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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Editor]; Melville, Gert [Editor]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0267
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Albert der Große zwischen Natur, Macht und Wirkung I 263

tete er wissenschaftlich in seiner botanischen Schrift De vegetabilibus?7 Mit
diesem Werk, das den vorletzten, unmittelbar vor der zoologischen Schrift De
animalibus platzierten Teil seines Systems der Naturwissenschaften bildet,37 38 be-
gründete er die Botanik als naturwissenschaftliche Disziplin. Er bestimmte sie
als die Wissenschaft vom belebten Körper der Pflanzen und seinen Eigenschaf-
ten39 und behandelte im ersten, allgemeinen Teil (Bücher I-V) Fragen zum Le-
ben und Geschlecht der Pflanzen, zu ihrer Morphologie und ihren organisch-
funktionalen Entsprechungen bei den Sinnenwesen, zu den Ursachen der
Verschiedenheit der Pflanzen, zu ihren Früchten, Samen und Säften, zu Entste-
hung, Fruchtbarkeit, Farben und Geschmack sowie zu medizinischen Eigen-
schaften der pflanzlichen Drogen. Den zweiten, speziellen Teil der Botanik (Bü-
cher VI-VII) führte er als angewandte Wissenschaft durch, die mit der Erfassung
und Beschreibung einzelner pflanzlicher Gewächse, welche in Bäume und
Kräuter eingeteilt werden, beginnt und mit der Veredelung der Pflanzen, dem
Acker- und Gartenbau endet.40 In diesem Teil der Botanik sieht man, wie Albert
seine empirisch fundierten Forschungen betrieb und wie er die durch schrift-
liche Quellen und orale Tradition überlieferten Wissensbestände aufgrund von
eigenen Beobachtungen und Untersuchungen erweiterte. Ein nicht nur die Bo-
taniker und Wissenschaftshistoriker beeindruckendes, sondern auch Dichtung
und Kunst inspirierendes Beispiel hierfür ist Alberts detailreiche und aus-
drucksvolle Beschreibung der Rose.41
Alberts Frühwerk unterscheidet sich insofern von den späteren Schriften zur
Botanik und Zoologie als es nicht vom empirischen, sondern vom theologischen
und paränetischen Interesse für die Natur im weitesten Sinne geleitet wird.42 Im
37 Erwähnenswert ist u. a. Alberts Beschreibung der mittelalterlichen Technologie der Holz-
teergewinnung, ein seltenes und aufschlussreiches Zeugnis für die experimentelle Archäolo-
gie, vgl. Dieter ToDTENHAUPT/Andreas Kurzweil, Ausgrabungen von mittelalterlichen
Teeröfen in Berlin, in: Wojciech BRZEZiNSKi/Wojciech Piotrowski (Hgg.), Proceedings of
the First International Symposium on Wood Tar and Pitch, Warszawa 1997, S. 11-112; Hen-
ryk Anzulewicz, Albertus Magnus (ca. 1200-1280) über Holzteergewinnung, in:
Brzezinski/Piotrowski (Hgg.), Proceedings of the First International Symposium on
Wood Tar and Pitch, Warschau 1997, S. 221-230.
38 Albertus Magnus, Physica, 1.1.4 (wie Anm. 17), S. 6.34-7.64.
39 Ebd., S. 7.59-61: Quibus habitis sufficit addere scientiam de corpore animato vegetabili et
sensibili, cuius differentiae quoad vegetabilia traduntur in libris de vegetabilibus [....].
40 Vgl. Gilla Wöllmer, Albert the Great and His Botany, in: Irven M. Resnick (Hg.), A Com-
panion to Albert the Great (Brill’s Companions to the Christian Tradition 38), Leiden/Bos-
ton 2013, S. 221-267; Henryk Anzulewicz, Die Fünfbrüder von Gilla Wöllmer und Alber-
tus Magnus, in: Gilla Wöllmer, Fünfbrüder, Nürnberg 2006, S. 14-15.
41 Der lat. Wortlaut dieser Beschreibung und die dt. Übersetzung werden im Anhang unter
Nr. 1 abgedruckt.
42 Vgl. Henryk Anzulewicz, Albertus Magnus und die Tiere, in: Sabine Obermaier (Hg.),
Tiere und Fabelwesen im Mittelalter, Berlin 2009, S. 32-33, 41-43; Ders., O entendimento da
 
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