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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0330
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Goslar

Von ehegelübden, so ohne bewilligung
der eltern beschehen28

Nachdem sichs offt zuträgt, wan die eltern ihre kin-
der fleißig aufferzogen und die vor sich selbst zu ge-
legener zeit zu verehelichen willens seint, daß sich
darzwischen ein junges dem andern aus unver-
standt, dumkünheitt29, kuplerey odern ander wege,
wie sich das begeben magk, zum ehestand ohne vor-
bewust30 und bewilligung ihrer eltern, vorpflichtet,
und aber Gott geboten hat: Du solt vater und mut-
ter ehren und gehorsam seyn31, welcher gehorsam in
der heil. schrifft und keyserlichen rechten unter an-
derm auch auf das eheliche verpflichten gedeutet
wird32, so soll solche verpflichtung, die also |37| ohne
ersuchung, vorwißen und bewilligung der eltern vor-
genommen, in unserm consistorio nach göttlicher
und kayserlicher ordnung und satzung unkräfftig
und unbündig erkennet werden33. Und solchs soll
ohne unterscheid gehalten werden, ob auch gleich
die eltern kein ursach ihrer nicht-bewilligung für-
zuwenden hetten, in dem fall, so der sohn unter
zwantzigk und die tochter unter 18 jahren ihres al-
ters in zeit des eheverpflichtens seint.
Da aber die kinder, die sich ohne wißen und bewil-
ligung der eltern verlobet, das angezeigte alter in
zeit des verlobnus erreicht hetten, so soll ein unter-
scheid gehalten werden, damit die ehrerbietung und
kindlich gehorsam durch die eltern zu keiner tyran-
ney und ungottseligkeit gebracht werde, nemlich:
Wo ein sohn, der da zwantzig jahr, oder eine tochter,
die da 18 jahr ihres alters erreichet, ihre eltern

n C und D: oder in.
o B: abermals.
p C und D: alters / A und B: eltern.
q C und D: und.
r C und D: genugsamb.

28 Vgl. den entsprechenden Abschnitt im Ehe-Bedenken
(Sehling, EKO I, S. 292f.) und in der Mecklenburger
Konsistorialordnung von 1570 (Sehling, EKO V,
S. 238).
29 Der Begriff findet sich häufig bei Luther, s. die Nach-
weise in Grimm, DWb 2, Sp. 1521.
30 Vorhergehendes Wissen, s. Grimm, DWb 26, Sp. 906f.

mehrmals kindlichen ersuchet und gebeten hette,
daß sie ihnen gestatten und verhelffen wolten, sich
mit dieser oder jener persohn, die sie mit ehren und
fug zur ehe wol nehmen und haben mocht, zuver-
ehelichen, und es die eltern abschlügen, und die kin-
der hetten sie darüber durch die pfarrherrn und
freunde34 abermals bitten und ersuchen laßen, und
die eltern theten daßelbige abero35 abschlagen und
suchten auch sonst nicht gelegenheit, die kinder mit
ihrem willen ehelich zu verheyrathen, theten also
die kinder verseumen36, ihren eigen nutz allein su-
chen und des kindes schwachheit nicht bedencken,
und die kinder des vorgemelten altersp würden sich
darüber mit ehrlichen, redlichen personen zur ehe
gelobet und verpflich-| 38| ten, so soll die ehe krefftig
erkant werden, in ansehung, daß die kinder dem va-
ter die schuldige ehre angeboten.
Und sol auch in dem fall das kind, der ehe folge
zu thun, schuldigk seyn, es möchten dann die eltern
oder die kinder redliche ursachen vorwenden, war-
um solche verheyrathung nicht ehrlich oder rath-
sam: als wan einer der jungfrawen vatern nach sei-
nem leben oder ehren gestanden hette oder
verthunlich37 oderq prodigus38 were oder mit ketze-
rey beflecket oder ein offentlicher beschäder39 und
landbeschediger were und dergleichen. Und ob die
ursach gnugr oder nicht, das sol durch das con-
sistorium stadlich bewogen, und deßfalls ohne stad-
liche, große und wichtige ursach solch ehegelöbnus
weder uff der eltern noch uff der kinder ansuchen
nicht hinderzogen40 werden.

31 2Mos 20,12; 5Mos 5,16.
32 Vgl. z.B. 1Mos 28,6-7; Inst. I, 10 pri. (= ClCiv, ed.
Krüger 1, S. 4).
33 Inst. I, 10, 12 (= ClCiv, ed. Krüger 1, S. 4).
34 Verwandten.
35 Nochmals.
36 Vernachlässigen, s. Grimm, DWb 25, Sp. 1045.
37 Verschwenderisch.
38 Verschwenderisch, s. Oberländer; Lexicon juridicum,
S. 570.
39 Beschädiger, s. DRW 2, Sp. 63.
40 Widerrufen, s. DRW 5, Sp. 1067.

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