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Maul, Stefan M.; Maul, Stefan M. [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 10, Teilband 1): Einleitung, Katalog und Textbearbeitungen — Wiesbaden: Harrassowitz Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.57036#0060
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Katalog

Ein ‘Leitfaden’ zur Durchführung
der nam-erim-bür-ru-da genannten
Heilbehandlung (Texte Nr. 1-2)
1 ‘Leitfaden’ zur Durchführung der
nam-erim-bür-ru-da genannten Heilbehandlung,
Textvertreter A
VAT 13760 Fundnummer: -
179 mm x 88 mm x m28 mm Fundstelle in Assur: -
zu N 4 sog. Haus des Beschwörungspriesters
Kopie und Photos: S. 389-395
Braune, beidseitig erhaltene einkolumnige Tontafel, die -
obgleich alle vier Seitenränder abgebrochen sind - in ihren
Ausmaßen weitgehend erhalten blieb. Auf der Vs. sind 25. auf
der Rs. 29 Zeilen in spätneuassyrischem Schriftduktus erhalten.
Mit einem auf der Rs. erhaltenen sog. Brennloch, das sich auf
der Trennlinie zwischen den Zeilen Rs. 7’ und 8’ befindet, wurde
der gesamte Tafelkörper durchbohrt. In Text Nr. 68 (VAT 14113)
ist vielleicht die rechte untere Ecke der Tafel erhalten.
Die in die Mitte des 7. Jh. v. Chr. zu datierende Tafel
VAT 13760 enthält einen weitgehend vollständigen ‘Leitfaden’
zur Durchführung der nam-erim-bür-ru-da genannten
Heilbehandlung. Das Ziel dieser Behandlung bestand darin,
den von den Göttern über einen Menschen verhängten “Bann”
(nam-erim = mämitu) unschädlich zu machen, und das
göttliche Urteil, einen Menschen unter einen Bann zu stellen,
zu revidieren. In den Augen der altorientalischen Heiler war
dies die notwendige Voraussetzung dafür, daß die Therapie
der durch den Bann verursachten physischen Gebrechen
mittels Klistieren. Kräuterumschlägen, medizinischen Bädern.
Salben und Tränken die gewünschte nachhaltige Wirkung
entfalten konnte. In dem ‘Leitfaden’ sind alle Phasen des
Bannlösungsverfahrens kurz beschrieben. Die im Verlauf
der Behandlung zu sprechenden Gebete und Beschwörungen
wurden dabei nur mit ihren Anfangsworten genannt. Anders als
in den ‘Therapiebeschreibungen’ (Texte Nr. 3-15) sind sie in
dem ‘Leitfaden’ an keiner Stelle ausformuliert. Um der besseren
Übersichtlichkeit willen setzte der Schreiber die den einzelnen
Phasen der Behandlung entsprechenden Abschnitte jeweils
durch horizontale Striche voneinander ab.
Die Tafel VAT 13760 wurde, wie dem Kolophon zu entnehmen
ist. zur Vorbereitung der Durchführung der nam-erim-bür-
ru-da genannten Heilbehandlung von Kisir-Assur. dem Sohn
des Nabü-bessun(u). geschrieben. VAT 13760 kann daher trotz

fehlender Fundnummer dem Tafelbestand zugeordnet werden,
der in dem sog. Haus des Beschwörungspriesters gefunden
wurde (N 4). Ein Teil des ‘Leitfadens’ war bereits durch einen
anderen Textvertreter bekannt, der ebenfalls aus dem sog. Haus
des Beschwörungspriesters stammt (VAT 13685 = Text Nr. 2).
2 ‘Leitfaden’ zur Durchführung der
nam-erim-bür-ru-da genannten Heilbehandlung,
Textvertreter B
VAT 13685 Ass 17721 ab*
112 mm x 89 mm x m29 mm hD8I. Suchgraben.
N 4: 501 sog. Haus des Beschwörungspriesters
Kopie: S. 396-397
Ältere Kopie: LKA 150
Hellbraunes, beidseitig erhaltenes Bruchstück vom rechten
Seitenrand einer einkolumnigen Tontafel. Auf der Vs. blieben
23. auf der Rs. Reste von 8 Zeilen in spätneuassyrischem
Schriftduktus erhalten, der in die zweite Hälfte des 7. Jh. v. Chr.
zu datieren ist.
In VAT 13685 blieben einige Passagen aus einem ‘Leitfaden’
zur Durchführung der nam-erim-bür-ru-da genannten
Heilbehandlung erhalten. Aus dem Tafelbestand, der im sog.
Haus des Beschwörungspriesters gefunden wurde, ist ein
weitgehend vollständiger Textvertreter dieses ‘Leitfadens’
bekannt (VAT 13760 = Text Nr. 1).
VAT 13685 und das Duplikat (Text Nr. 1) weichen in Einzelheiten
voneinander ab. Der wesentliche Unterschied zwischen den
beiden Fassungen liegt darin, daß VAT 13685 die Herstellung
von zwei "Abbildern des Banns” vorsieht, die als Hochzeitspaar
gestaltet wurden und für den Bann (die weibliche Figur) und
den von dem Bann betroffenen Menschen (die männliche Figur)
standen, während gemäß dem besser erhaltenen ‘Leitfaden’
(Text Nr. 1) nur ein einziges Figürchen, nämlich das weibliche,
benötigt wurde. Im ersten Fall (Text Nr. 2) schuf man mit dem
männlichen Figürchen ein Ebenbild des zu heilenden Patienten.
Dieses mußte die dem Patienten anhaftenden Übel in Gänze in
sich aufnehmen, bevor die Identität des Erkrankten von der des
Figürchens gewissermaßen ‘abgespalten’ wurde. Erst dann wurde
das Figürchen des Patienten in die Macht des Banns gegeben,
indem es rituell mit dem weiblichen Bann-Figürchen verheiratet
und anschließend gemeinsam mit diesem zu Tode gebracht
und bestattet wurde. Auf diese Weise wurde das ursprüngliche
göttliche Urteil, den betroffenen Menschen mit einem Bann
zu strafen, angenommen und umgesetzt, obgleich der mit dem
 
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