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Jaspers, Karl; Kaegi, Dominik [Editor]; Fuchs, Thomas [Editor]; Halfwassen, Jens [Editor]; Schulz, Reinhard [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Editor]; Schwabe AG [Editor]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 8): Schriften zur Existenzphilosophie — Basel: Schwabe Verlag, 2018

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69895#0030
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Einleitung des Herausgebers

XXIX

nur verschwindenden Seins Transzendenz als Grund des Selbstseins zur Erscheinung
kommt. Damit erst erhält die Mundanisierung der Subjekt-Objekt-Beziehung ihre Pointe:
Wir überschreiten zwar die Subjekt-Objekt-Beziehung immer schon, indem wir, auf Ge-
genstände gerichtet, in einer Welt leben. Existierend überschreiten wir aber zugleich die
Welt in Richtung auf ein Unbedingtes oder Absolutes, das sich in der Freiheit zur Geltung
bringt. Und mit dem Überschreiten der Welt schließt Jaspers nun jenes Transzendieren
kurz, das »in wunderbarer Erhellung Kant getan hat«. »Man hatte zuvor, was jenseits
der Weltdinge liegt, als die Transzendenz gefaßt und in der Metaphysik zu erdenken
versucht. Substanz, Monade, Gott waren grundsätzlich definierbar. Kant verlegte die
Richtung des Transzendierens. Weder ein Ding an sich der Weltdinge, noch eine un-
sterbliche Seele war sein Gegenstand - er erkannte die Unmöglichkeit, sie als Gegen-
stände zu erkennen -, es war weder ein Objekt noch ein Subjekt, das transzendierend
ihm zum Gegenstand wurde, sondern er hatte überhaupt keinen Gegenstand. Er voll-
zog, was er die transzendentale Methode nannte, und unterschied sie von einem Tran-
szendieren zu einem jenseitigen Dingsein, hielt aber in ihr das Transzendieren als sol-
ches fest, durch das alles Dasein Erscheinung wurde.«"6 In der Form, die Jaspers der
transzendentalen Methode hier gibt, wirkt Kants Erhellung zunächst allerdings wie
eine Überblendung: Die Unmöglichkeit, gegenständlich zu erkennen, was jenseits der
Weltdinge liegt, wird positiviert (daher die symptomatische Rede vom »Festhalten« des
Transzendierens) im Sinne eines Überschreitens aller Gegenständlichkeit und führt zur
Phänomenalisierung des Daseins. Das Transzendieren durchzieht dann die mit der klas-
sischen Trias von Welt, Seele und Gott vermeintlich definierten Gegenstandsbereiche,
um in ihnen gerade Form und Funktion des Ungegenständlichen für den Prozess des
Selbstwerdens aufzuzeigen: eines Ungegenständlichen, das sich in der philosophischen
Weltorientierung als »die unbestimmte Möglichkeit der Freiheit«"7 manifestiert, in der
Existenzerhellung als »Offenbarung wesentlichen Seins im Zusichselbstkommen«,118 in
der Metaphysik schließlich als das Absolute, das »schlechthin nie Gegenstand werden
kann« und »nie als es selbst bewußtseinsgegenwärtig wird«."9 Aber was heißt es, in sol-
chen Erscheinungswelten zu leben?

116 Ebd., 40-41.

117 Ebd., 45.

118 Ebd., 48.

119 Ebd., 50-51.
 
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