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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 2. Halbband, 2. Teil): Grafschaft Schaumburg, Goslar, Bremen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.30840#0390
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Bremen

kaner sowie die Ausweisung der evangelischen Prediger gefordert wurde163. In einem ausführlichen Schrei-
ben nahm der Bremer Rat Stellung zu den Anschuldigungen164. Im Auftrag der Stadt verfaßte der Proku-
rator am Reichskammergericht Dr. Hieronymus Lerchenfelder eine Verteidigungsschrift165 und reichte am
26. November 1529 eine Gegenklage gegen den Erzbischof ein, in welcher zahlreiche Vergehen aufgelistet
waren. Unter den Klagen finden sich auch einige der Punkte, die dann im Vertrag vom 22. September 1534
aufgeführt werden (s. die entsprechenden Verweise in den Anmerkungen bei Nr. 3b)166. Darüber hinaus bat
Bremen Anfang 1530 das Reichsregiment in einer Supplikation um die Anerkennung der Reichsfreiheit der
Stadt und ihre Befreiung von der Herrschaft des Erzbischofs167 .
Am 14. Januar 1530 berichtete der Bremer Rat Kurfürst Johann von Sachsen und Landgraf Philipp von
Hessen von Meldungen, wonach der dänische König im Auftrag des Erzbischofs Truppen sammele, um die
Stadt anzugreifen168. Der Rat bat deshalb den Kanzler des Herzogs von Braunschweig-Lüneburg, Johann
Furster, bei einem etwaigen Angriff die Interessen der Stadt auf dem Augsburger Reichstag zu vertre-
ten169.
Verschiedene Entwicklungen trugen dann zu einer größeren Verständigungsbereitschaft auf beiden Sei-
ten bei: Auf dem Landtag in Buxtehude am 19. Oktober 1525 hatte der Erzbischof nach dem hohe Summen
verschlingenden Krieg gegen das Land Wursten den Ständen erhebliche Rechte einräumen müssen170. Die
Mißachtung der Vereinbarungen durch Christoph führte zu einem Zusammenschluß der Stände unter der
Führung Bremens über die Konfessionsgrenzen hinweg171. Die Unterstützung, die Christoph noch 1525 im
Kampf gegen die Reformation durch die Stände des Erzstifts genossen hatte, blieb nun weitgehend aus.
Aber auch die Stadt Bremen war nach den Umwälzungen der Jahre 1530-32 an stabilen politischen Ver-
hältnissen im Inneren wie nach außen interessiert.
Zunächst wurde am 14. Oktober 1532 ein Ausgleich mit dem Domkapitel in Arbergen erzielt. Daraufhin
kehrten die Domherren im März 1533 in die Stadt zurück und wurden feierlich durch die Bürgerschaft
empfangen172. Der im September 1534 mit dem Erzbischof abgeschlossene Vertrag verschob die Frage des
Gottesdienstes auf ein zukünftiges Konzil; ebenso vertagte er die Angelegenheit des zerstörten Paulus-
klosters; Bremen verpflichtete sich lediglich, auf Eingriffe in geistliche Güter zu verzichten. Zur Feier des
Vertragsabschlusses kam Erzbischof Christoph am 9. Dezember 1534 mit großem Gefolge nach Bremen und
wurde von einer Abordnung des Rates unter der Führung des Bürgermeisters Martin von Heimburg in die
Stadt geleitet und reich beschenkt. Auf dem Rathaus und in der Domdekanei fanden große Festbankette
statt173.
4a. Kirchenordnung, 1534 (Text S. 416)
Zur Konsolidierung der alten Macht- und Herrschaftsverhältnisse zwischen Rat und Gemeinde nach der
Rückkehr der ausgewichenen Bürgermeister und Ratsherren in die Stadt diente die sogenannte „Neue
Eintracht“. Durch sie wurde das alte Stadtrecht von 1433 wieder in Kraft gesetzt und die Vollmächtigkeit
des Rates und dessen Selbstergänzung bestätigt. Die Kontrolle des Rates über die Stadt wurde verschärft:

163 Quellen zur Reformationsgeschichte (Urkunden), Nr. 19,
S. 67-69.
164 Ebd., Nr. 20, S. 69-74.
165 Ebd., Nr. 21, S. 74-78.
166 Ebd., Nr. 22, S. 79-86. Vgl. dazu auch das Mandat des
Reichskammergerichts gegen Erzbischof Christoph vom
11. Februar 1530 und das Schreiben des Reichsregiments
vom 25. Februar 1530 mit der Aufforderung an den Erz-
bischof, zu den Klagen der Stadt Stellung zu nehmen
(ebd., Nr. 28, S. 96f.).

167 Ebd., Nr. 23, S. 87-89.
168 Ebd., Nr. 26, S. 93.
169 Ebd., Nr. 29, S. 97-99. Vgl. auch die Instruktion für Fur-
ster ebd., Nr. 30, S. 99-104.
170 Abdruck der Buxtehuder Vereinbarung in Cassel, Bre-
mensia 1, S. 131-143.
171 Vgl. Sehling, EKO VII,2,1, S. 7.
172 Vgl. Schwarzwälder, Geschichte 1, S. 206f.
173 Ebd., S. 207.

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