Einleitung
4b. Annahme der Kirchenordnung durch den Rat der Stadt Bremen. Mandat gegen die Sakraments-
schänder, 1534 (Text S. 484)
In einem Brief vom 31. Dezember 1527 berichtete Luther dem Pfarrer der Bremer Liebfrauenkirche Jakob
Probst von seinen Sorgen wegen des Anwachsens der Täuferbewegung188. Gerade das nahe Ostfriesland
wurde in den folgenden Jahren zu einem Sammelpunkt der Täufer, aber auch von Spiritualisten und Frei-
denkern189. Anscheinend machten sich in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre aber auch in Bremen
schwärmerische Lehren breit. Dies läßt sich jedenfalls aus einem Schreiben von Johannes Bugenhagen an
den Bremer Rat vom 12. September 1528 entnehmen. Bugenhagen spricht darin von Gerüchten, dat in de
gude stadt [...] gekamen synt de sakramentes schendere unde reden apenbar in allen collatien unde lesteren de lere
des evangelii Christi. Diese würden de klaren wörde des evangelii verfälschen, welche Christus bei der Ein-
setzung des Abendmahls gesprochen habe, und die Gläubigen irre machen. Bugenhagen fürchtete eine
weitere Zunahme der sakramentes schendere und schwermere in Deutschland, solange die Messen nicht auf-
hörten, in welcken Christus sacramente unde bevehl so gruwelick missgebrüket werde190. Den Bremer Rat for-
derte er auf, die Prediger mith dem worde [...] wedder solken erdom vorgehen zu lassen, und selbst die Sek-
tierer nach dem Vorbild der Stadt Nürnberg und Kursachsens mit aller Strenge zu verfolgen191.
In der Kirchenordnung spielt die Bekämpfung der abweichenden Lehren eine überragende Rolle. Bereits
im ersten Kapitel, das sich mit dem Predigtamt beschäftigt, wird den Prädikanten die Bekämpfung dieser
Lehren mit dem Wort Gottes, der Lehre Christi und den Schriften der Kirchenväter anbefohlen, während
dem Rat die Aufgabe zugewiesen wird, gegen rottegeiste, sectenmakers, swermers, wedderdöpers, sacraments
schendern mit gesetten unde straffen, mit bock unde swerdt vorzugehen192. Auch im zweiten Kapitel der Kir-
chenordnung über die Taufe (dort im Abschnitt „Wedder de Anabaptisten“, S. 441) und im dritten Kapitel
über das Abendmahl („Wedder twierley Sacrament schenders: Papisten und Sacramentisten“, S. 446, „Van
der Overicheit“, S. 456) wird dem Rat der Kampf gegen die abweichenden Lehren als eine seiner vornehm-
sten Pflichten eingeschärft. Dabei wird im Abschnitt „Van der Overicheit“ ausdrücklich auch auf den Brief
Bugenhagens von 1528 verwiesen193.
Mit dem Mandat „Wedder de Sacrament schender“ kam der Bremer Rat 1534 den Forderungen Bugen-
hagens und der Prädikanten nach. Durch das Mandat versuchte die städtische Führung, alle valsche unde
lesterlike lere zu Abendmahl und Taufe, ob nun in mündlicher Form durch die Predigt oder in schriftlicher
Form durch Flugblätter und Bücher, zu unterdrücken. Als besonders gefährlich erschienen den Ratsherren
anscheinend die Lehren des Münsteraner Täuferreichs, da diese hier ausdrücklich Erwährnung finden. Im
Januar 1562 sollte das Mandat von 1534 im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die Lehre
des Dompredigers Albert Hardenberg eine wichtige Rolle spielen (s. Nr. 12).
5. Almosenordnung [nach 1534] (Text S. 487)
Siehe die Erläuterungen unter Nr. 2.
188 Luther, WA Br 4, Nr. 1193, S. 313f.: Secta nova Anabap-
tistarum mire crescit magna specie viventium, magna auda-
cia per ignem et aquam morientium.
189 Vgl. Becker, Gemeindeordnung und Kirchenzucht,
S. 107.
190 Die Altgläubigen (papisten) machten aus dem Abendmahl
ein offer vor de levendigen unde de doden und würden es
umme dragen und bewaren [...] in schranken.
191 Abdruck des Briefes in: Quellen zur Reformationsge-
schichte (Briefe), Nr. 10, S. 262-269.
192 Vgl. die beiden Abschnitte „Wedder de Sectenmakers“
und „Van der Overicheit unde erem ampte“ (S. 434-436)
in Kapitel 1.
193 De Erbar Radt schal don, alse de hochgelerde Doctor Johan-
nes Pomeranus [...] se vormanet van desser sake yn synem
Sendebreve [...], up dat se nicht eine unlust ynn erer Stadt
krigen, tho vorderve lives unde der seele.
