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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0405
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9. Kirchenordnung für Solms-Laubach [1576-1580]

Zum andern, da junge oder sonst andre gute leutlein
kommen, die auch woll fein bekantnus irer sünden
thuen one erinnerung des kirchendieners, man weiß
aber gleichwoll nit gewiß, wie sie sonst in dem ver-
standt und gewissen geschickt sein, diese mag man
erstlich im volgenden oder dergleichen nötigen und
gemeinen fragen aus dem catechismo examiniren:
Was ist sünde?
Sünde ist alles, was wider Gottes gesetz und ge-
bott streitet.
Wie weistu, das du ein sünder bist?
Auß den zehen gebotten152, welche ich nicht ge-
halten hab noch aus eigenen kräfften zuhalten ver-
mag.
Was hastu domit verdient? 42r |
Gottes schweren zorn und den ewigen todt
sambt allen andern zeitlichen und ewigen strafen.
Lästu dir auch solches leidt sein?
Ja, es ist mir von hertzen leidt und begere gnad
und vergebung von Gott.
Wie erlangt man solche gnad und vergebung bei
Gott?
Allein durch den glauben an Jhesum Christum,
den sohn Gottes, welcher fur unsere sünde ist ge-
storben und umb unserer gerechtigkeit willen wider
auferstanden.
Glaubstu dan auch, das Jhesus Christus auch fur
deine sunde gestorben sey?
Ja, ich glaub es gewißlich und darumb begere ich
auch die absolution von euch.
Glaubstu dan auch, das des kirchendieners verge-
bung Gottes vergebung sey?
Ja, ich glaub es.
Wie bistu des gewiß?
Auß den wortten Christi, da er spricht: Welchen
ir die sunde vergebet, denen seint sie verge-
ben153.
Weil du nun itzt vergebung der sünden empfehest
im wort, warumb wiltu dan noch zum nachtmal des
herrn gehen?
Darumb, weil es meines hern Christi bevelch ist,
auf das ich desto gewisser und mehr trostes hab und
dieser mein glaub durch 42v | das sacrament des
152 Ex 20,1-17; Dtn 5,6-21.
153 Joh 20,23.

leibs und bluts Christi als durch ein gewißes sigill
und pfandt gestercket werde.
Was empfehestu in dem nachtmal des herrn?
Den waren leib Christi im brodt und das wahre
blut Christi im wein.
Wem nutzet oder dienet der brauch dieses nacht-
mals?
Allein denen, die zu Gott bekheret seint und die
es also nach Christi einsatzung empfahen in einem
rechten glauben, das Christus fur ire sünde gestor-
ben sey und mit dem fursatz, das sie ir leben wöllen
bessern.
Hastu dan auch diesen fursatz, das du dich vorthin
wöllest bessern und frommer sein?
Ja, Gott wölle mir mit seiner gnad darzu helffen,
amen.
Darnach, wan sie nun in diesen fragen examinirt
und underrichtet seint, so vermane und tröste er sie
dan weitter auf diese weise:
Liebes kindt, dieweil du dich dan also fur einen ar-
men sünder bekennest und lässest dir deine sünde
leidt sein, glaubst auch an Christum und wilt dich
vorthin bessern, thuestu recht und woll daran, das
du die absolution und das nachtmal begerest und
solt solches oft thuen. Allein siehe zu und laß dirs
ernst sein und verachte Gottes zorn oder gnade
nicht, dan Gott ist ein zorniger, 43r | eiferiger Gott
und siehet ins hertz und läst sich nicht bedriegen,
gleich wie er auch dargegen ein trewer, gnediger
Gott ist, der seine gnad und verheissung gewiß helt
und leistet allen denen, die sich herztlich zu ime be-
kheren, derhalben, so stee vorthin von sünden abe
und bete fleissig, meide onnötig schweren, fluchen
und gotteslesterung, gehe fleissig in die kirche und
zu Gottes wortt, als154 du bisher gethan hast. Hab
die kirchendiener vor augen, sey deinen alten hern,
frawen, schulmeistern, vormundern etc. gehorsam,
hute dich vor böser geselschafft, zorn, neidt, haß,
sauffen, fressen, unzucht, spielen, diebstall, liegen,
driegen und bösen nachreden, warte deines berufs
und deiner arbeit trewlich. Da du nun solches thuen
154 Wie. Möglich ist auch die Lesart: fleißiger als bisher.

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