Die Wirtschaftsformen des Zisterzienserordens I 135
Die sich über Jahrzehnte hinziehende Gestaltung der wirtschaftlichen Grund-
lagen ist nicht unbedingt identisch mit der eigentlichen Wirtschaftsführung, ein
Bereich in dem die Zisterzienser wiederum Kreativität und Gestaltungsmacht
zu zeigen imstande waren. Klosterbesitzungen wurden nicht nur zusammenge-
fasst, sondern auch geformt. Dazu konnte die Schaffung von Wüstungen, die
Verlegung von Siedlungen aber auch die Umleitung von Straßen oder sogar die
Neudefinition von Pfarreigrenzen gehören.47 Neben der logistischen Anbin-
dung an Märkte zum Verkauf von Überschüssen und eigenen Produkten, die
mit Hilfe permanenter städtischer Niederlassungen und dem Aufbau von regel-
rechten Fuhrparks oder Transportflotten erfolgte48, ist bei vielen Klöstern auch
eine intellektuelle Auseinandersetzung mit Handelsverfahren und Finanzie-
rungstechniken zu bemerken, wobei sie zum Teil - etwa bei der Gewährung von
Krediten - älteren Traditionen folgten, aber auch Neuerungen aufnahmen. Die
zuweilen hierbei gezeigte Flexibilität ging so weit, dass manche Klöster bereit
waren, auch gegen die Prinzipien des eigenen Ordens zu handeln. Auf die Ge-
fahren, durch Wucher erwirtschaftetes Geld als Depositum anzunehmen, weist
Caesarius von Heisterbach hin.49 Ein weiteres Beispiel für Abweichungen von
der Norm ist Kolbatz, das in den 1170er Jahren auch Ländereien mit Leibeige-
nen besaß, also nicht nur Eigenwirtschaft betrieb. Derartige Beispiele häuften
sich in den folgenden Jahrzehnten.50 Im 13. Jahrhundert gingen dann viele
47 Barley, Cistercian Land Clearances in Nottinghamshire (wie Anm. 12), S. 75.
48 Reinhard Schneider, Stadthöfe der Zisterzienser: Zu ihrer Funktion und Bedeutung, in:
Zisterzienser-Studien 4 (Studien zur europäischen Geschichte 14), Berlin 1979, S. 11-28;
Winfried Schich, Die Stadthöfe der fränkischen Zisterzienserklöster in Würzburg. Von den
Anfängen bis zum 14. Jahrhundert, in: Wolfgang Ribbe (Hg.) Zisterzienser-Studien 3 (Studi-
en zur europäischen Geschichte 13), Berlin 1976, S. 45-94; Gerd Steinwascher, Die Zister-
zienserstadthöfe in Köln, Köln 1981, S. 122; auf die Rolle der Zisterzienser als Gründer städ-
tischer Siedlungen weist hin: Charles Higounet, Cisterciens et Bastides, in: Le Moyen Age
56, 1950, S. 69-84. Die Bedeutung der englischen Stadthöfe war geringer, auch gab es hier
weniger Stadtgründungen, Richard Donkin, The Urban Property of the Cistercians in Me-
dieval England, in: Analecta Sacri Ordinis Cisterciensis 15, 1959, S. 104-131, hier S. 104, 107;
Ders., The Disposal of Cistercian Wool in England and Wales Düring the Twelfth and Thir-
teenth Centuries, in: Citeaux in de Nederlanden 8, 1957, S. 109-131, 181-202, hier S. 116, 184;
Dolberg, Die Cistercienser-Mönche und Conversen (wie Anm. 12), S. 361-362; Winfried
Schich, Der frühe zisterziensische Handel und die Stadthöfe der fränkischen Zisterzienser,
in: Wollenberg (Hg.), In Tal und Einsamkeit (wie Anm. 8), S. 121-143, hier: S. 133-137;
McGuire, The Cistercians in Denmark (wie Anm. 9), S. 142.
49 Caesarii Heisterbacensis monachi Ordmis Cisterciensis Dialogus Miraculorum, ed. Joseph
Strange, 2 Bde., Köln/Bonn/Brüssel 1851, Bd. 1, S. 108: De pecunia usurarii, quaepecuniam
monasterii iuxta se positam devoravit.
