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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0340
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Goslar

Sontagsvesper
Sol man eine viertell stunde fur eynem slaeg leuthen
unde, alse baldt eß eins slecht, sollen sie die vesper
anfahen unde tres psalmos singen, darnach das re-
sponsorium de tempore, hymnum, Magnificat13 cum
antiphona: Nunc dimittis14 etc. Dieweile sollen aus
allen pfarren die knaben auff einen sonderlichen
orth, dartzu verordnet, zusammen kommen unde
der cantor soll figuriren15, |107| oder sollen die leuthe,
so sich in der predigtt samlen, christliche loebgesin-
ge singen, biß das der seyer16 zwey slechtt. Alß baldt
soll man auffhoeren und soll der cathechismus ge-
prediget werden oder in feiertagen die epistell de
tempore, nach der predigtt Da pacem mit seiner ge-
wontlichen collect, wu men eß sonst in unser kirchen
des Sontags gehaltten hatt, gelesen und gesungen
werden.
Des werckeltags furmittage
Soll ein vertell vor achten winther und sommertzeitt
geleutet werden, und alsbaldt die uhr geslagen, sol-
len die personen auffstahen lengsam unde mit an-
dacht:
1. Gelobtt sey etc.17 2. Drey latinische psalmen nach
ordenunge des psaltery langsam singen unde mit ei-
ner antiphona. 3. Ein responsorium de tempore.
Nach dem responsorio soll eyner unther dem
hauffen ein capitell aus der bibell lesen. Und zum
anfang, ob die personen alters halben nicht konthen
oder sich schewetenn, |108| so will ich mich ader ein
ander pfarrherr oder meyne caplan lassen dartzu
geprauchen, biß man eß bestellen18 kan. Unde soll
disse lection fein langsam und deutlich gelesen wer-
denn, damit die leuthe hineinen kommen das zu-

13 Zur Verwendung des Magnificat in der Liturgie der Ho-
ren vgl. RGG4 5, Sp. 680f.
14 Zum „Nunc dimittis“ vgl. Nr. 11, S. 264 mit Anm. 38.
15 In mehreren Stimmen singen lassen.
16 Glocke, s. im Glossar unter seiger.
17 Zum „Gelobt sei der Herr, der Gott Israel“ s. oben
Anm. 5.
18 Anordnen, befehlen, s. FWb 4, Sp. 1964f.

horen, ethwas daraus lernen konnen. Dartzu will
nun eine deutsche bibell, das man die, so keine vor-
handen ist, keuffe, gehoeren.
Nach geschehener lection sollen sie das Te Deum
laudamus singen, beide choer gegen einander, auch
langsam, einen taeg deutsch, den andern latine, dar-
auff eine collecten, darnach Da pacem domine drey-
mall mit der collect unde Benedicamus besliessenn.
Werckelstage die vesper
Dieweile sonst nach mittage in keiner kirchen
nicht19 vesper gesungen, sollen die armen und altten,
auch andere, die die tzeitt haben, vermaneth wer-
den, tzum gebett dohin tzukommen. Unde soll ein
verntell vor zweien gelautet werden, darauff die ver-
samlete personen drey psalmos vespertinos singen
sollen, |109| ein responsorium, hymnum, Magnificat
und Nunc dimittis etc. cum collecta.
Nach denn gesengen, wilche alle in einer halben
stunden konnen vorrichtet werden, soll taegelich,
ausgenommen sein der Sonnabenth, ein deutscher
psalm gelesen unde kurtzlich fur die, so vorhanden
sein, die summa ader eyne christliche lehre gesagtt
werdenn. Und soll solches lesen von allen vier
pastoribus mitt fleiß geschehen, die dan, so sie nicht
vorhindert sein, sollen zusammen kommen, also das
der superattendens20 ein viertell jaer, der pfarrherr
vom Franckenberge21 das ander vierteill jaer, die
andern22, so folgents, ieglicher ein vierteill jaer die
psalmen lesen.
Es sollen auch die burger vermaneth werden, ire
töchterlein und kinder, die stunde lassen dohin ein-
gehen unnde tzutzuhoerenn. Es konnen auch mit
der tzeitt etliche stunden im [sic] solcher kinder leh-

19 Doppelte Verneinung.
20 Zu dieser Zeit bekleidete Johannes Grossehannes (Ma-
crinus), als Nachfolger von Tilemann Heshusen, das
Amt des Goslarer Superintendenten. Grossehannes starb
aber bereits 1563. Vgl. Pastoren der Landeskirchen 1,
S. 339
21 Michael Volumetius, zu ihm s. Nr. 19, Anm. 2.
22 Die Pfarrer von St. Jakobi und von St. Stephani.

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