Metadaten

Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0056
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2.3 Systematisierungen: Ordnungen der Gewissensarten

55

Nicht wenige Autoren beschränken sich jedoch darauf, die verschiedenen Zu-
stände zu benennen, die ein Gewissen haben könne, ohne dabei auch Kombinatio-
nen bestimmter Eigenschaften zu vermerken. So zählte der spanische Dominikaner
Bartolome de Medina (f 1580) in seiner Auslegung In primam secundae der
theologischen Summe des Thomas von Aquin vier Arten auf: „Conscientia qua-
druplex est, recta, erronea, dubia, et scrupulosa.“162 Die gleiche Aufzählung findet
sich auch beim Benediktiner Giovanni Chiericato (f 1717), der in seinen Erote-
mata Ecclesiastica die Frage „Quotuplex sit Conscientia?“ bereits knapp mit „Est
quadruplex“ beantwortete: „Recta, Erronea, Dubia und Scrupulosa.“163 164 Ergänzt
findet man diese Reihe bei dem sizilianischen Jesuiten Francesco Bardi (f 1661),
der schon im Titel seiner Moralischen Erörterungen (Disceptationes morales) auf
jene Qualitäten verwies, die dem Gewissen zugeschrieben werden können: recta,
erronea, probabilis, dubia, scrupulosa)M Zugleich betonte er ausdrücklich, dass
unter den Gelehrten in dieser Frage keine Einigkeit herrsche.165 Wenig später be-
nannte der Servit Dominico Maria Brancaccina (f 1689) in seinen vier Bänden
De iure doctoratus vier Arten des Gewissens. Die conscientia begegne - wenn man
Unwichtiges beiseite lasse - als: certa, dubia,probabilis und scrupulosaM6 In seinem
während des gesamten 18. Jahrhunderts hinweg in mehrfacher Auflage erschiene-
nen Dictionarium Casuum Conscientiae führt der Pariser Jurist Jean Pontas
(f 1728) zweimal zwei Arten an: gut (bona) und falsch bzw. irrend (falsa seu erro-
nea) sowie zweifelnd (dubia) und ängstlich genau (scrupulosa), als fünfte Klassifi-
zierung wird noch das wahrscheinliche Gewissen (probabilis) benannt.167
162 Bartolome de Medina, Expositio in primam secundx, qu. 19, art. 6, S. 174 a. Vgl. zu ihm
M. Turrini, La Coscienza e le leggi, s.v.
163 G. Chiericato, Erotemata Ecclesiastica, S. 3°. Zu ihm vgl. N.N., „ Chiericato, Giovanni Maria“.
164 F. Bardi, Disceptationes morales de conscientia in communi, recta, erronea, probabili, dubia, et
scrupulosa (1650). In der drei Jahre später in Deutschland erschienenen Ausgabe (1653) war der
Titel leicht modifiziert, in Bezug auf die Qualitäten der conscientia aber unverändert: Discepta-
tiones et conclusiones morales de conscientia [...].
165 Unter der Überschrift De variis conscientia divisionibus benannte er verschiedene Einteilungs-
möglichkeiten, wies jedoch gleich zu Beginn darauf hin, dass „Discrepant authores dividenda
conscientia“. F. Bardi, Disceptationes morales, discept. I, cap. 7, S. 38. Unter dem Stichwort
„De variis conscientiae Divisionibus“ vermerkt er: „Alia: divisiones, qua: a nonnullis fieri solent
[...] videlicet in conscientiam bonam, et malam, pacatam, seu tranquillam, et perturbatam, seu
confusam Ebd., cap. 7, S. 40. Hier werden Bezüge zum Viererschema deutlich.
166 „Ex his tarnen divisionibus si illas omittamus, qu^ sunt minus pra:cipua:, ac leviores patiuntur
difficultates, utique dici potest, Conscientia esse omnino quadruplex, videlicet, Certa, Dubia,
Probabilis, et Scrupulosa [...].“ D. M. Brancaccina, De iure doctoratus, S. 117 b. Brancacci-
na zählt darüberhinaus zu den wenigen mir bekannten Autoren, die auch auf den Gewissens-
traktat des Petrus Cellensis rekurrieren (ebd.).
167 „Duplex statim distinguenda est Conscientia, scilicet, bona, hoc est, vera [...] et falsa, seu erro-
nea [...] Tertia est Conscientia: species, quam probabilem Theologi appellant [...] Duplex alia
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften