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Breitenstein, Mirko
Vier Arten des Gewissens: Spuren eines Ordnungsschemas vom Mittelalter bis in die Moderne : mit Edition des Traktats De quattuor modis conscientiarum — Klöster als Innovationslabore, Band 4: Regensburg: Schnell + Steiner, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.49623#0322
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6.2 Bearbeitungen, Zitate und Paraphrasen

321

für die hier präsentierten Qualifizierungen des guten Gewissens griff er erneut
auf den zuvor zitierten Traktat zurück, wenn auch auf die nachträglichen Erwei-
terungen, die ja aber bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts noch in allen Druckaus-
gaben enthalten waren.407 Es folgt ein analoges Kapitel über das schlechte Gewis-
sen und die aus diesem erwachsende Unruhe („Quid sit Conscientia mala? Et
quze ab illa turba? Qui et tumultus?“). Und auch die hier präsentierten Textaus-
züge sind wieder jenen eben bereits erwähnten Ergänzungen entnommen, die
Lobbet zu seiner Zeit sowohl in den Drucken von De interiori domo als auch in
jenen von De quattuor modis conscientiarum finden konnte.408
Während die gesamte erste Quaestio von Lobbets Traktat auf De quattuor
modis conscientiarum als Hauptquelle bezogen ist, stehen in der zweiten und
abschließenden über Furcht, Schmerz und Scham als den drei Begleitern eines
schlechten Gewissens („De tribus Asseclis malze Conscientize: Timore, Dolore,
Pudore“) andere Schriften als Referenzen im Fokus. Dies zeigt, dass die deutliche
Präferenz für den Traktat Von den vier Arten der Gewissen im ersten Teil von
Lobbets Werk über die conscientia nicht etwa dessen nur eingeschränkter Ver-
trautheit mit der Materie oder einer begrenzten eigenen Lektüre geschuldet ist,
sondern aus einer bewussten Entscheidung resultierte. Der Text schien ihm ganz
offenbar in besonderer und exklusiver Weise geeignet, Fragen nach dem Gewis-
sen als solchem, nach seinen Qualitäten und seinen Funktionen für den Men-
schen zu beantworten.
Georges d’Amiens: Trina Pauli Theologia
Mit der Trina Pauli Theologia begegnet ein ausdrücklich exegetisches Werk, in
dem auf die vier Gewissensarten Bezug genommen wurde. Ihr Verfasser, der
Kapuziner Georges d’Amiens (f 1661 ),409 war zuvor bereits mit einer umfang-
reichen und kommentierten Tertullian-Ausgabe an die Öffentlichkeit getreten,410
die ihn als Vertreter jenes im 17. Jahrhundert zu neuer Blüte gekommenen christ-
lichen Stoizismus bekannt gemacht hatte.411
407 „Conscientia bona titulus religionis [...] in die autem judicii aperiendus.“ Ebd., § 4, S. 49 a. Vgl.
De quattuor modis conscientiarum, cap. VI.2, oben S. 220, Z. 13-21, sowie zum Zusammenhang
oben im Kapitel 4.2 b).
408 „Nihil in hac vita securius, nichil jucundius [...] illa tarnen semper erit secura. [...] Nulla poena
major est mala conscientia [...] ipsa accusat, ipsa damnat, ipsa punit.“ J. Lobbet, Tractatus de
conscientia, qu. 1, § 5, S. 52 a. Vgl. De quattuor modis conscientiarum, cap. VI.2-3, oben S. 220,
Z. 21-S. 222, Z. 24, sowie zum Zusammenhang oben im Kapitel 4.2 b).
409 Zu ihm vgl. Willibrord de Paris, „ Georges d’Amiens“.
410 Vgl. hierzu H.-J. Martin, Livre, pouvoirs et societe, Bd. 1, S. 111.
411 Vgl. hierzu die Forschungen Julien-Eymard d’Angers, zusammengestellt in: Recherches sur le
Stoicisme aux xvie et xvne siecles sowie speziell zu Georges d’Amiens seine Studie Seneque et le
 
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