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Πλούτος (fr. 40)

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sammen, das er darin sieht, dass in der fairen Sparsamkeit der echte Reichtum
liege. Ebenso spekulativ ist Kaibels (1889, 55) Deutung des vorliegenden
Fragments («die Worte [...] scheint Plutos zu sprechen, der, nachdem er wie-
der sehend geworden, sich der vorher nicht bemerkten Schäbigkeit seiner
Kleidung schämt»). Diese Annahme Kaibels hängt mit seiner Interpretation
des ganzes Stückes als einer Nachahmung von Aristophanes’ Plutos zusammen
(s. supra zum Inhalt der Komödie).
In der Komödie kommt das Flicken von Kleidungsstücken auch in Men.
fr. 474,2 ίμάτιον άκούμεθα („wir bessern den Umhang aus“) zur Sprache; vgl.
außerdem das Ausbessern eines Siebes in Ar. fr. 239 (ap. Phryn. Ecl. 64, s. infrd)
und eines Netzes in Men. fr. 474,1.
Wenn es sich bei ραφίς („Nadel“) um eine nicht-attische Form für βελόνη
handelt (s. supra zum Zitatkontext), könnte der Sprecher als Nicht-Athener
charakterisiert worden sein. In jedem Fall ist sein Stil gewählt, vgl. die
Alliteration λίνον-λαβών und ραφίδα, ρήγματα, σύρραψον und die figura
etymologica ραφίδα-σύρραψον.
Die angesprochene (männliche, vgl. λαβών) Figur war vielleicht ein Sklave
oder - weniger wahrscheinlich - ein echter Flickschneider. Die Tätigkeit,
Kleidungstücke und Textilien zu flicken (s. Blümner 1912, 212-4), fiel sicher-
lich unter die üblichen Haushaltstätigkeiten. Jedoch könnte es sich dabei auch
um einen Beruf handeln, vgl. die Bezeichnung άκεστής, die für die attische
Form für ήπητής gehalten wurde (Phryn. Ecl. α 64 und vgl. ferner z. B. Synag.
A α 226 = Phot, α 729 - Sud. α 841;) und Xen. Cyr. 1,6,16 ίματίων ραγέντων
... άκεσταί („Flickschneider von zerrissenen Umhängen“), in dem άκεσταί
und ήπηταί variae lectiones in den Handschriften sind. Die weibliche Form
άκέστρια („Flickschneiderin") ist außerdem der Titel einer Komödie des
Antiphanes (frr. 21-4) und (im Plural) der Titel eines Mimos des Sophron (frr.
l-*2);341 in der lateinischen Eiteratur s. auch Eaberius’ Belonistria.
1 ραφίδα Die Definition von άκέστρα in Et. magn. p. 46,32-3 als
eine „ziemlich große Nadel“ (ή βελόνη ή μείζων) könnte suggerieren, dass
ραφίς / βελόνη diesen Gegenstand in seiner üblichen Form und Größe bezeich-
net (zu den Nadeln s. Steimle 2000). Archippos’ Fragment gilt als einziger Beleg
für ραφίς als attische Bezeichnung für „Nadel“ (s. supra zum Zitatkontext).
Abgesehen davon ist das Substantiv in dieser Bedeutung auch z. B. in Hp. Morb.
2,66 (vol. VII p. 100,14 Littre); Clearch. fr. 87 Wehrli und Herond. 5,66 (Nadel
für Tätowierungen) belegt. Allerdings sind bei den attischen Schriftstellern
auch die Okkurrenzen von βελόνη selten, vgl. Eup. fr. 277 (mit Olson 2016, 418;

341 Olivieri (1947, 64) übersetzt den Titel im Gegensatz nicht als „Flickschneiderinnen“,
sondern als „Ärztinnen“; s. dagegen Hordern 2004, 123.
 
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