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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0190
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Die Grafschaft Waldeck

14. Kirchen- und Sittenzuchtordnungen
14a. Mandat gegen Trunksucht und Fastnachtsbräuche in Korbach 10. Januar 1547 (Text S. 222)
14b. Mandat zum Gebet für Erhalt des evangelischen Glaubens 13. Januar 1553 (Text S. 223)
14c. Kirchen- und Zuchtordnung 1. Januar 1555 (Text S. 225)
Ende der 1540er Jahre war die Reformation in sämtlichen Teilen der Grafschaft Waldeck eingeführt. Wol-
rad II. nahm 1546 am Regensburger Religionsgespräch teil, wo er Johannes Brenz kennenlernte.96 Gemein-
sam mit seinem Vetter Philipp IV. und seinem Bruder Johann I. strebte er die weitere Konsolidierung der
Reformation in seinem Land an.
1547 erließen Philipp IV. und Wolrad II. für ihre Samtstadt Korbach ein Mandat gegen Trunksucht und
Fastnachtsbräuche, die noch aus der finsternus des bapstumbs herrührten (Nr. 14a). Wolrad II. sandte den
Pfarrern seines Landesteils sowie denjenigen in Korbach 1553 ein weiteres Schreiben, in dem er sie anhielt,
mit ihren Gemeinden regelmäßig für den Erhalt des evangelischen Glaubens zu beten (Nr. 14b). Schließlich
erließ Johann I. 1555 ein Regelwerk, das als erclerung der ordnung tituliert ist. Es ist unklar, auf welche
Ordnung sich Johann hier bezog, bei dem Text handelt es sich jedoch um eine Kirchen- und Zuchtordnung
(Nr. 14c). Sie enthält Regelungen zu Sonn- und Feiertagsheiligung, Bettagen, Eheeinsegnungen sowie zur
Sitten- und Kirchenzucht. Die Ordnung sollte an Bürgermeister, Rat, Richter und Vorsteher aller Orte in
Johanns I. Herrschaftsbereich ausgehändigt werden, die für die Einhaltung der Maßgaben zu sorgen hat-
ten.

15. Kirchenordnung 31. März 1556 (Text S. 229)
Obwohl die Waldecker Grafen seit den 1520er Jahren für das evangelische Kirchenwesen ihres Landes
zahlreiche einzelne Regelungen erlassen hatten, fehlte bis Mitte des 16. Jahrhunderts noch immer eine
allgemeinverbindliche Kirchenordnung für die gesamte Grafschaft. Diese Lücke suchte man 1556 zu schlie-
ßen. Die Entstehungsgeschichte der Waldecker Kirchenordnung kann aufgrund der guten Quellenlage recht
genau nachgezeichnet werden: Wolrad II. verständigte sich Anfang 1556 mit Philipp IV. und dessen Sohn
Samuel97 sowie Johann I. über eine gemeinsame Vorgehensweise.98 Für den 18. Februar luden die Grafen die
gesamte Pfarrgeistlichkeit zu einer Synode ins Kloster Volkhardinghausen ein.99 Wolrad II. regte an, das
bevolen werde, aus den vornembsten pfarren die kirchenordnung[en] mitzubringen, damit ein gegen die ander
gehalten und soviel muglich einigkeit gestifftet mocht werden.100
Zur Vorbereitung der Synode zog man den Theologen Jeremias Homberg101 hinzu, mit dem die Grafen
am 15. Februar den Ablauf der Synode besprachen.102 Jeder der drei Landesherren entsandte eine zweiköp-
fige Kommission nach Volkhardinghausen.103 Neben den Waldecker Geistlichen erschienen auf Anregung

96 Körner, Wolrad II., S. 108-126; vgl. Vogel, Religi-
onsgespräch.
97 Zu Samuel (1528-1570) siehe Varnhagen, Grundlage,
S. 72-77; Leiss, Studierende (1904), S. 11.
98 Siehe den Briefwechsel in dieser Sache bei Curtze, Kir-
chenverfassung, S. 160f., Nr. 8 und 9.
99 Wassmann, Waldeck, S. 39; Menk, Waldecks Beitrag,
S. 25; Schultze, Reformationsgeschichte, S. 198f.
100 Schreiben vom 21. Januar 1556, StaatsA Marburg, Best.
115.7 Generalia Nr. 4.
101 Jeremias Homberg, geb. 1529 in Fritzlar, war Rektor der

Schule in Frankfurt, anschließend Diakon in Wildungen,
dann Pfarrer an verschiedenen Orten in Sachsen und
Schwaben sowie in der Steiermark. Er starb 1593 in
Regensburg, Schultze, Reformationsgeschichte, S. 201
Anm. 2.
102 StaatsA Marburg, Best. 115.7 Generalia Nr. 4.
103 Philipp IV. schickte seinen Rat, den Naumburger Amt-
mann Hermann Ulner, sowie Justus Scheffer. Wolrad II.
entsandte seinen Kanzler Hermann Nellen und seinen
Sekretär Caleb Hefentreger (Trygophorus). Johann I.
delegierte den Hofmeister Hermann von Zertzen und sei-

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