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Sonntag, Jörg [Editor]; Ziegler, Thomas A. [Oth.]
Die Gesetzgebung der Cauliten im 13. Jahrhundert: ausgewählte Zeugnisse ihrer Verfassung : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 10: Regensburg: Schnell + Steiner, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.72132#0073

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72

Einleitung

rend des gesamten 13. Jahrhunderts in den Statuten nicht thematisiert wird. Sie be-
gegnet allein im Liber Ordinarius der frühen Jahre nach der Übernahme der Bene-
diktsregel - und dort im Nachklang des Kapitels über die allgemeine Priorenwahl,
die erneut secundum morem Cisterciensium erfolgen solle. Käme es demnach zur
Wahl eines Priors, seien ausdrücklich der Prior von Val-des-Choux und diejeni-
gen zusammenzurufen, denen er es vorschreibe. Die Mönche (monachi) wählten
nun gemäß dem Urteil des pater prior, gemeint ist hier im Besonderen des Groß-
priors, einen Prior für sich. Tatsächlich vermerkt eine spätere Hand in M, es sei
beschlossen worden, dass ein Prior des Caulitenordens auf Vorschlag des Groß-
priors gewählt werden soll.124 Aus welcher Zeit genau dieser Eintrag stammt, ist
indes unklar. Im Mutterhaus aber, so sieht es der Liber Ordinarius weiter vor,
sollen alle Prioren, die dereinst aus Val-des-Choux abberufen worden wären, und
die Mönche des Hauses gemeinsam den Großprior wählen.125 Dies obliegt also
ausdrücklich nicht allen Oberen des Ordens oder gar dem Generalkapitel.
Dieser Wahlmodus besitzt einen durchaus vergleichbaren Charakter mit dem-
jenigen des Abts von Cluny, der zu Beginn eine ähnliche Rechtsstellung inner-
halb des Cluniazenserordens wie der Prior von Val-des-Choux im Caulitenorden
besaß. Trotz dieser und anderer Hoheitsrechte des Großpriors wurde seine in-
dividuelle Gestaltungskraft im Laufe des 13. Jahrhunderts zugunsten des Gene-
ralkapitels und seiner Statutengesetzgebung sukzessive dezimiert. Die Macht des
Großpriors definierten also der Liber Ordinarius und sodann immer stärker tat-
sächlich das Generalkapitel mittels der Statuten, an denen der Prior von Val-des-
Choux zwar mitwirkte, aber auf Zustimmung des Kapitels und später insbesonde-
re im Gremium des Definitoriums angewiesen war. Die Größe dieses caulitischen
Definitoriums bleibt, wie schon erwähnt, unklar.126
Diese Machtbeschränkung eines einzelnen Ordensoberhauptes durch das die
Gemeinschaft institutionell verkörpernde Generalkapitel, mithin die Einbindung
dieses Ordensoberhauptes in eine stärker konstitutionelle Monarchie ist indes kei-
ne Seltenheit innerhalb der mittelalterlichen Ordenslandschaft. Sie ist im Gegen-
teil gängige Praxis und ereilte selbst den Abt von Cluny.127 Noch stärker ereilte sie
den Generalprior der Wilhelmiten, den die Ordensklöster nicht einmal beherber-

124 Hs. M, fol. 121r: Statutum est, quod prioratus ordinis Vallis Caulium ad nominationem prioris
majoris sunt.

125 Vgl. den Liber Ordinarius, De priore, in Birch, Ordinale, S. 81.

126 Siehe dazu schon oben, S. 56.

127 Dazu Melville, The Abbot of Cluny at the Turning Point from the Charismatic-Traditional to
Legal Authority, bes. S. 162-164.
 
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