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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0361
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29. Vertrag zwischen dem Rat der Stadt Goslar und dem Kapitel des Stifts St. Simon und Judas

29. Vertrag zwischen dem Rat der Stadt Goslar und
dem Kapitel des Stifts St. Simon und Judasa
4. Mai 1605

Kund und zuwissen sei jedermenniglich: Nachdem
ein zeithero zwüschen den ehrnvesten, erbarn, fur-
sichtigen und wolweisen herrn, burgermeister und
rath der stadt Gosslar, ahn einem, und den ehrwur-
digen, ehrnvesten hoch- und wolgelärten herrn, de-
cano und capitularn der stieffte SS. Simonis und Ju-
dae, ahm andern theill, etzliche mißverstende sich
erhalten und derwegen zu hinlegung derselben under
ihnen eine freundtliche communication gepflogen,
das demnach dieselbe mit allerseiths wolbedachtem
gutem wißen und willen nachfolgender maßen hin-
gelegt:
[I.] Anfenglich hat ein ehrwurdig capittul zugesagt
und sich verpflichtet, weill mit consens und bewil-
ligung ihrer vorfahren in die stieffte das exercitium
der im reich bewilligter und approbirter Augspur-
gischer confession biß uf die heutige stunde einge-
fuhret und angenohmmen worden1, das sie eß dabei
durch Gottes gnedigen beistand behalten2 und ohne
zuthun und willen eines erbarn und wolweißen raths
ihretwegen darin keine verenderung geschehen oder
vorgenohmmen, noch jemandts inß capittul eligirt
oder admittirt3 werden soll, so einer wiedrigen reli-
gion verwandt und zugethan.

a Textvorlage A (Handschrift): StadtA Goslar, Urk. Dom-
stift Nr. 805. Textvorlage B (Handschrift): StadtA Gos-
lar Domstiftakten 1602-1610, Nr. 885 (701e) (ohne
Blattzählung), Überschrift: Copia vertrags zwischen ei-
nem erb[aren] rath der stadt Goßlar undt das [sic] capi-
tull SS. Simonis et Judae. Abdruck: Lichtenstein,
Abhandlung, S. 63-65.

1 Das Kapitel des Stifts - mit Ausnahme des Propstes und
Scholasters, die geflohen waren - bekannte sich ab Som-
mer 1566 zur evangelischen Lehre. An Michaelis 1566
hielt der Pfarrer der Marktkirche die erste evangelische
Predigt in der Stiftskirche, s. Lohse, Dauer der Stif-
tung, S. 134f.
2 Beibehalten, s. FWb 3, Sp. 706.

So dan, vors ander, die ahngezogene jurisdiction be-
langend, soll eß in geistlichen, weldtlichen und cri-
minal sachen, inmaßen dieselbe hergebracht, dabei
unverhindert pleiben und gelaßen werden und, da
sich uber alle zuversicht in zutragenden fällen miß-
verstende zwuschen dem rath und capittul begeben
solten, dieselbe in guete und freundtschafft oder in
dero entstehung zu rechtt, nach angehorter jedes
theils notturfft, entschieden werden.
Und zum dritten vor die wegen der vier praebenden
und turckensteur4 halben beschehene anforde-
rung5 hinfuhro jährlichs achtt tage vor oder nach
den heiligen oster feyertagen hundert gulden Goß-
larischer wehrung einem erbarn, wolweißen rath,
eins vor alles, ohnverzuglich und guthwillig zugeben
und zuerlegen. Und soll also hierdurch der vorig
contract, wegen itzgemelter vier praebenden uffge-
richttet6, auffgehoben sein.
Wie dan zum viertten einem erbarn, wolweißen
rath, so offt eß nötig, neben wolgedachtem capittul
der kirchen clenodien besichtigen und inventiren zu-
laßen, damit davon ohne ihr vorwißen und bewilli-
gung nichts verwendet werden muge7.

3 Zugelassen, s. FWb 1, Sp. 649.
4 Die Türkensteuer wurde vom Rat ab 1595 durch eine
jährliche Sammlung bei den Bürgern aufgebracht. Nach
1612 fielen diese Sammlungen weg. Vgl. Kelichhaus,
Goslar um 1600, S. 21.
5 Forderung, s. FWb 1, Sp. 1113f.
6 Am 25. März 1555 hatte das Kapitel dem Goslarer Rat
die Erträge aus vier Pfründen des Stiftes zu besserer un-
terhaltung, auch reformierung und anrichtung eyner gueten
schuelen eingeräumt, s. Nr. 23.
7 1577 waren Reliquien an den Kaiserhof nach Wien aus-
geliefert worden. Darüber hinaus verschwanden viele
kostbare Gegenstände aus der Stiftskirche oder wurden
verkauft. Vgl. Kelichhaus, Goslar um 1600, S. 39.

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