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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0196
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Goslar

später aber den Namen St. Johannis trug13. Die Siedlung, die sich außerhalb der späteren Stadtmauern
befand, ging spätestens in der Bergbaukrise der zweiten Hälfte des 14. Jh. unter14. Die Kirche wurde dann
1527 in den Auseinandersetzungen zwischen der Stadt und Herzog Heinrich d. J. von Braunschweig-Wol-
fenbüttel zerstört15.
Die eigentliche Stadt entstand weiter unten im Tal der Gose aus mehreren im Laufe der Zeit zusam-
menwachsenden Siedlunsgkernen. Der Schwerpunkt der Siedlungen lag dabei nördlich von Gose und
Abzucht, während der Bereich südlich davon, wo sich die Pfalz und das Stift St. Simon und Judas befanden,
von seiner Ausdehnung her eher bescheidene Ausmaße aufwies16. Nördlich der Gose scheinen bereits Anfang
des 12. Jh. das Gebiet am Frankenberg (nach den sich dort ansiedelnden Zuwanderern aus Franken
benannt), die Marktsiedlung und der Bereich um die Kirche St. Jakobi zusammengewachsen zu sein, da
1108 eine genaue Abgrenzung der Pfarrbezirke vorgenommen werden mußte17. Als Erweiterung der Stadt
nach Osten kam dann das Gebiet um die Kirche St. Stephani hinzu18. Auch wenn Lampert von Hersfeld
bereits 1073 von einer Umwallung Goslars berichtet19, kam es wohl erst Mitte des 12. Jh. zu einer Umschlie-
ßung der gesamten Siedlungsfläche durch eine Stadtmauer20.
Goslar muß in den ersten beiden Jahrhunderten rasch gewachsen sein, denn das Niedersächsische Städ-
tebuch geht für das Jahr 1200 bereits von einer Einwohnerzahl von 3-4000 Personen aus21. Durch die Blüte
des Bergbaus und den Zustrom Auswärtiger nach Goslar kam es in der ersten Hälfte des 14. Jh. zu einem
rapiden Anwachsen der Bevölkerung. War das Bürgerrecht bis dahin mit dem Erwerb eines Hauses ver-
bunden, wurde nun die Zahlung eines Bürgergewinngeldes eingeführt. Die seit 1350 in der Stadt grassie-
rende Pest und die Krise des Bergbaus in der zweiten Hälfte des 14. und der ersten Hälfte des 15. Jh.
sorgten dann aber für einen deutlichen Einbruch bei der Bevölkerungsentwicklung22. Für die Mitte des
15. Jh., für die aufgrund der Schoß- und Steuerregister nun eine genauere Ermittlung der Einwohnerzahl
möglich ist, geht man von einer Zahl von 4500 Einwohnern aus. Innerhalb eines halben Jahrhunderts stieg
die Bevölkerung dann um 2000 Personen auf nunmehr 6500 Einwohner an. Grund für den raschen Anstieg
war eine neuerliche Blüte des Bergbaus in der zweiten Hälfte des 15. Jh.23 Während des 16. Jh. verharrte die
Zahl der Einwohner auf dem Stand von 150024.
Goslar wird 1131 erstmals als civitas bezeichnet25. In einem umfassenden Privileg bestätigte Kaiser
Friedrich II. der Stadt 1219 wegen ihrer Treue im Thronstreit mit dem Welfen Otto IV. alle früheren
Rechte, darunter auch die Befreiung der Goslarer Kaufleute von den Zöllen im Reich26. Die Stadt stand

13 Vgl. Ehlers, Anfänge, S. 53f. mit Anm. 29; Wilhelm
Wiederhold, Die Sankt-Johanniskirche im Bergdorf
vor Goslar, in: ZHVG 59 (1926), S. 167-174.
14 Vgl. Deutscher Städteatlas Lfg. 2, Nr. 5; Graf, Goslar
Stadtrechtskodifizierung, S. 17f.; Elga Ziechmann,
Das Bergdorf. Goslars erste Bergmannsiedlung und ihre
Kirche, in Reinhard Roseneck (Hrsg.), Der Ram-
melsberg. Tausend Jahre Mensch - Natur - Technik 1,
Goslar 2001 (= Rammelsberger Schriften 1), S. 146-165;
kritisch zur bisherigen Forschung Erhard Jörn, Das
sogenannte „Bergdorf“ vor Goslar im Lichte der Quellen,
in: Salzgitter-Jahrbuch 30 (2012), S. 197-214.
15 Vgl. unten S. 182.
16 Vgl. Borchers, Villa und Civitas, S. 1-9 und 14ff.;
Deutscher Städteatlas Lfg. 2, Nr. 5; Frölich, Betrach-
tungen zur Siedlungeschichte, S. 9-17.
17 UB Goslar 1, Nr. 152, S. 195f.
18 Vgl. Graf, Niederkirchenwesen, S. 51.
19 MGH SS. rer. Germ. 2, S. 171.
20 Vgl. die unterschiedlichen Ansetzungen bei Stephan,

Archäologische Stadtforschung, S. 45 (zur Zeit Kon-
rads III., 1138-1152) und Graf, Goslar im Mittelalter,
S. 81 (zweite Hälfte des 12. Jh.).
21 Bruchmann, Goslar, in: Niedersächsisches Städtebuch,
S. 154.
22 Vgl. Graf, Goslar Stadtrechtskodifizierung, S. 18f.
23 Vgl. ebd., S. 19; Schuler, Bevölkerungsgröße, S. 446,
448 und 450.
24 Vgl. Schuler, Bevölkerungsgröße, S. 446 und Kelich-
haus, Goslar um 1600, S. 35f. mit Anm. 42 (Korrektur
der Zahlen Schulers). Kelichhaus weist ausdrücklich dar-
auf hin, dass es nicht, wie bisher immer angenommen
wurde, zu einem Einbruch bei der Einwohnerzahl auf-
grund des Riechenberger Vertrages von 1552 kam.
25 UB Goslar 1, Nr. 179, S. 215.
26 UB Goslar 1, Nr. 401, S. 408-412 (ebd. unter Nr. 401a,
S. 412-418 deutsche Übersetzung) und Quellensammlung
zur Frühgeschichte der deutschen Stadt, bearb. von
Bernhard Diestelkamp, Leiden 1967, Nr. 122, S. 190-
195.

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