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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0195
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Einleitung

I. Die Stadt Goslar
A. Die Geschichte der Stadt
Goslar zählt zu den wenigen Reichsstädten im mittelniederdeutschen Sprachraum1. Ihre Blütezeit erlebte
die am nördlichen Harzgebirgsrand gelegene Stadt mit dem Rammelsberg und dem Steinberg als höchsten
Erhebungen während des Mittelalters. Entsprechend hat sich die Forschung lange Zeit auf die mittelalter-
liche Stadtgeschichte konzentriert. Erst in den letzten beiden Jahrzehnten hat die Zeit nach 1500, die
bislang überwiegend als eine Zeit der Erstarrung und des Niedergangs aufgefaßt wurde, in der Forschung
ein wenig mehr Beachtung gefunden2. Für die Reformationszeit ist man bislang aber immer noch auf die
Arbeit des Goslarer Gymnasialprofessors Uvo Hölscher (1847-1914) aus dem Jahr 1902 angewiesen3.
Nach der um die Mitte des 12. Jh. entstandenen Chronik des Annalista Saxo ist Goslar im Jahr 922 von
König Heinrich I. gegründet worden4. Urkundliche Erwähnung findet es aber erstmals im Jahr 1005, als
König Heinrich II. dem Adalbertstift in Aachen Zehnten von den königlichen Besitzungen in Walcheren,
Dortmund und Goslar zuwies5. Kurze Zeit später verlegte der König die Pfalz aus dem nordöstlich von
Goslar gelegenen Werla nach Goslar6. Hier hielt Heinrich II. mehrere Hoftage7 und in der Fastenzeit 1019
eine große, von zahlreichen Bischöfen und Erzbischöfen besuchte Synode ab8. Für die ersten Herrscher aus
dem Hause der Salier (Konrad II., Heinrich III.) war Goslar der bevorzugte Aufenthaltsort, in dem sie vor
allem das Weihnachtsfest verbrachten9. Unter Heinrich III. begann der Neubau des Pfalzpalastes mit sei-
nen beiden übereinanderliegenden Sälen, dessen heutiges Erscheinungsbild stark von den im 19 Jh. durch-
geführten Restaurierungen geprägt ist10. Nur wenig unterhalb der Pfalz gründete der Kaiser 1047 das Stift
St. Simon und Judas, das im 11. und 12. Jh. zu den bedeutendsten Reichsstiften gehörte. Vermutlich eben-
falls noch unter Heinrich III. entstand das Stift auf dem Petersberg11. Mit Heinrich IV. erlahmte dann das
Interesse der Herrscher an Goslar. Als letzter deutscher König weilte Wilhelm von Holland 1253 in der
Stadt am Rande des Harzes12.
Unterhalb des Rammelsbergs entstand wohl schon im 10. Jh. eine Siedlung von Bergleuten. Das soge-
nannte „Bergdorf“ besaß eine eigene Kirche, die möglicherweise zunächst dem Hl. Martin geweiht war,

1 In diesem Sprachraum gehören neben Goslar nur noch
Dortmund, Lübeck, Mühlhausen und Nordhausen zu den
Reichsstädten (vgl. Friedrich Metz, Die Reichs-
städte, in: Beiträge zur Wirtschafts- und Stadtgeschichte.
Festschrift für Hektor Ammann, Wiesbaden 1965, S. 27-
52, hier S. 29f.). Der Name „Goslar“ leitet sich von „Lich-
tung an der Gose“, einem die Stadt durchziehenden Fluß,
her (vgl. Ehlers, Anfänge, S. 54 mit Anm. 30).
2 Vgl. Kroker, Goslarer Verfassungsgeschichte, S. 123.
3 Uvo Hölscher, Die Geschichte der Reformation in
Goslar nach dem Berichte der Akten im Städtischen
Archive, Hannover 1902. Zu Hölscher, der neben seiner
Tätigkeit am Gymnasium noch ehrenamtlich das Stadt-
archiv betreute, vgl. Lohse, Dauer der Stiftung, S. 33
mit Anm. 118 und S. 35 mit Anm. 131 sowie den Nachruf
von Emil Straßburger in ZHVG 47(1914).
4 MGH SS 37, S. 137f.: vicum Goslariae construxit.

5 MGH DD (Diplomatum regum et imperatorum Germa-
niae) 3, Nr. 99, S. 123f. und Nr. 102, S. 127. Zu diesen
Urkunden vgl auch den Beitrag von Ehlers, Anfänge,
S. 49-52.
6 Vgl. Graf, Goslar im Mittelalter, S. 77. Zum letzten Mal
hielt sich Heinrich II. 1013 in der Pfalz Werla auf.
7 Regesta Imperii II,4 (Heinrich II.), Nr. 1866d, S. 1031,
Nr. 1897c-d, S. 1046f. und Nr. 1943 und 1944, S. 1066f.
8 Regesta Imperii II,4 (Heinrich II.), Nr. 1942a, S. 1066.
9 Vgl. Huschner, Aachen, S. 62f. und 72-74; Graf, Gos-
lar im Mittelalter, S. 79; Eva Rothe, Goslar als salische
Residenz, Diss. Berlin 1940, S. 23ff.
10 Vgl. Hillebrand, Goslar, S. 6f. und 33-35.
11 Vgl. Huschner, Aachen, S. 80.
12 Vgl. Graf, Goslar im Mittelalter, S. 85f. (UB Goslar 2,
Nr. 18, S. 120f.).

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