Außerhalb oder innerhalb? I 243
wurde, nach dem IV. Lateranum (1215) die Gründung von neuen Orden zu
verbieten.
Wie wir im 12. Jahrhundert an der Entwicklung des Ordens der Prämonstraten-
ser und anderer Orden von Regularkanonikern und dann im 13. Jahrhundert an
den Bettelorden sehen, ist die apostolische Tätigkeit, die auf Predigt und Lehre
basiert, die Hauptform des Engagements der Religiösen in der Welt - hierdurch
sollten die Schwächen des Weltklerus ausgeglichen werden, der sich stärker auf
die Spende der Sakramente konzentrierte. Das nehmen die Prämonstratenser
Norbert von Xanten, Philipp von Harvengt und Anselm von Havelberg gegen-
über den Benediktinermönchen - wie Rupert von Deutz als einem ihrer Haupt-
vertreter - als spezifisch für sich in Anspruch.12 Die Kanoniker seien ihrer Mei-
nung nach den Mönchen überlegen, weil sie sich nicht damit begnügen, einer
Regel zu folgen, wie die monachi es tun, sondern weil sie darüber hinaus wie die
elend auch predigen. Nicht nur predigen die Regularkanoniker den Laien, son-
dern sie dringen im folgenden Jahrhundert massiv in die Universität, was zu ei-
nem neuen Konflikt zwischen Weltgeistlichen und Säkularkanonikern wie Wil-
helm von Saint-Amour führte.
Da eines der Ziele der Predigt an die Laien darin bestand, die Orthodoxie und
moralische Orthopraxis bei den Laien und insbesondere der schnell wachsenden
städtischen Bevölkerung zu befördern, kann davon ausgegangen werden, dass
die Vermehrung der religiösen Orden zum Teil die Antwort der kirchlichen In-
stitution auf die Entwicklung von Häresien war, die auch diese Periode des
Hochmittelalters kennzeichnete. Die Approbation der Bettelorden durch den
Papst steht in direktem Zusammenhang mit der ketzerischen Gefahr, mit deren
Bekämpfung sie beauftragt wurden. Mehr noch: Die Diversifizierung der Or-
den schon seit den Zisterziensern ermöglichte es, die zentrifugalen Tendenzen,
die zur Ketzerei führten, zu kanalisieren: Der Kontrast zwischen Valdes, der in
die Ketzerei verbannt wurde, und Lranziskus von Assisi, dessen Regel von In-
nozenz III. gebilligt wurde, beleuchtet diesen Prozess der Substitution und
Rückgewinnung am besten.
Schließlich waren die materiellen Bedingungen für die Existenz von regulä-
ren Gemeinschaften ein wichtiges Thema in den Beziehungen zwischen Religi-
ösen und Gesellschaft. Die Handarbeit der Benediktiner gemäß dem Gebot des
Ora et labora der Regel hatte vor allem einen symbolischen und bußbezogenen
Wert. Die Klöster lebten nicht von der Arbeit der Mönche, sondern von ihrem
Landbesitz, von der Ausbeutung der Bauernarbeit und von den Renten. Die
12 John H. Van Engen, Rupert of Deutz, Berkeley/Los Angeles/London 1983, S. 323-334;
Jean-Claude Schmitt, Die Bekehrung Hermanns des Juden. Autobiographie, Geschichte
und Fiktion, Stuttgart 2006, S. 200-205 (erste französische Auflage, Paris 2003).
wurde, nach dem IV. Lateranum (1215) die Gründung von neuen Orden zu
verbieten.
Wie wir im 12. Jahrhundert an der Entwicklung des Ordens der Prämonstraten-
ser und anderer Orden von Regularkanonikern und dann im 13. Jahrhundert an
den Bettelorden sehen, ist die apostolische Tätigkeit, die auf Predigt und Lehre
basiert, die Hauptform des Engagements der Religiösen in der Welt - hierdurch
sollten die Schwächen des Weltklerus ausgeglichen werden, der sich stärker auf
die Spende der Sakramente konzentrierte. Das nehmen die Prämonstratenser
Norbert von Xanten, Philipp von Harvengt und Anselm von Havelberg gegen-
über den Benediktinermönchen - wie Rupert von Deutz als einem ihrer Haupt-
vertreter - als spezifisch für sich in Anspruch.12 Die Kanoniker seien ihrer Mei-
nung nach den Mönchen überlegen, weil sie sich nicht damit begnügen, einer
Regel zu folgen, wie die monachi es tun, sondern weil sie darüber hinaus wie die
elend auch predigen. Nicht nur predigen die Regularkanoniker den Laien, son-
dern sie dringen im folgenden Jahrhundert massiv in die Universität, was zu ei-
nem neuen Konflikt zwischen Weltgeistlichen und Säkularkanonikern wie Wil-
helm von Saint-Amour führte.
Da eines der Ziele der Predigt an die Laien darin bestand, die Orthodoxie und
moralische Orthopraxis bei den Laien und insbesondere der schnell wachsenden
städtischen Bevölkerung zu befördern, kann davon ausgegangen werden, dass
die Vermehrung der religiösen Orden zum Teil die Antwort der kirchlichen In-
stitution auf die Entwicklung von Häresien war, die auch diese Periode des
Hochmittelalters kennzeichnete. Die Approbation der Bettelorden durch den
Papst steht in direktem Zusammenhang mit der ketzerischen Gefahr, mit deren
Bekämpfung sie beauftragt wurden. Mehr noch: Die Diversifizierung der Or-
den schon seit den Zisterziensern ermöglichte es, die zentrifugalen Tendenzen,
die zur Ketzerei führten, zu kanalisieren: Der Kontrast zwischen Valdes, der in
die Ketzerei verbannt wurde, und Lranziskus von Assisi, dessen Regel von In-
nozenz III. gebilligt wurde, beleuchtet diesen Prozess der Substitution und
Rückgewinnung am besten.
Schließlich waren die materiellen Bedingungen für die Existenz von regulä-
ren Gemeinschaften ein wichtiges Thema in den Beziehungen zwischen Religi-
ösen und Gesellschaft. Die Handarbeit der Benediktiner gemäß dem Gebot des
Ora et labora der Regel hatte vor allem einen symbolischen und bußbezogenen
Wert. Die Klöster lebten nicht von der Arbeit der Mönche, sondern von ihrem
Landbesitz, von der Ausbeutung der Bauernarbeit und von den Renten. Die
12 John H. Van Engen, Rupert of Deutz, Berkeley/Los Angeles/London 1983, S. 323-334;
Jean-Claude Schmitt, Die Bekehrung Hermanns des Juden. Autobiographie, Geschichte
und Fiktion, Stuttgart 2006, S. 200-205 (erste französische Auflage, Paris 2003).