150 I Martin Kintzinger
ren, Innovation neben Tradition, externe Vermittlung statt interner Konservie-
rung also - daher steht das Interview unter dem Titel „Innovationen im Mittel-
alter. Impulse aus dem Kloster“. Kloster und Innovation - erneut ein (nur
scheinbarer) Widerspruch?
Bleibt der experimentierende Mönch ein Mythos, wie der vermeintliche Fran-
ziskaner Berthold Schwarz/Bertholdus Niger, der im 14. Jahrhundert angeblich
das nach ihm benannte Schwarzpulver erfunden haben soll?9 Steht hingegen ein
Gelehrter wie der doctor mirabilis des 13. Jahrhunderts, Roger Bacon, Franziska-
ner, Universitätslehrer in Oxford und Paris, Autor richtungsweisender Schriften
zur Optik, Mathematik, Alchemie und Astronomie, erklärter Aristoteliker und
programmatischer Empiriker, nur für sich oder repräsentiert er einen Typus des
monastischen Gelehrten?10
Drei Leitfragen stellen sich hier: Sind Tradition und Innovation als gegensätzlich
oder komplementär zu verstehen? Sind Innovation und „Impulse“ aus dem Kloster
als nach außen gerichtete oder als auf Herausforderungen von außen reagierende
Wirkungen anzunehmen? Sind die Akteure solcher Innovation - sozusagen die Be-
treiber des Labors - bestimmte monastische Orden oder einzelne Klöster, Gruppen
von Mönchen oder Einzelpersonen aus dem klösterlichen Milieu?
2. Monastik und Scholastik im Labor
Bislang wurde das Thema „das Kloster als Innovationszentrum“ vorwiegend
im Kontext der Wirtschafts- und Technikgeschichte untersucht, so in einem un-
ter diesem Titel 2007 posthum publizierten Beitrag von Dieter Hägermann,
dessen Untertitel seinen Gegenstand konkretisiert: „Mühlenbetrieb, Salzpro-
duktion und Bergbau“.11 Zunächst für den Eigenbedarf entwickelt, waren tech-
nische Neuerungen besonders dazu geeignet, über das Kloster hinaus impuls-
gebend und innovativ zu wirken, in Reaktion auf entsprechende Bedarfe oder
durch das Anregungspotential ihrer Praxis.
9 Vgl. Gerhard W. Cramer, Berthold Schwarz. Chemie und Waffentechnik im 15. Jahrhun-
dert, München 1995.
10 Vgl. Brian Clegg, The first scientist. A Life of Roger Bacon, London 2003; vgl. jetzt Marcel
Bubert, Roger Bacon als Apologet der profanen Wissenschaft. Die necessitas der Artes libe-
rales für die Theologie, in: Peter GEMEiNHARDT/Tobias Georges (Hgg.), Theologie und
Bildung im Mittelalter (Archa Verbi, Subsidia 13), Münster 2015, S. 423-437.
11 Dieter Hägermann, Das Kloster als Innovationszentrum. Mühlenbetrieb, Salzproduktion
und Bergbau, in: Claudia DoBRiNSKi/Brunhilde GEDDERTH/Katrin Wipfler (Hgg.), Klos-
ter und Wirtschaftswelt im Mittelalter (MittelalterStudien des Instituts zur Interdisziplinä-
ren Erforschung des Mittelalters und seines Nachwirkens 15), München 2007, S. 13-24.
ren, Innovation neben Tradition, externe Vermittlung statt interner Konservie-
rung also - daher steht das Interview unter dem Titel „Innovationen im Mittel-
alter. Impulse aus dem Kloster“. Kloster und Innovation - erneut ein (nur
scheinbarer) Widerspruch?
Bleibt der experimentierende Mönch ein Mythos, wie der vermeintliche Fran-
ziskaner Berthold Schwarz/Bertholdus Niger, der im 14. Jahrhundert angeblich
das nach ihm benannte Schwarzpulver erfunden haben soll?9 Steht hingegen ein
Gelehrter wie der doctor mirabilis des 13. Jahrhunderts, Roger Bacon, Franziska-
ner, Universitätslehrer in Oxford und Paris, Autor richtungsweisender Schriften
zur Optik, Mathematik, Alchemie und Astronomie, erklärter Aristoteliker und
programmatischer Empiriker, nur für sich oder repräsentiert er einen Typus des
monastischen Gelehrten?10
Drei Leitfragen stellen sich hier: Sind Tradition und Innovation als gegensätzlich
oder komplementär zu verstehen? Sind Innovation und „Impulse“ aus dem Kloster
als nach außen gerichtete oder als auf Herausforderungen von außen reagierende
Wirkungen anzunehmen? Sind die Akteure solcher Innovation - sozusagen die Be-
treiber des Labors - bestimmte monastische Orden oder einzelne Klöster, Gruppen
von Mönchen oder Einzelpersonen aus dem klösterlichen Milieu?
2. Monastik und Scholastik im Labor
Bislang wurde das Thema „das Kloster als Innovationszentrum“ vorwiegend
im Kontext der Wirtschafts- und Technikgeschichte untersucht, so in einem un-
ter diesem Titel 2007 posthum publizierten Beitrag von Dieter Hägermann,
dessen Untertitel seinen Gegenstand konkretisiert: „Mühlenbetrieb, Salzpro-
duktion und Bergbau“.11 Zunächst für den Eigenbedarf entwickelt, waren tech-
nische Neuerungen besonders dazu geeignet, über das Kloster hinaus impuls-
gebend und innovativ zu wirken, in Reaktion auf entsprechende Bedarfe oder
durch das Anregungspotential ihrer Praxis.
9 Vgl. Gerhard W. Cramer, Berthold Schwarz. Chemie und Waffentechnik im 15. Jahrhun-
dert, München 1995.
10 Vgl. Brian Clegg, The first scientist. A Life of Roger Bacon, London 2003; vgl. jetzt Marcel
Bubert, Roger Bacon als Apologet der profanen Wissenschaft. Die necessitas der Artes libe-
rales für die Theologie, in: Peter GEMEiNHARDT/Tobias Georges (Hgg.), Theologie und
Bildung im Mittelalter (Archa Verbi, Subsidia 13), Münster 2015, S. 423-437.
11 Dieter Hägermann, Das Kloster als Innovationszentrum. Mühlenbetrieb, Salzproduktion
und Bergbau, in: Claudia DoBRiNSKi/Brunhilde GEDDERTH/Katrin Wipfler (Hgg.), Klos-
ter und Wirtschaftswelt im Mittelalter (MittelalterStudien des Instituts zur Interdisziplinä-
ren Erforschung des Mittelalters und seines Nachwirkens 15), München 2007, S. 13-24.