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Bannlösung (nam-erim-bür-ru-da)
9-11 In der Symptombeschreibung in W. Färber. BID 64 sind mehrere Krankheitszeichen namentlich genannt, die
auch in dem hier kommentierten Text aufgeführt sind: die "Hand des Banns", die "Hand des Gottes'', die "Hand
der Menschheit" (BID 64. Z. 2-3 und hier Z. lOf.) sowie hip libbi. ‘verlorenes Selbstvertrauen’ (BID 64. Z. 6 und
hier Z. 4). Auch die Gedächtnisschwäche (amät iqabbü imassi'. BID 64. Z. 6 und hier Z. 9) zählt dazu.
11 In den Zeilen 10-11 ist das Werden der Krankheit kurz umrissen, das aus dem Blickwinkel der altorientalischen
Heiler in insgesamt fünf Phasen beschrieben ist. Am Anfang stand der Zorn der persönlichen Götter des
Betroffenen, der zu dem göttlichen Beschluß führte, daß ein “Barm” über den Menschen verhängt wurde. Die
“Hand des Banns” genannte Kraft sorgte mit Unterstützung der Götter (“Hand des Gottes”) dafür, daß das Leiden
mittels eines von Menschen kommenden ‘Unheilsträgers’ stofflicher Natur (mehru, siehe dazu Z. 1 und den
zugehörigen Kommentar) an den betroffenen Menschen herangetragen wurde (“Hand der Menschheit”) und ihn
durch Schmutz. Abfall oder Kehricht (himmatii) mit der “Krankheit des Zusammengekehrten” ‘infizierte’ (siehe
dazu auch S. M. Maul, in: H. F. J. Horstmanshoff. M. Stol (Hrsg.). Magie and rationality. 85-86). welche in der
Vorstellung der altorientalischen Heiler das eigentliche Bann-Leiden zum Ausbruch brachte. Zu himmatii siehe
auch CAD H 191 sowie Abusch. Maqlü. 72. Tafel 3. 38a und 154. ritual tablet. 44’.
11-12 Aus allen altorientalischen Quellen, die uns Informationen über das Leiden liefern, welches auf einen göttlichen
Bann (mänütu) zurückgeführt wurde, geht hervor, daß als deren Urgrund eine Schuld betrachtet wurde, die
ungesühnt geblieben war. Ein wichtiges Kennzeichen des Leidens lag darin, daß diese Schuld keineswegs
ausschließlich bei dem Erkrankten selbst gesucht werden mußte. Sein Leiden konnte, so wie hier beschrieben,
auch auf Vergehen von engen und ferneren Familienmitgliedern der eigenen Generation oder auf eine Schuld
zurückgeführt werden, die auf den Eltern oder Großeltern (hierzu siehe auch Z. 38 sowie z. B. Text Nr. 4-10.
12 und 6’; Text Nr. 45. 3’-5’; Text Nr. 46-47. 22-24; Text Nr. 54. 6’-7’ und Text Nr. 63. 11 ’—12’; siehe ferner
z. B. auch W. R. Mayer. OrNS 73. 203. Z. 22-24) oder gar auf Freunden und Gefährten (siehe Text Nr. 4-10. 12)
lastete.
12 Im Tontafeloriginal steht deutlich D\J&-ta-ri-ma und nicht, so wie in F. Köchers Zeichnung in BAM 234. DU8
RI RI MA. Die “Verfinsterungen” (adirätu) bezeichnen hier wohl eher einen von starker Angst geprägten
Geisteszustand (siehe M. Stol in: T. Abusch. K. van der Toorn [Hrsg.]. Mesopotamian magic. 64-65) als die
allgemeine Verschlechterung des bestehenden Zustandes des Patienten.
13 Zu der Schreibung KID.KID.BI und den möglichen Lesungen dieses Rubrums siehe S. M. Maul. OrNS 78.
69-80.
