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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0349
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26. Ordnung für das Spital St. Pankratius (Siechenhof)

Thut jemand darwieder, den soll er den pastor und
den vormunden anzeigen, damit sie ihme den korb
etliche tage aufhängen24 und er die tage, so die her-
ren vormunden setzen, der theil seiner pröbe ver-
lustig sey.
Waß das läuten zur predigt belanget, soll der hoff-
meister selbst oder durch den glockener zu rechter
zeith bestellen. Und nach dem läuten soll er die ver-
samlung vermahnen, sich bey zeiten zur kirchen mit
einander zu verfügen. Und solches zu thun soll er
sich nicht schämen, sintemahl der königliche pro-
phet David wünschet, daß er lieber ein thürhüter
möge seyn im Gottes hause, denn lange wohnen in
der gottlosen |15| hütten25. Soll der samlung auch an-
sagen, wenn sie zur beicht und sacrament sich schi-
cken thäten, und alsdann, was zum altar gehöret,
fleissig darzu verordnen. Soll auch des abends und
morgends die bethglocke läuten und sich und seine
mittbrüder und mittschwestern dadurch zum ge-
beth aufmuntern und inn den seligen frieden fleissig
den ewigen Gott anruffen.
Auch soll er fleissig achtung geben auf krancke,
nothleidende personen im untern und obern
hause26 und von sich sagen, waß sie vor geistliche
und leibliche hülffe bedürfen. Und die im herrn ent-
schlaffen, soll er bestellen oder bestellen lassen, daß
sie christlich zur erden bestätiget27 werden.
So auch jemand sonderlich im theilhause mit
kranckheit befält, soll er eine frauensperson verord-
nen, des kranken zu pflegen und warten, doch also,
daß es von den jüngsten anheben und auf die rie-
ge28 kommen und umgehen soll, wie hernach ferner
vermeldet wird29.
Desgleichen soll er auf den kirchhoff achtung geben,

24 Den Brotkorb höher hängen, vgl. Wander, Sprichwör-
ter-Lexicon, Brotkorb Nr. 5.
25 Ps 84,11.
26 Während im Unter- oder Theilhaus die Pfründner wohn-
ten, waren im Oberhaus die Beisitzer sowie die Armen
und Bettler untergebracht.
27 Bestattet, s. FWb 3, Sp. 1989 (s.v. bestettigen).

daß derselbige nicht verunreiniget, verwüstet oder
sonst verunehret werde, weil |16| er ein schlaffhaus
der heiligen ist30. Und so reliquiae31 der christen be-
funden werden auf den kirchhofe, soll er dieselbe ins
beinhaus, das da ist, thun und dasselbige auch in
schauer32 erhalten und, was daran mangelt, den her-
ren vormunden anzeigen, daß die es bauen und bes-
sern lassen.
Hiernächst soll er ihm den ackerbau und wiesen wol
lassen angelegen seyn und alles, was dazu gehöret,
mit fleiß und treüen verrichten, täglich, wenn die
zeit ist, die saat und wiesen besehen und dafür seyn,
daß sie keinen schaden nehmen. So viel an ihm ist,
soll [er] bessern an äckern und wiesen, wo es von
nöthen ist.
Wenn die ernte zeith ist, soll er mit fleiß und treüe
dafür seyn und sorgen, daß das korn und heü zu
rechter zeith möge eingeerntet und in seine verwah-
rung möge gebracht werden. Darzu ihme dann alle
pröbeners, so möglich, helffen sollen. Welche aber
unvermögsam sein, sollen diesfals geben, wie von
alters her gebräuchlich gewesen. Er soll auch den
schnittern und hernach den dreschern auf die hand
sehen, daß sie ihre arbeit treülich verrichten und die
armen leüthe nicht verkürtzen33 mit untreüe. |17|
Auf das vieh und seine futterung, auch auf das
molcken, soll er neben der meisterin allenthalben
und auf allerley nothdürftiger weise ein fleissiges
auge haben, damit es alles treülich und wol verrich-
tet und nirgend schade und untreue möge gespüret
werden. Und wo mangel darinnen fürfält, soll er sol-
ches dem herren vormunden, so des zu thun hat,
anzeigen und seine hülffliche hand ihm mitzutheilen
bitten. Summa, wie er eydlich beteüret bei seiner
seelen heil und seligkeit, also soll er allenhalben sei-

28 Der Reihenfolge nach, s. DRW 11, Sp. 752f.
29 Siehe unten S. 331.
30 Vgl. Mt 27,52.
31 Gemeint sind: Skelettreste.
32 Schutz, s. Grimm, DWb 14, Sp. 2329f.
33 Gemeint ist: durch Unterschlagung (von Korn) den Le-
bensunterhalt schmälern.

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