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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0372
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Bremen

Bremen12. Es waren insbesondere die Verbindungen über die Nordsee, zunächst vor allem die nach Skan-
dinavien und England, die Bremens Wachstum und Wohlstand begründeten13. Anfang des 13. Jh. zählte
Bremen wohl bereits 10.000 Einwohner14. In der zweiten Hälfte des 13. Jh. wurde auch das Weserufer
verstärkt in die Bebauung einbezogen15. Mit dem Ausbau der Schlachte entstand ein neues Hafenquartier,
das die nur für kleine Schiffe (Eken) befahrbare Balge ablöste16. Zunächst außerhalb des Ortes lag westlich
davon auf einem Dünenhügel die Stephanisiedlung, deren Bewohner hauptsächlich vom Fischfang und von
der Schiffahrt lebten. 1305 wurde die immer stärker an Bremen heranwachsende Siedlung in die Stadtbe-
festigung einbezogen. Drei Jahre später verfügte der Rat, daß ihre Bewohner das Bremer Bürgerrecht
erhalten sollten17.
Im Jahr 888 bestätigte der ostfränkische König Arnulf von Kärnten dem Bremer Erzbischof Rimbert
auf dessen Bitte hin die Verleihung des Münz-, Markt- und Zollrechts18. 937 stellte Otto I. die Marktsied-
lung unter seinen Schutz und übertrug den königlichen Grundbesitz in Bremen dem Erzbischof19. In einer
Urkunde vom 10. August 965 verlieh Otto I. dem Erzbischof das Marktrecht und wies ihm Bann, Münze
und Zoll sowie alle dem königlichen Fiskus in Bremen gehörenden Einkünfte zu20. Auffälligerweise wird
dabei in der Urkunde kein Bezug auf das Privileg König Arnulfs von 888 genommen. Die in Bremen
ansässigen Kaufleute (negotiatores) versicherte Otto I. des gleichen Schutzes, wie ihn die Kaufleute anderer
königlicher Städte genossen21. 1035 erhielt der Bremer Erzbischof Bezelin von König Konrad II. die Erlaub-
nis, an zwei Terminen im Jahr einen Jahrmarkt abzuhalten22.
In zwei aus dem Jahr 1139 stammenden Urkunden erscheinen die Stadt und ihre Bewohner erstmals als
civitas und cives Bremenses23. 1159 kam es zu einer Vereinbarung zwischen Erzbischof Hartwig I. von Stade
und den cives Bremenses, in welcher der Erzbischof im Streit um die immer stärkere Einengung der Bür-
gerweide (Allmende) wegen der Kolonisation der Bruchländereien durch die von ihm gerufenen holländi-
schen Siedler einlenkte und einer genauen Abgrenzung der Gebiete zustimmte24. Die civitas begünstigte
auch Erzbischof Siegfried, als er 1181 den Bürgern die Einnahmen aus der sogenannte „Hanse“ (einer von
den Kaufleuten erhobenen Abgabe) zugestand und auf die Erhebung des Sleischats von den anlegenden
Schiffen verzichtete25. Mit dem 1186 ausgefertigten Privileg Friedrichs I. Barbarossa erfuhr die Bürgerge-
meinde schließlich auch durch den Kaiser die Anerkennung als Körperschaft. Diese erste, der Stadt von

12 Vgl. Schwarzwälder, Entstehung und Anfänge, S. 39-
46.
13 Vgl. Hägermann, Recht und Verfassung, S. 18.
14 Vgl. Elmshäuser, Geschichte Bremens, S. 32.
15 Vgl. Schwarzwälder, Geschichte 1, S. 50f.
16 Vgl. Schwarzwälder, Bremen-Lexikon 2, S. 767f.;
Weidinger, Mit Koggen zum Marktplatz, S. 214ff.,
338ff. und 374ff. Friedrich Prüser, Die Schlachte,
Bremens alter Uferhafen, Bremen 1957.
17 Vgl. Schwarzwälder, Geschichte 1, S. 50f., 65 und 69.
Bis in die Neuzeit hinein blieb die dicht besiedelte „Stef-
fensstadt“ das ärmste Viertel Bremens.
18 Bremisches UB 1, Nr. 7, S. 7-9. Das Diplom Arnulfs von
Kärnten, das „älteste urkundliche Zeugnis des deutschen
Nordwestens überhaupt“, galt lange Zeit als Fälschung
oder es wurde zumindest als „dubios“ angesehen. Vgl.
Schwarzwälder, Entstehung und Anfänge, S. 75-80;
Hägerrmann, 1100 Jahre, S. 22. Paul Kehr hat sich
1940 in der Diplomata-Ausgabe der MGH für die Echt-
heit der Urkunde ausgesprochen.

19 Bremisches UB 1, Nr. 10, S. 11. Zu dieser Urkunde vgl.
Schwarzwälder, Entstehung und Anfänge, S. 101-108.
20 Bremisches UB 1, Nr. 11, S. 12. Vgl. Schwarzwälder,
Entstehung und Anfänge, S. 119-124.
21 Zu den beiden Urkunden vgl. Hägermann, Recht und
Verfassung, S. 18f. und Heinrich Büttner, Die Bre-
mer Markturkunden von 888 und 965 und die ottonische
Marktrechtsentwicklung, in: BrJ 50 (1965), S. 13-27.
22 Bremisches UB 1, Nr. 19, S. 18-20. Der eine Termin lag in
der Woche vor Pfingsten, der andere Anfang November
um das Fest des Hl. Willehad.
23 Ebd., Nr. 30, S. 33-36 und Nr. 32, S. 37-39. Die beiden
Urkunden betrafen das Pauluskloster und das Wilhadi-
stift.
24 Ebd., Nr. 49, S. 53-55; Abb. der Urkunde in Schwarz-
wälder, Bremen um 1300, S. 34. Zur Ansiedlung der
Holländer s. den von Erzbischof Friedrich I. mit ihnen
geschlossenen Vertrag von 1106 in: Ebd., Nr. 27, S. 28-30.
Vgl. auch Herbert Schwarzwälder, Geschichte der
Bremer Bürgerweide, in: BrJ 48 (1962), S. 139-202.
25 Bremisches UB 1, Nr. 58, S. 66f.

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