Auch wenn in NU(.)NAM.RIM (statt dem bislang nicht bezeugten NU NAM.ERIM) ohne jede Frage die
Bezeichnung für ein “Abbild des Banns” zu sehen ist. bleibt die korrekte Lesung dieses Terminus unklar. Es ist
auffällig, daß. wenn von mehreren “Abbildern des Banns” die Rede ist. weder hier noch an anderer Stelle die
zunächst zu erwartende Schreibung NU.MES NAM.RIM (= *salmü mänüti) belegt ist. Sie wurde selbst dann
nicht verwendet, wenn - wie in Z. 21 des hier besprochenen Textes mit NUQNAM.RIM sü-nu-ti - auch der
grammatische Befund keinen Zweifel daran läßt, daß NUQNAM.RIM für eine pluralische Entität steht. Da
statt NUQNAM.RIM auch die Schreibung NUQNAM.RI bezeugt ist (siehe unten Z. 75 sowie Text Nr. 4-10.
11”) und beide Formen aus sumerischem nu nam-erim durch Verschleifung entstanden sein müssen, ist die
Wahrscheinlichkeit nicht gering, daß die Schreibung NU.NAM.RI(M) für ein aus dem Sumerischen entlehntes
Wort nunamrimakku o. ä. stehen konnte. Freilich wurde auch eine mit dem Pluralindikator MES versehene
Schreibung NU.NAM.RIM.MES - so wie in der hier kommentierten Zeile - selbst dann nicht verwendet, wenn
es um mehrere “Abbilder des Banns” ging. Unabhängig von diesen Überlegungen zeigt der Beleg Text Nr. 54.
24’ ([E]N at-tu-nu NU ma-mit mi[m-ma sumsu). daß die Wortverbindung salam mänüti gebräuchlich war. Da das
selbständige Personalpronomen attunu pluralisch ist. muß NU ma-nüti(\JS) dort (anstelle von NU.MES mänüti)
für einen Plural stehen. Nimmt man hingegen die singularische Form NU ma-nüti(\JS) ernst, kann diese allenfalls
damit erklärt werden, daß in Text Nr. 54. 24’ von einem einzigen, aus zwei Teilen bestehenden Bild die Rede ist.
Mit “Ihr. das Abbild des Banns” wären dann das männliche und das weibliche Bann-Figürchen angesprochen,
die zu einem einzigen “Abbild des Banns” zusammengefügt worden waren. Zu diesem Problem vgl. auch den
Kommentar zu den Zeilen 36-37.
Zu den an der Tongrube vollzogenen Riten, den “Abbildern des Banns” und der Bedeutung des für die Figürchen
verwendeten Tons siehe die Kommentare zu Text Nr. 1-2. 1 ’-5’.
Beschreibungen von Verfahren zur Schadenzauberabwehr mit analogen Handlungsanweisungen (siehe
z. B. T. Abusch. D. Schwemer. CMAwR 1. 156. Z. 1-8) zeigen, daß die hier auf die “Abbilder des Banns” zu
schreibenden und später auch zu nennenden “Namen” (siehe unten Z. 21) nicht etwa Personennamen waren,
sondern Phrasen, in denen Art und Wirken des Banns beschrieben wurden.
13-17 Parallelstellen, in denen ebenfalls die Ausstattung von Bann-Figürchen mit Gewändern. Schmuck. Reiseproviant
und weiteren Gaben beschrieben ist. sind im Kommentar zu Text Nr. 1-2. 4’-7’ aufgeführt.
14 Da die Textilbezeichnung waA/z/ft/ wohl zakullulu II. “verhüllen”, zu stellenist. dürfte maklulu einBekleidungsstück
bezeichnen, mit dem man wie mit einem Schleier, einem Überwurf oder aber einer Kapuze den Kopf verhüllte
(siehe W. Röllig. WdO 11. 114 und M. Stol. Fs. Biggs 2007. 237-238). Ein Beleg aus einem mittelassyrischen
Brief, in dem die Rede von “zwei wollenen ‘Kleidern der Steppe’ nebst ihren maklulus” ist (KAV 99 [siehe
W. Röllig. WdO 11. 112-114], Z. 15-16 : 2 TÜG.HI.A .va SIK sa s[e]-e-rz / a-di ma-ak-li-[l]i-su-nu), zeigt, daß
Bannlösung (nam-erim-bür-ru-da)
9-11 In der Symptombeschreibung in W. Färber. BID 64 sind mehrere Krankheitszeichen namentlich genannt, die
auch in dem hier kommentierten Text aufgeführt sind: die "Hand des Banns", die "Hand des Gottes'', die "Hand
der Menschheit" (BID 64. Z. 2-3 und hier Z. lOf.) sowie hip libbi. ‘verlorenes Selbstvertrauen’ (BID 64. Z. 6 und
hier Z. 4). Auch die Gedächtnisschwäche (amät iqabbü imassi'. BID 64. Z. 6 und hier Z. 9) zählt dazu.