373
4b. Annahme der Kirchenordnung durch den Rat der Stadt Bremen. Mandat gegen die Sakraments-
schänder, 1534 (Text S. 484)
In einem Brief vom 31. Dezember 1527 berichtete Luther dem Pfarrer der Bremer Liebfrauenkirche Jakob
Probst von seinen Sorgen wegen des Anwachsens der Täuferbewegung188. Gerade das nahe Ostfriesland
wurde in den folgenden Jahren zu einem Sammelpunkt der Täufer, aber auch von Spiritualisten und Frei-
denkern189. Anscheinend machten sich in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre aber auch in Bremen
schwärmerische Lehren breit. Dies läßt sich jedenfalls aus einem Schreiben von Johannes Bugenhagen an
den Bremer Rat vom 12. September 1528 entnehmen. Bugenhagen spricht darin von Gerüchten, dat in de
gude stadt [...] gekamen synt de sakramentes schendere unde reden apenbar in allen collatien unde lesteren de lere
des evangelii Christi. Diese würden de klaren wörde des evangelii verfälschen, welche Christus bei der Ein-
setzung des Abendmahls gesprochen habe, und die Gläubigen irre machen. Bugenhagen fürchtete eine
weitere Zunahme der sakramentes schendere und schwermere in Deutschland, solange die Messen nicht auf-
hörten, in welcken Christus sacramente unde bevehl so gruwelick missgebrüket werde190. Den Bremer Rat for-
derte er auf, die Prediger mith dem worde [...] wedder solken erdom vorgehen zu lassen, und selbst die Sek-
tierer nach dem Vorbild der Stadt Nürnberg und Kursachsens mit aller Strenge zu verfolgen191.
In der Kirchenordnung spielt die Bekämpfung der abweichenden Lehren eine überragende Rolle. Bereits
im ersten Kapitel, das sich mit dem Predigtamt beschäftigt, wird den Prädikanten die Bekämpfung dieser
Lehren mit dem Wort Gottes, der Lehre Christi und den Schriften der Kirchenväter anbefohlen, während
dem Rat die Aufgabe zugewiesen wird, gegen rottegeiste, sectenmakers, swermers, wedderdöpers, sacraments
schendern mit gesetten unde straffen, mit bock unde swerdt vorzugehen192. Auch im zweiten Kapitel der Kir-
chenordnung über die Taufe (dort im Abschnitt „Wedder de Anabaptisten“, S. 441) und im dritten Kapitel
über das Abendmahl („Wedder twierley Sacrament schenders: Papisten und Sacramentisten“, S. 446, „Van
der Overicheit“, S. 456) wird dem Rat der Kampf gegen die abweichenden Lehren als eine seiner vornehm-
sten Pflichten eingeschärft. Dabei wird im Abschnitt „Van der Overicheit“ ausdrücklich auch auf den Brief
Bugenhagens von 1528 verwiesen193.
Mit dem Mandat „Wedder de Sacrament schender“ kam der Bremer Rat 1534 den Forderungen Bugen-
hagens und der Prädikanten nach. Durch das Mandat versuchte die städtische Führung, alle valsche unde
lesterlike lere zu Abendmahl und Taufe, ob nun in mündlicher Form durch die Predigt oder in schriftlicher
Form durch Flugblätter und Bücher, zu unterdrücken. Als besonders gefährlich erschienen den Ratsherren
anscheinend die Lehren des Münsteraner Täuferreichs, da diese hier ausdrücklich Erwährnung finden. Im
Januar 1562 sollte das Mandat von 1534 im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die Lehre
des Dompredigers Albert Hardenberg eine wichtige Rolle spielen (s. Nr. 12).
5. Almosenordnung [nach 1534] (Text S. 487)
Siehe die Erläuterungen unter Nr. 2.
188 Luther, WA Br 4, Nr. 1193, S. 313f.: Secta nova Anabap-
tistarum mire crescit magna specie viventium, magna auda-
cia per ignem et aquam morientium.
189 Vgl. Becker, Gemeindeordnung und Kirchenzucht,
S. 107.
190 Die Altgläubigen (papisten) machten aus dem Abendmahl
ein offer vor de levendigen unde de doden und würden es
umme dragen und bewaren [...] in schranken.
191 Abdruck des Briefes in: Quellen zur Reformationsge-
schichte (Briefe), Nr. 10, S. 262-269.
192 Vgl. die beiden Abschnitte „Wedder de Sectenmakers“
und „Van der Overicheit unde erem ampte“ (S. 434-436)
in Kapitel 1.
193 De Erbar Radt schal don, alse de hochgelerde Doctor Johan-
nes Pomeranus [...] se vormanet van desser sake yn synem
Sendebreve [...], up dat se nicht eine unlust ynn erer Stadt
krigen, tho vorderve lives unde der seele.
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