208
Ar chippos
Trotz der „attizistischen“ Absicht seines Onomastikon akzeptiert Pollux näm-
lich - im Vergleich zu Phrynichos (s. dazu Tosi 2007, 6; Sonnino 2014, 166-73
und Tosi 2013, 145) - ein breiteres Spektrum von Autoren (darunter auch die
Komödiendichter des 4. / 3. Jh. v. Chr.) als Muster für ein reines Attisch; s. auch
infra zum Zitatkontext von fr. 61 (Anm. 426).
Zu weiteren Diskussionen von νακοτίλτης bei den Lexikographen vgl.
Synag. A v 8 (nach Cunningham 2003, 347 aus Kyrillos) = Phot, v 13 = Sud.
v 22 = Zonar, p. 1384,9 νακοτίλται· οι των προβάτων κουρεΐς; das ähnliche
Hesych. v 45 νακοτίλται· οί κείροντες τα πρόβατα undEust. in Od. 1171,48-49
νακοτίλλαι οί τίλλοντες τα κώδια, ως φασιν οί παλαιοί.
Textgestalt Das von Pollux überlieferte νακοτιλτούντα könnte der von
Archippos eigentlich verwendeten Form von νακοτιλτεϊν möglicherweise
nicht entsprechen. Bei Pollux (s. Tosi 2007, 9) und im Allgemeinen bei den
Lexikographen (Bossi-Tosi 1979-1980, 9-13) werden nämlich die zitierten
Verbformen üblicherweise im Infinitiv (Präsens oder Aorist), in der 1. oder
(weniger häufig) 3. Pers. Sg. zitiert; während bei Substantiven und Adjektiven
der Nominativ und der Akkusativ (Maskulinum Singular oder das Neutrum)
manchmal im Plural vorkommen. In Bezug auf Archippos’ Fragment kann
man also annehmen, dass Kasus, Numerus und Genus von νακοτιλτούντα
aus dem Lemmatisierungsverfahren entstanden sein könnten, während die
Verwendung des Partizips, die üblicherweise nicht das Ergebnis einer Lemma-
tisierung ist, auf Archippos zurückgeht.283
Interpretation Neben der Bedeutung „Haare aus einem Vlies ausrupfen“ ist
für das Verb νακοτιλτέω auch eine übertragene Bedeutung vorstellbar, z. B.
„eine Person enthaaren“, vgl. die metaphorische Verwendung von τίλλω in
Ar. Av. 285 (mit Dunbar 1995, 236), wo der Vogel Kailias von Sykophanten und
Hetären „ausgerupft“ (und das bedeutet: ausgenommen) wird.
Nach Blümner (1912, 102 mit Anm. 5) beziehen sich νακοτιλτέω und die
verwandten Begriffe νακοτίλτης (Philem. fr. 13) und νακότιλτος (Cratin.
fr. 48)284 auf das „Ausrupfen“ von Schafen. Für diese Möglichkeit sprechen
(1) die νακοτίλτης-Glosse bei den lexikographischen Quellen (s. supra zum
283 Vor Edmonds I, 802 wurde Archippos’ Fragment als νακοτιλτοϋντας gesetzt (s.
aber die Anmerkung von lacobi ap. Meineke FCG V.I, cxi). Die Form findet sich
in Dindorfs Pollux-Ausgabe (1824), obwohl νακοτιλτούντα vor Bethes Ausgabe
bereits bei Bekker (1846) zu lesen ist.
284 Blümner (1912, 102 mit Anm. 5) betrachtet auch νακότιλτος als Nomen agentis
und zwar als Synonym von νακοτίλτης, was aber dem Text des Fragments und der
Akzentuierung des Substantivs widerspricht.
Ar chippos
Trotz der „attizistischen“ Absicht seines Onomastikon akzeptiert Pollux näm-
lich - im Vergleich zu Phrynichos (s. dazu Tosi 2007, 6; Sonnino 2014, 166-73
und Tosi 2013, 145) - ein breiteres Spektrum von Autoren (darunter auch die
Komödiendichter des 4. / 3. Jh. v. Chr.) als Muster für ein reines Attisch; s. auch
infra zum Zitatkontext von fr. 61 (Anm. 426).
Zu weiteren Diskussionen von νακοτίλτης bei den Lexikographen vgl.
Synag. A v 8 (nach Cunningham 2003, 347 aus Kyrillos) = Phot, v 13 = Sud.
v 22 = Zonar, p. 1384,9 νακοτίλται· οι των προβάτων κουρεΐς; das ähnliche
Hesych. v 45 νακοτίλται· οί κείροντες τα πρόβατα undEust. in Od. 1171,48-49
νακοτίλλαι οί τίλλοντες τα κώδια, ως φασιν οί παλαιοί.
Textgestalt Das von Pollux überlieferte νακοτιλτούντα könnte der von
Archippos eigentlich verwendeten Form von νακοτιλτεϊν möglicherweise
nicht entsprechen. Bei Pollux (s. Tosi 2007, 9) und im Allgemeinen bei den
Lexikographen (Bossi-Tosi 1979-1980, 9-13) werden nämlich die zitierten
Verbformen üblicherweise im Infinitiv (Präsens oder Aorist), in der 1. oder
(weniger häufig) 3. Pers. Sg. zitiert; während bei Substantiven und Adjektiven
der Nominativ und der Akkusativ (Maskulinum Singular oder das Neutrum)
manchmal im Plural vorkommen. In Bezug auf Archippos’ Fragment kann
man also annehmen, dass Kasus, Numerus und Genus von νακοτιλτούντα
aus dem Lemmatisierungsverfahren entstanden sein könnten, während die
Verwendung des Partizips, die üblicherweise nicht das Ergebnis einer Lemma-
tisierung ist, auf Archippos zurückgeht.283
Interpretation Neben der Bedeutung „Haare aus einem Vlies ausrupfen“ ist
für das Verb νακοτιλτέω auch eine übertragene Bedeutung vorstellbar, z. B.
„eine Person enthaaren“, vgl. die metaphorische Verwendung von τίλλω in
Ar. Av. 285 (mit Dunbar 1995, 236), wo der Vogel Kailias von Sykophanten und
Hetären „ausgerupft“ (und das bedeutet: ausgenommen) wird.
Nach Blümner (1912, 102 mit Anm. 5) beziehen sich νακοτιλτέω und die
verwandten Begriffe νακοτίλτης (Philem. fr. 13) und νακότιλτος (Cratin.
fr. 48)284 auf das „Ausrupfen“ von Schafen. Für diese Möglichkeit sprechen
(1) die νακοτίλτης-Glosse bei den lexikographischen Quellen (s. supra zum
283 Vor Edmonds I, 802 wurde Archippos’ Fragment als νακοτιλτοϋντας gesetzt (s.
aber die Anmerkung von lacobi ap. Meineke FCG V.I, cxi). Die Form findet sich
in Dindorfs Pollux-Ausgabe (1824), obwohl νακοτιλτούντα vor Bethes Ausgabe
bereits bei Bekker (1846) zu lesen ist.
284 Blümner (1912, 102 mit Anm. 5) betrachtet auch νακότιλτος als Nomen agentis
und zwar als Synonym von νακοτίλτης, was aber dem Text des Fragments und der
Akzentuierung des Substantivs widerspricht.