11 In den Zeilen 10-11 ist das Werden der Krankheit kurz umrissen, das aus dem Blickwinkel der altorientalischen
Heiler in insgesamt fünf Phasen beschrieben ist. Am Anfang stand der Zorn der persönlichen Götter des
Betroffenen, der zu dem göttlichen Beschluß führte, daß ein “Barm” über den Menschen verhängt wurde. Die
“Hand des Banns” genannte Kraft sorgte mit Unterstützung der Götter (“Hand des Gottes”) dafür, daß das Leiden
mittels eines von Menschen kommenden ‘Unheilsträgers’ stofflicher Natur (mehru, siehe dazu Z. 1 und den
zugehörigen Kommentar) an den betroffenen Menschen herangetragen wurde (“Hand der Menschheit”) und ihn
durch Schmutz. Abfall oder Kehricht (himmatii) mit der “Krankheit des Zusammengekehrten” ‘infizierte’ (siehe
dazu auch S. M. Maul, in: H. F. J. Horstmanshoff. M. Stol (Hrsg.). Magie and rationality. 85-86). welche in der
Vorstellung der altorientalischen Heiler das eigentliche Bann-Leiden zum Ausbruch brachte. Zu himmatii siehe
auch CAD H 191 sowie Abusch. Maqlü. 72. Tafel 3. 38a und 154. ritual tablet. 44’.
11-12 Aus allen altorientalischen Quellen, die uns Informationen über das Leiden liefern, welches auf einen göttlichen
Bann (mänütu) zurückgeführt wurde, geht hervor, daß als deren Urgrund eine Schuld betrachtet wurde, die
ungesühnt geblieben war. Ein wichtiges Kennzeichen des Leidens lag darin, daß diese Schuld keineswegs
ausschließlich bei dem Erkrankten selbst gesucht werden mußte. Sein Leiden konnte, so wie hier beschrieben,
auch auf Vergehen von engen und ferneren Familienmitgliedern der eigenen Generation oder auf eine Schuld
zurückgeführt werden, die auf den Eltern oder Großeltern (hierzu siehe auch Z. 38 sowie z. B. Text Nr. 4-10.
12 und 6’; Text Nr. 45. 3’-5’; Text Nr. 46-47. 22-24; Text Nr. 54. 6’-7’ und Text Nr. 63. 11 ’—12’; siehe ferner
z. B. auch W. R. Mayer. OrNS 73. 203. Z. 22-24) oder gar auf Freunden und Gefährten (siehe Text Nr. 4-10. 12)
lastete.
12 Im Tontafeloriginal steht deutlich D\J&-ta-ri-ma und nicht, so wie in F. Köchers Zeichnung in BAM 234. DU8
RI RI MA. Die “Verfinsterungen” (adirätu) bezeichnen hier wohl eher einen von starker Angst geprägten
Geisteszustand (siehe M. Stol in: T. Abusch. K. van der Toorn [Hrsg.]. Mesopotamian magic. 64-65) als die
allgemeine Verschlechterung des bestehenden Zustandes des Patienten.
13 Zu der Schreibung KID.KID.BI und den möglichen Lesungen dieses Rubrums siehe S. M. Maul. OrNS 78.
69-80.
