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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0353
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26. Ordnung für das Spital St. Pankratius (Siechenhof)

Und soll keinem die praebende gegeben werden und
folgen, es sey dann, daß er zuvor dem hoffe und de-
nen personen das ihre erleget. Und da zwey sich in
ein haus kauffen, soll nur einer unter ihnen die pröbe
oder praebende haben, es erfordere denn die hohe
nothdurft mit ihnen. Es soll auch keinem die prae-
bende gereicht werden, er sey denn in seine kammer
oder haus, so er gekauft, gezogen und bleibe darin-
nen.
Und ein jeglicher, der auf den hoff wil ziehen, soll
zuvor mit seinen kindern und erben theilen und waß
ihm zukomt oder, da er keine erben hat, sonst das
seine an kleidern, bettegewandt und andern haus-
geräthe alle mit auf den hoff bringen. Und soll fü-
rohin, was |25| von den hoffe andern zuzuwenden
noch zu verpfänden oder zu verkauffen nicht macht
haben, es geschehe dann aus armuth oder ander
dringender noth und in kranckheiten, und denn sol-
ches mit der vormunden und hoffmeisters wissen
und willen. Und waß er dann, er sey mann oder
weib, nach seinem tode hinter sich verlässet54, es sey
wenig oder viel, soll den armen auf dem hofe seyn
und bleiben. Was eheleute seind, da soll nach ab-
sterben des erstern ehegatten der andere seines gu-
thes, so ihm verlassen, sein lebelang mächtig seyn.
Wenn auch eine person, es sey mann oder weib, vom
hofe freyet, der oder die soll der praebende und
gantzen hofes verfallen seyn.
Einem krancken soll man pflege thun von seinem
eigenen guthe, so lange das währet, darnach helfen,

so viel man nach gelegenheit des hofes vermag.
Doch, daß er hierdurch nicht zu sehr geschwächet
werde, soll des krancken armuth dem pfarrherr ver-
meldet werden. Der kann fromme christen vermah-
nen, ihme ihre almosen mitzutheilen55, und fordern,
daß er aus den gemeinen armen kasten56 zulage be-
komt.
Waß ein verstorbener an gütern verlässet, soll bald,
nachdem er verschieden und aus der kammer oder
seiner stuben gebracht ist, inventiret und |26| be-
schrieben oder, da die kranckheit meidlich, daß kei-
ner in die kammer gerne wolte, verschlossen und
versiegelt werden, folgends nach verstrichenen vier
wochen mit wissen, willen und beysein derer vor-
munden und hoffmeisters wiederum eröfnet und,
waß der verstorbene nachgelassen, verkauft und
dem hospital zum besten von den vormunden oder
vorstehern angewendet werden.
Wenn eine person stirbet und eine bequemere zellen
oder kammer gehabt, soll dieselbige wiederum ein-
nehmen allezeit die älteste (daß ist, die am längsten
auf dem hofe gewesen). Will aber die in ihrer vori-
gen kammer bleiben, hat die wahl, welche die nä-
heste ist. Und so forthan bis auf die jüngste.
Mitt den häusern auf dem hofe soll es also gehalten
werden, daß wenn die beiden, so die behausung ge-
kauft, versterben, soll das haus dem hofe und das
andere, waß sie an ingethume nachlassen, den ar-
men heimgefallen seyn.

5. Lehre und vermahnung, wie sich die personen insgemein auf dem hoffe
sollen verhalten, eine so woll alß die andere

Auf dem hoffe soll von ihnen friede und einigkeit |27|
gehalten und das wiederspiel57, als uneinigkeit, zorn,
neid und haß etc., und alle ursache und gelegenheit
zu solchen sünden zum höchsten vermieden werden.
Und solches darum, auf daß sie den dienst, den sie
Gott und menschen zu erzeigen schuldig seind, mit

54 Hinterläßt, s. Grimm, DWb 25, Sp. 730f.
55 Ein Almosen zuteilen, s. DRW 9, Sp. 785.

guten gewissen woll leisten mögen, auch bey verlust
ihrer seelen heyl und seligkeit.
Daß ist aber aller dererjenigen, so von allmosen ihre
unterhaltung haben, ihr ambt: Zu Gott und seinem
worth und sacramenten sich mit fleiß und ernste

56 Vgl. dazu Nr. 12 mit der Einleitung auf S. 199-201.
57 Gegenteil, s. Grimm, DWb 29, Sp. 1234f.

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