadt, Ende des Jahres 1530,
hatte Amsdorf dem Goslarer Rat zunächst den Magdeburger Pfarrer Johannes Fritzhans180 und dann, nach

174 Amsdorf selbst hatte zunächst in Leipzig und dann ab
1502 an der neugegründeten Universität Wittenberg stu-
diert und dort 1511 das Lizentiat der Theologie erworben.
Er lehrte an der artistischen Fakultät, deren Dekanat er
1510 und 1511 innehatte. In den Jahren 1513 und 1522
war er Rektor der Leucorea. Vgl. TRE, Bd. 2, S. 488f.
175 Hier ist wohl Johann Frintz gemeint, s. Album academiae
Vitebergensis, Ältere Reihe 1, S. 145.

176 Hölscher, Geschichte der Reformation, S. 116f.
177 Vgl. das Register in Album academiae Vitebergensis,
Ältere Reihe 3, S. 626.
178 Vgl. z.B. das Schreiben Amsdorfs vom 2. Juni 1531 in
StadtA Goslar B 4548.
179 Zur Marktkirche, die gleichzeitig die Ratskirche war, vgl.
oben S. 179.
180 Zu Johannes Fritzhans († 1540 in Magdeburg), einem ehe-

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