50 Wiswe, Grangien niedersächsischer Zisterzienserklöster (wie Anm. 5), S. 56-58; Epperlein,
Gründungsmythos (wie Anm. 14), S. 316; Bauernfeind, Eigenwirtschaft und Grundherr-
schaft (wie Anm. 12), S. 27-28; Landbuch des Klosters Zinna, ed. Ribbe/Schultze (wie
Die sich über Jahrzehnte hinziehende Gestaltung der wirtschaftlichen Grund-
lagen ist nicht unbedingt identisch mit der eigentlichen Wirtschaftsführung, ein
Bereich in dem die Zisterzienser wiederum Kreativität und Gestaltungsmacht
zu zeigen imstande waren. Klosterbesitzungen wurden nicht nur zusammenge-
fasst, sondern auch geformt. Dazu konnte die Schaffung von Wüstungen, die
Verlegung von Siedlungen aber auch die Umleitung von Straßen oder sogar die
Neudefinition von Pfarreigrenzen gehören.47 Neben der logistischen Anbin-
dung an Märkte zum Verkauf von Überschüssen und eigenen Produkten, die
mit Hilfe permanenter städtischer Niederlassungen und dem Aufbau von regel-
rechten Fuhrparks oder Transportflotten erfolgte48, ist bei vielen Klöstern auch
eine intellektuelle Auseinandersetzung mit Handelsverfahren und Finanzie-
rungstechniken zu bemerken, wobei sie zum Teil - etwa bei der Gewährung von
Krediten - älteren Traditionen folgten, aber auch Neuerungen aufnahmen. Die
zuweilen hierbei gezeigte Flexibilität ging so weit, dass manche Klöster bereit
waren, auch gegen die Prinzipien des eigenen Ordens zu handeln. Auf die Ge-
fahren, durch Wucher erwirtschaftetes Geld als Depositum anzunehmen, weist
Caesarius von Heisterbach hin.49 Ein weiteres Beispiel für Abweichungen von
der Norm ist Kolbatz, das in den 1170er Jahren auch Ländereien mit Leibeige-
nen besaß, also nicht nur Eigenwirtschaft betrieb. Derartige Beispiele häuften
sich in den folgenden Jahrzehnten.50 Im 13. Jahrhundert gingen dann viele
47 Barley, Cistercian Land Clearances in Nottinghamshire (wie Anm. 12), S. 75.
48 Reinhard Schneider, Stadthöfe der Zisterzienser: Zu ihrer Funktion und Bedeutung, in:
Zisterzienser-Studien 4 (Studien zur europäischen Geschichte 14), Berlin 1979, S. 11-28;
Winfried Schich, Die Stadthöfe der fränkischen Zisterzienserklöster in Würzburg. Von den
Anfängen bis zum 14. Jahrhundert, in: Wolfgang Ribbe (Hg.) Zisterzienser-Studien 3 (Studi-
en zur europäischen Geschichte 13), Berlin 1976, S. 45-94; Gerd Steinwascher, Die Zister-
zienserstadthöfe in Köln, Köln 1981, S. 122; auf die Rolle der Zisterzienser als Gründer städ-
tischer Siedlungen weist hin: Charles Higounet, Cisterciens et Bastides, in: Le Moyen Age
56, 1950, S. 69-84. Die Bedeutung der englischen Stadthöfe war geringer, auch gab es hier
weniger Stadtgründungen, Richard Donkin, The Urban Property of the Cistercians in Me-
dieval England, in: Analecta Sacri Ordinis Cisterciensis 15, 1959, S. 104-131, hier S. 104, 107;
Ders., The Disposal of Cistercian Wool in England and Wales Düring the Twelfth and Thir-
teenth Centuries, in: Citeaux in de Nederlanden 8, 1957, S. 109-131, 181-202, hier S. 116, 184;
Dolberg, Die Cistercienser-Mönche und Conversen (wie Anm. 12), S. 361-362; Winfried
Schich, Der frühe zisterziensische Handel und die Stadthöfe der fränkischen Zisterzienser,
in: Wollenberg (Hg.), In Tal und Einsamkeit (wie Anm. 8), S. 121-143, hier: S. 133-137;
McGuire, The Cistercians in Denmark (wie Anm. 9), S. 142.
49 Caesarii Heisterbacensis monachi Ordmis Cisterciensis Dialogus Miraculorum, ed. Joseph
Strange, 2 Bde., Köln/Bonn/Brüssel 1851, Bd. 1, S. 108: De pecunia usurarii, quaepecuniam
monasterii iuxta se positam devoravit.
50 Wiswe, Grangien niedersächsischer Zisterzienserklöster (wie Anm. 5), S. 56-58; Epperlein,
Gründungsmythos (wie Anm. 14), S. 316; Bauernfeind, Eigenwirtschaft und Grundherr-
schaft (wie Anm. 12), S. 27-28; Landbuch des Klosters Zinna, ed. Ribbe/Schultze (wie