Auch wenn in NU(.)NAM.RIM (statt dem bislang nicht bezeugten NU NAM.ERIM) ohne jede Frage die
Bezeichnung für ein “Abbild des Banns” zu sehen ist. bleibt die korrekte Lesung dieses Terminus unklar. Es ist
auffällig, daß. wenn von mehreren “Abbildern des Banns” die Rede ist. weder hier noch an anderer Stelle die
zunächst zu erwartende Schreibung NU.MES NAM.RIM (= *salmü mänüti) belegt ist. Sie wurde selbst dann
nicht verwendet, wenn - wie in Z. 21 des hier besprochenen Textes mit NUQNAM.RIM sü-nu-ti - auch der
grammatische Befund keinen Zweifel daran läßt, daß NUQNAM.RIM für eine pluralische Entität steht. Da
statt NUQNAM.RIM auch die Schreibung NUQNAM.RI bezeugt ist (siehe unten Z. 75 sowie Text Nr. 4-10.
11”) und beide Formen aus sumerischem nu nam-erim durch Verschleifung entstanden sein müssen, ist die
Wahrscheinlichkeit nicht gering, daß die Schreibung NU.NAM.RI(M) für ein aus dem Sumerischen entlehntes
Wort nunamrimakku o. ä. stehen konnte. Freilich wurde auch eine mit dem Pluralindikator MES versehene
Schreibung NU.NAM.RIM.MES - so wie in der hier kommentierten Zeile - selbst dann nicht verwendet, wenn
es um mehrere “Abbilder des Banns” ging. Unabhängig von diesen Überlegungen zeigt der Beleg Text Nr. 54.
24’ ([E]N at-tu-nu NU ma-mit mi[m-ma sumsu). daß die Wortverbindung salam mänüti gebräuchlich war. Da das
selbständige Personalpronomen attunu pluralisch ist. muß NU ma-nüti(\JS) dort (anstelle von NU.MES mänüti)
für einen Plural stehen. Nimmt man hingegen die singularische Form NU ma-nüti(\JS) ernst, kann diese allenfalls
damit erklärt werden, daß in Text Nr. 54. 24’ von einem einzigen, aus zwei Teilen bestehenden Bild die Rede ist.
Mit “Ihr. das Abbild des Banns” wären dann das männliche und das weibliche Bann-Figürchen angesprochen,
die zu einem einzigen “Abbild des Banns” zusammengefügt worden waren. Zu diesem Problem vgl. auch den
Kommentar zu den Zeilen 36-37.
Zu den an der Tongrube vollzogenen Riten, den “Abbildern des Banns” und der Bedeutung des für die Figürchen
verwendeten Tons siehe die Kommentare zu Text Nr. 1-2. 1 ’-5’.
Beschreibungen von Verfahren zur Schadenzauberabwehr mit analogen Handlungsanweisungen (siehe
z. B. T. Abusch. D. Schwemer. CMAwR 1. 156. Z. 1-8) zeigen, daß die hier auf die “Abbilder des Banns” zu
schreibenden und später auch zu nennenden “Namen” (siehe unten Z. 21) nicht etwa Personennamen waren,
sondern Phrasen, in denen Art und Wirken des Banns beschrieben wurden.
13-17 Parallelstellen, in denen ebenfalls die Ausstattung von Bann-Figürchen mit Gewändern. Schmuck. Reiseproviant
und weiteren Gaben beschrieben ist. sind im Kommentar zu Text Nr. 1-2. 4’-7’ aufgeführt.
14 Da die Textilbezeichnung waA/z/ft/ wohl zakullulu II. “verhüllen”, zu stellenist. dürfte maklulu einBekleidungsstück
bezeichnen, mit dem man wie mit einem Schleier, einem Überwurf oder aber einer Kapuze den Kopf verhüllte
(siehe W. Röllig. WdO 11. 114 und M. Stol. Fs. Biggs 2007. 237-238). Ein Beleg aus einem mittelassyrischen
Brief, in dem die Rede von “zwei wollenen ‘Kleidern der Steppe’ nebst ihren maklulus” ist (KAV 99 [siehe
W. Röllig. WdO 11. 112-114], Z. 15-16 : 2 TÜG.HI.A .va SIK sa s[e]-e-rz / a-di ma-ak-li-[l]i-su-nu), zeigt, daß