240 I Jean-Claude Schmitt
lieh der Laien, zu einem „Orden“ gehören und „ihren eigenen Regeln und Institu-
tionen“ folgen (Kapitel XXXIV). So unterscheiden und verflechten sich:
- Ein erster Kreis für die Laien, Männer und Frauen; als conjugati sind sie für
die biologische Fortpflanzung des gesamten sozialen Körpers bestimmt; un-
ter ihnen tragen die bellatores die Waffen; die laborantes sind der Produktion
und dem Austausch materieller Güter zugeteilt.
- Der zweite Kreis umfasst die Mönche und Nonnen, die in getrennten, aber
miteinander verbundenen Einrichtungen leben (Mönche üben - nicht ohne
Zögern oder Widerstand - die cura moniahum aus); sie können sogar in Dop-
pelklöstern miteinander verbunden sein (in der Regel der Autorität des Abtes
unterworfen, ausnahmsweise der der Äbtissin, wie es in Fontevraud der Fall
war). Mönche und Nonnen sind dem ewigen Gebet verpflichtet, leben idea-
lerweise außerhalb der Welt, sind aber in der Praxis an sie gebunden und in
vielerlei Hinsicht von ihr abhängig.
- Der dritte Kreis vereint den Weltklerus, der sich den pastoralen Aufgaben
in der Welt widmet; auch er ist prinzipiell zu sexueller Zurückhaltung und
Zölibat angehalten. Zwei Bemerkungen sind aber angebracht: Einerseits gibt
es keinen weiblichen Weltklerus (mit Ausnahme der „weltlichen Kanoniss-
sen“, die von Jakob von Vitry im Kapitel XXXI der Historia occidentahs er-
wähnt werden, wobei er jedoch einräumt, dass es vorkommt, dass diese
Frauen adliger Herkunft in die Welt zurückkehren, um eine Familie zu grün-
den), während im Regularklerus die Nonnen häufig das Pendant zu Mönchen
sind. Andererseits gehören die Weltkleriker einer einzigen hierarchischen
Struktur an, die im Papst gipfelt, während religiöse Orden mannigfaltig und
sehr auf ihre Autonomie bedacht sind. Der Weltklerus ist einer, der Regular-
klerus ist vielfältig. Dieser große institutionelle Unterschied wurde von Gert
Melville gut hervorgehoben: „Während jedoch die Amtskirche nach Verein-
heitlichung strebte, gab es in der vita religiosa keine Kraft, die den weitge-
steckten Rahmen innerlich zusammenzubinden vermochte“.8
Dennoch überschneiden sich die drei Kreise, was auf Wechselwirkungen zwi-
schen den drei konstituierenden Teilen der Kirche hinweist. Drei Arten von
Faktoren bedingen ihre gegenseitige Abhängigkeit: demographische Faktoren
(die Rekrutierung von Mönchen und Klerikern), politische Faktoren (die Gren-
zen von Kirchen und Klöstern in Bezug auf weltliche oder kirchliche Mächte)
und wirtschaftliche Faktoren (die Integration der kirchlichen Einrichtungen in
Produktions- und Austauschnetze).
Strukturell hängt die Rekrutierung sowohl von Klerikern als auch von Mön-
chen und Nonnen ganz von der säkularen Gesellschaft ab. Für letztere nimmt
8 Gert Melville, Die Welt der mittelalterlichen Klöster (wie Anm. 1), S. 268.
lieh der Laien, zu einem „Orden“ gehören und „ihren eigenen Regeln und Institu-
tionen“ folgen (Kapitel XXXIV). So unterscheiden und verflechten sich:
- Ein erster Kreis für die Laien, Männer und Frauen; als conjugati sind sie für
die biologische Fortpflanzung des gesamten sozialen Körpers bestimmt; un-
ter ihnen tragen die bellatores die Waffen; die laborantes sind der Produktion
und dem Austausch materieller Güter zugeteilt.
- Der zweite Kreis umfasst die Mönche und Nonnen, die in getrennten, aber
miteinander verbundenen Einrichtungen leben (Mönche üben - nicht ohne
Zögern oder Widerstand - die cura moniahum aus); sie können sogar in Dop-
pelklöstern miteinander verbunden sein (in der Regel der Autorität des Abtes
unterworfen, ausnahmsweise der der Äbtissin, wie es in Fontevraud der Fall
war). Mönche und Nonnen sind dem ewigen Gebet verpflichtet, leben idea-
lerweise außerhalb der Welt, sind aber in der Praxis an sie gebunden und in
vielerlei Hinsicht von ihr abhängig.
- Der dritte Kreis vereint den Weltklerus, der sich den pastoralen Aufgaben
in der Welt widmet; auch er ist prinzipiell zu sexueller Zurückhaltung und
Zölibat angehalten. Zwei Bemerkungen sind aber angebracht: Einerseits gibt
es keinen weiblichen Weltklerus (mit Ausnahme der „weltlichen Kanoniss-
sen“, die von Jakob von Vitry im Kapitel XXXI der Historia occidentahs er-
wähnt werden, wobei er jedoch einräumt, dass es vorkommt, dass diese
Frauen adliger Herkunft in die Welt zurückkehren, um eine Familie zu grün-
den), während im Regularklerus die Nonnen häufig das Pendant zu Mönchen
sind. Andererseits gehören die Weltkleriker einer einzigen hierarchischen
Struktur an, die im Papst gipfelt, während religiöse Orden mannigfaltig und
sehr auf ihre Autonomie bedacht sind. Der Weltklerus ist einer, der Regular-
klerus ist vielfältig. Dieser große institutionelle Unterschied wurde von Gert
Melville gut hervorgehoben: „Während jedoch die Amtskirche nach Verein-
heitlichung strebte, gab es in der vita religiosa keine Kraft, die den weitge-
steckten Rahmen innerlich zusammenzubinden vermochte“.8
Dennoch überschneiden sich die drei Kreise, was auf Wechselwirkungen zwi-
schen den drei konstituierenden Teilen der Kirche hinweist. Drei Arten von
Faktoren bedingen ihre gegenseitige Abhängigkeit: demographische Faktoren
(die Rekrutierung von Mönchen und Klerikern), politische Faktoren (die Gren-
zen von Kirchen und Klöstern in Bezug auf weltliche oder kirchliche Mächte)
und wirtschaftliche Faktoren (die Integration der kirchlichen Einrichtungen in
Produktions- und Austauschnetze).
Strukturell hängt die Rekrutierung sowohl von Klerikern als auch von Mön-
chen und Nonnen ganz von der säkularen Gesellschaft ab. Für letztere nimmt
8 Gert Melville, Die Welt der mittelalterlichen Klöster (wie Anm. 1), S. 268.