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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0197
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Einleitung

zunächst unter der Jurisdiktion eines königlichen Vogtes. Mit dem Erwerb der Reichsvogtei durch die
Bürgerschaft im Jahr 1290 wurde der Vogt dann aber zu einem städtischen, an die Weisungen des Rates
gebundenen Beamten. Neben der „großen“ Reichsvogtei brachte die Stadt 1315 bzw. 1348 auch die „kleine“
Vogtei über den südlich der Gose gelegenen Pfalzbezirk an sich27.
Ein städtischer Rat findet erstmals in einer Urkunde der dreißiger Jahre des 13. Jh. Erwähnung, in der
von den consules universi civitatis die Rede ist28. Er dürfte zunächst aus den Ministerialen und den Ver-
tretern der Montani und Silvani, in deren Händen die Gruben und Hüttenbetriebe lagen29, bestanden
haben. Spätestens mit der Anerkennung der Kaufleute als Gilde durch Wilhelm von Holland gelangten
auch die Vertreter der Kaufmannschaft in den Rat30. Mit dessen Neuordnung nach dem Erwerb der Reichs-
vogtei 1290 erhielten neben den Kaufleuten dann auch die Vertreter der anderen Gilden Zugang zum
Rat31. Bestand dieser Anfang des 14. Jh. aus drei Rotten von je 21 Mitgliedern, von denen eine jeweils ein
Jahr regierte, während die anderen beiden ruhten, gab es seit den siebziger Jahren des 14. Jh. nurmehr zwei,
sich einander ablösende Rotten32. Sie setzten sich aus den Abgeordneten der fünf großen Gilden sowie den
Alten Herren bzw. Sechsmannen zusammen33. Die Verteilung der Sitze unter den Gilden erfolgte nicht
gleichmäßig: So stellte die Worth-Gilde sechs Ratsherren, die Kramergilde drei und die drei anderen großen
Gilden (Bäcker, Fleischer und Schuster) in der Regel zwei Ratsherren. Bei der Ergänzung von Ratssitzen
wurde ein Vertreter aus der Gilde gewählt, welcher der ausgeschiedene Ratsherr angehört hatte34.
Die eigentliche Führung Goslars lag beim Engeren Rat, der die laufenden politischen Geschäfte der
Stadt erledigte. Er setzte sich aus den beiden an der Spitze der Ratsrotten stehenden Bürgermeistern, den
Gemeindeworthaltern und Alten Herren sowie dem Syndikus zusammen.
Eine Folge der Verfassungskämpfe Ende des 15. Jh. war die Bildung des Kollegiums der „Freunde von
Gilden und Gemeine“. Dieser „erweiterte Rat“ bestand aus den Worthaltern und Tafelherren der Gilden
und den Vertretern der vier Parochien und war an der Vergabe der Ratsämter beteiligt35.
Bereits Mitte des 14. Jh. war es im sogenannten Goslarer Ratskodex zu einer umfassenden Aufzeich-
nung des städtischen Rechts in fünf Büchern mit mehr als 800 Artikeln gekommen. Das Goslarer Stadtrecht
wurde zum Vorbild für eine Reihe von Städten im Umfeld des Harzes: Aschersleben, Blankenburg, Derne-
burg, Halberstadt, Nordhausen, Osterode, Quedlinburg und Wernigerode (Tochterrechtsstädte). Von ähn-
licher Bedeutung war die einige Jahre später, um 1360, erfolgte Kodifizierung des Goslarer Bergrechts36.
Seit seinen Anfängen ist Goslar durch den Bergbau geprägt worden. Der Abbau von Silber, Kupfer und
Blei in den Gruben am Rammelsberg sowie die Verhüttung der geförderten Erze und der Handel mit ihnen

27 Vgl. Deutscher Städteatlas Lfg. 2, Nr. 5.
28 UB Goslar 1, Nr. 518, S. 499.
29 Zu diesen vgl. Christoph Bartels, Montani und Sil-
vani im Harz. Mittelalterlicher und frühneuzeitlicher
Bergbau und seine Einflüsse auf die Umwelt, in: Bergbau,
Verhüttung und Waldnutzung im Mittelalter, hrsg. von
Albrecht Jockenhövel, Stuttgart 1996 (= VSWG
Beihefte 121), S. 112-127.
30 UB Goslar 2, Nr. 13, S. 116f.
31 Vgl. Graf, Goslar Stadtrechtskodifizierung, S. 20f.; Frö-
lich, Ratsverfassung, S. 28f.
32 Vgl. Graf, Goslar Stadtrechtskodifizierung, S. 21;
Feine, Rat, S. 109; Frölich, Ratsverfassung, S. 35.
Nach dem Ausscheiden der Münzer zählten die beiden
Rotten 19 Mitglieder.
33 1356 war ein Kollegium von sechs Männern gebildet wor-
den, das sich ausschließlich mit Fragen des Bergbaus und

der Verhüttung der Erze beschäftigte (Sechsmännerkol-
legium)
34 Vgl. Kelichhaus, Goslar um 1600, S. 77-80.
35 Vgl. ebd., S. 77f. und 80.
36 Vgl. HRG2 2, Sp. 467. Für eine kritische Würdigung der
Wirkung des Goslarer Stadtrechts s. Dietlinde Mun-
zel-Everling, Der Einfluß des Sachsenspiegel auf das
Stadtrecht von Goslar und dessen Ausstrahlung auf
andere Städte, in: Goslarer Ratskodex, S. 33-43 („Ob es
sich dabei um eine Goslarer Stadtrechtsfamilie handelt,
bei denen die Mutterstadt auch die Stellung eines Ober-
gerichts einnimmt, ist nicht leicht zu beantworten“);
Dieter Pötschke, Halberstadt im Mittelalter und das
Goslarer Stadtrecht - dargestellt an städtischen Rechts-
fällen, in HarzZ 52/53 (2001/02), S. 133-152; Ders., Wer-
nigerode und das Goslarer Stadtrecht, in: HarzZ 56
(2004), S. 28-46.

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