188 I Annette Kehnel
sich vor allem durch seine Nicht-Organisiertheit aus und besitzt in erster Linie
die Qualität als immaterielles Element einer administrativen Einheit.
Man könnte einwenden, dass diese begriffsgeschichtlichen Feinheiten nur
wenig Einfluss auf die Realität hatten, in der sich schon bald ein Bettelordens-
konvent nur wenig unterschied von der klassischen monastischen commumtas.
Doch ist es wichtig zu verstehen, dass auch aus ordensorganisatorischer Per-
spektive ein Konvent gänzlich anders funktionierte, als etwa ein zisterziensi-
sches Kloster oder auch ein conventus der Regularkanoniker.
Der Bettelordenskonvent bot dem Bettelbruder niemals eine Heimat, er war
nie der Ort auf Erden, an dem der Religiöse unter Anleitung des Vaterabtes in
strenger Abgrenzung von der weltlichen Umgebung nach spiritueller Vervoll-
kommnung strebte, sondern bezeichnete in erster Linie die Zusammenkunft der
Brüder. So kann der Dominikanergeneral Jordanus von Sachsen den Begriff gar
in einer ortsunabhängigen Bedeutung verwenden, wenn er davon berichtet, dass
1221 auf dem Kapitel in Bologna ein conventus fratrum unter Leitung von Gil-
bert de Fraxineto nach England geschickt worden sei.20 21
Die Bestimmungen der Franzikaner zum Konvent sind hier sehr aufschluss-
reich: Auf dem Generalkapitel in Narbonne im Jahre 1260, wurde im Zusam-
menhang mit der Festlegung des procedere bei der Wahl eines Provinzministers,
ein Konvent rein funktional als ein Ort definiert, an dem mindestens 13 Brüder
oder mehr Zusammenleben konnten.
„Conventum autem dicimus, ubi XIII fratres et supra possint continue com-
• a 21
moran .
Man mag die Wurzeln dieser nüchternen Definition bereits in Celanos Grün-
dungsgeschichte des Franziskanerordens suchen, der u. a. davon berichtet, wie
die ersten Brüder sich gänzlich wahllos ihre Unterkünfte suchten und zur Not
gar in Backöfen hausten (1 Gel 39). Die Regula non bullata macht im Hinblick
auf die Niederlassungen der Brüder überhaupt keine Vorschriften, einzig das
Zusammenleben wird angesprochen, mit der Anweisung, dass kein Oberer oder
Prior genannt werden soll, dass es weder Schatzmeister noch Aufseher geben
dürfe und dass die Brüder in der Gemeinschaft entweder von ihrer Hände Arbeit
oder von Almosen leben sollten (RnB, cap. 6 und 7). Zum Tagesablauf im Kon-
vent findet sich nicht em einziger Hinweis. Dazu äußerst sich Franziskus erst in
20 Anne Müller, Bettelmönche in islamischer Fremde (Vita Regularis 15), Münster 2002,
S. 96, Anm. 333.
21 Statuta Generalia Ordinis edita in Capitulis Generalibus celebratis Narbonae an. 1260, Assi-
si an. 1279 atque Parisiis an. 1292, ed. Michael Bihl, in: Archivum Franciscanum Historicum
34, 1941, 13-94, 284-358, hier S. 295.
sich vor allem durch seine Nicht-Organisiertheit aus und besitzt in erster Linie
die Qualität als immaterielles Element einer administrativen Einheit.
Man könnte einwenden, dass diese begriffsgeschichtlichen Feinheiten nur
wenig Einfluss auf die Realität hatten, in der sich schon bald ein Bettelordens-
konvent nur wenig unterschied von der klassischen monastischen commumtas.
Doch ist es wichtig zu verstehen, dass auch aus ordensorganisatorischer Per-
spektive ein Konvent gänzlich anders funktionierte, als etwa ein zisterziensi-
sches Kloster oder auch ein conventus der Regularkanoniker.
Der Bettelordenskonvent bot dem Bettelbruder niemals eine Heimat, er war
nie der Ort auf Erden, an dem der Religiöse unter Anleitung des Vaterabtes in
strenger Abgrenzung von der weltlichen Umgebung nach spiritueller Vervoll-
kommnung strebte, sondern bezeichnete in erster Linie die Zusammenkunft der
Brüder. So kann der Dominikanergeneral Jordanus von Sachsen den Begriff gar
in einer ortsunabhängigen Bedeutung verwenden, wenn er davon berichtet, dass
1221 auf dem Kapitel in Bologna ein conventus fratrum unter Leitung von Gil-
bert de Fraxineto nach England geschickt worden sei.20 21
Die Bestimmungen der Franzikaner zum Konvent sind hier sehr aufschluss-
reich: Auf dem Generalkapitel in Narbonne im Jahre 1260, wurde im Zusam-
menhang mit der Festlegung des procedere bei der Wahl eines Provinzministers,
ein Konvent rein funktional als ein Ort definiert, an dem mindestens 13 Brüder
oder mehr Zusammenleben konnten.
„Conventum autem dicimus, ubi XIII fratres et supra possint continue com-
• a 21
moran .
Man mag die Wurzeln dieser nüchternen Definition bereits in Celanos Grün-
dungsgeschichte des Franziskanerordens suchen, der u. a. davon berichtet, wie
die ersten Brüder sich gänzlich wahllos ihre Unterkünfte suchten und zur Not
gar in Backöfen hausten (1 Gel 39). Die Regula non bullata macht im Hinblick
auf die Niederlassungen der Brüder überhaupt keine Vorschriften, einzig das
Zusammenleben wird angesprochen, mit der Anweisung, dass kein Oberer oder
Prior genannt werden soll, dass es weder Schatzmeister noch Aufseher geben
dürfe und dass die Brüder in der Gemeinschaft entweder von ihrer Hände Arbeit
oder von Almosen leben sollten (RnB, cap. 6 und 7). Zum Tagesablauf im Kon-
vent findet sich nicht em einziger Hinweis. Dazu äußerst sich Franziskus erst in
20 Anne Müller, Bettelmönche in islamischer Fremde (Vita Regularis 15), Münster 2002,
S. 96, Anm. 333.
21 Statuta Generalia Ordinis edita in Capitulis Generalibus celebratis Narbonae an. 1260, Assi-
si an. 1279 atque Parisiis an. 1292, ed. Michael Bihl, in: Archivum Franciscanum Historicum
34, 1941, 13-94, 284-358, hier S. 295.